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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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den Dämon herauf beschworen hatte, kauerte Barrathos wie ein Häuflein Elend. Er schluchzte, und die großen Tränen vermischten sich mit dem Schweiß, der ihm unvermindert über Stirn und Wangen lief.

    Auch Calvyn hatte sich nicht bewegt. Die magische Sperre, die er errichtet hatte, knisterte noch. Vallaine war fasziniert von dieser Energie, der junge Mann jedoch starrte völlig unbewegt ins Leere.
    Der Hohe Lord Vallaine stellte sich vor Calvyn. Nur das flimmernde Kraftfeld trennte die beiden. Zunächst schien Calvyn ihn überhaupt nicht zu bemerken. Dann richtete er den Blick auf die Gestalt im dunklen Umhang.
    »Wer bin ich?«, fragte Calvyn langsam. »Was tue ich hier?«
    Unter der großen Kapuze verzog sich Vallaines Mund zu einem Lächeln.
    »Du bist Lord Shanier, Lord des Inneren Auges. Ruhe dich jetzt aus, du hattest einen anstrengenden Tag.«

9
    Ein eisiger Windstoß fuhr Jenna durch die Kleider. Die zweiwöchige Wanderung hatte an ihren Kräften gezehrt. Beim Bücken und bei bestimmten Bewegungen zuckte ihr noch immer ein stechender Schmerz durch die Rippen. So war es jedes Mal eine Qual, auf das Pferd zu kommen, das ihr »zugelaufen« war. Die Blutergüsse und Schwellungen, die sie sich im Gesicht, an den Händen und verschiedenen anderen Körperteilen zugezogen hatte, waren mittlerweile verheilt. Doch größere Sorgen als die angeknacksten Rippen machte ihr das Wetter im Vortaff-Gebirge.
    Die Kälte war ein hinterhältiger Mörder. Zum Teil
wusste sich noch aus ihrer Rekrutenausbildung um die Gefahren von Unterkühlung und Erfrierungen. Den Rest hatte sie in einem Gespräch in der Schänke erfahren, in der sie vor dem Aufstieg zum Klingenpass übernachtet hatte.
    Was man ihr dort erzählt hatte, war alles andere als ermutigend gewesen.
    Ein Mann namens Reeve setzte sich zu ihr an den Tisch, als sie nach einem Teller Eintopf, den der Wirt ihr empfohlen hatte, satt und zufrieden am Tisch saß. Die warme Mahlzeit und der Becher Met, den Jenna getrunken hatte, wirkten so entspannend, dass ihr vor Müdigkeit schon der Kopf auf die Brust sackte. Die Flammen des Kaminfeuers leckten an den großen Eichenscheiten und sangen knisternd ein sanftes Schlaflied, und auch das leise Gemurmel der anderen Gäste in der großen Schankstube wirkte einschläfernd auf Jenna.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«, fragte der Fremde forsch. Jenna schreckte auf, denn sie hatte ihn nicht kommen hören.
    »Klar«, erwiderte Jenna argwöhnisch und musterte den schlanken Fremden mit dem verwitterten Gesicht.
    »Danke«, sagte er und drehte sich einen Stuhl um, sodass er die Arme auf der Lehne verschränken konnte. »Reeve heiße ich.«
    »Jenna«, erwiderte sie und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Vielleicht hätte sie besser einen falschen Namen genannt?
    »Du willst in die Berge?«, fragte Reeve und starrte an Jenna vorbei ins Kaminfeuer.
    »Und wenn?«
    »Ich dachte nur, du brauchst vielleicht einen Führer. Für diesen Teil der Vortaff-Berge bin ich der Beste, da kannst du jeden fragen.«

    »Ich brauche keinen Führer, danke. Ich weiß schon, wo ich hin muss. Außerdem könnte ich mir auch gar keinen Führer leisten. Ich fürchte, du verschwendest bei mir deine Zeit.«
    Der Mann musterte sie und zuckte die Schultern.
    »Na ja, fragen kostet ja nichts. Wenn der Winter kommt, will kaum noch jemand in die Berge. Wer sich zu dieser Jahreszeit ins Vortaff-Gebirge wagt, ist entweder dumm oder nicht kleinzukriegen.«
    Reeve hielt kurz inne.
    »Ich frage mich, zu welcher Sorte du gehörst?«, fügte er leise hinzu.
    »Wie bitte?«
    »Oh, es tut mir leid. Das war nicht so gemeint. Es ist mir nur so herausgerutscht.«
    »Ist schon gut«, log Jenna. Der überhebliche Bergführer hatte es sich bei ihr bereits gründlich verscherzt.
    »Viele, die ich durch die Berge führe, kennen nicht einmal die grundlegenden Gefahren. Natürlich haben sie schon von Lawinen und Steinschlag gehört, aber meistens haben sie keine Ahnung, wie sie sich davor schützen können. Und die wenigsten kennen die heimtückischeren Gefahren, die in der Kälte lauern wie Unterkühlung, Erfrierungen, Fußbrand und Schneeblindheit.«
    Jenna erinnerte sich vage daran, was sie in der Rekrutenausbildung gelernt hatte. Von Schneeblindheit war damals jedoch keine Rede gewesen. Jenna entlockte dem Bergführer einige seiner Geheimnisse, indem sie seiner Eitelkeit schmeichelte und ihm ein paar Becher Met ausgab.
    Als sie alles Wissenswerte aus Reeve herausgeholt

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