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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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der Gefreiten nicht gewagt, den Baron direkt anzusehen. Baron Keevan war kleiner, als Calvyn ihn in Erinnerung hatte, und sein braunes, mit grauen Strähnen durchsetztes Haar war heute zum Kriegerzopf zurückgebunden. Auf der silbernen Schließe seines Umhangs prangten die Krone und die gekreuzten Schwerter, die den Träger als Baron auswiesen. Zwar trug
er die gleichen Farben wie seine Soldaten, doch war seine Uniform aus erheblich teurerem Tuch gefertigt.
    Seine volltönende Baritonstimme strahlte Wärme und Freundlichkeit aus, gebot aber auch Achtung.
    »Regt euch, Gefreite. Ich nehme an, ihr habt mir einiges zu erzählen. Leider ist die Zeit knapp, also fasst euch bitte kurz. Sagt mir zuerst, wo Demarr ist und wo ihr die Pferde herhabt. Wenn ich mich nicht irre, tragen die Sättel das Wappen des Königshauses.«
    Calvyn berichtete rasch, wie es dazu gekommen war, dass der Hauptmann der Königlichen Garde ihnen die Pferde geliehen hatte, und leitete dann die Bitte des Königs weiter, der Baron möge am nächsten Vormittag bei Hofe erscheinen. Es war ihm zwar peinlich, aber er fügte hinzu, dass der König auch Calvyns Anwesenheit wünschte, um Auskunft über den shandesischen Magier Selkor zu erhalten. Immerhin besaß Selkor nun den magischen Talisman, mit dessen Hilfe Demarr das riesige Terachitenheer aufgestellt hatte.
    »Ich würde gern mehr darüber erfahren«, sagte der Baron nachdenklich, »aber ich kann mir ja morgen alles anhören. Im Augenblick muss ich mich sowieso um andere Dinge kümmern. Gut gemacht, Gefreite. Kommt morgen früh zur neunten Stunde zu mir. Der Hofstaat des Königs kommt für gewöhnlich zur zehnten Stunde zusammen. Gefreite Jenna, du bist zwar nicht ausdrücklich eingeladen worden, aber ich möchte, dass du Hauptmann Strexis, Calvyn und mich begleitest und die Pferde in den Palaststall zurückbringst. Besorgt euch für den Rückweg Ersatzpferde und reinigt eure Uniformen.«
    »Ja, Mylord«, erwiderte Calvyn respektvoll. »Würdet Ihr uns wohl den Weg zu unserer Einheit zeigen, Sir?«, bat er Hauptmann Tegrani. »Nach Erfüllung unserer Aufgaben müssen wir uns bei Korp … äh, Sergeantin Derra melden.«

    Hauptmann Tegrani warf dem Baron einen fragenden Blick zu, den dieser mit einem Nicken erwiderte. So entließ er die beiden mit der Anweisung, sich ihrem Trupp in der thrandorischen Gefechtslinie anzuschließen.
    Sergeantin Derra hob beim Anblick der herrlichen schwarzen Rösser die eckigen Augenbrauen, verkniff sich aber jeden Kommentar. Stattdessen wies sie Jenna und Calvyn ihre Position in der Verteidigungslinie zu und befahl ihnen während des feindlichen Abzugs völliges Schweigen. Calvyn fand diese Ermahnung überflüssig, begriff dann aber, dass sie den anderen Soldaten ebenso galt wie ihm. Seinen Landsleuten brannten bestimmt mindestens so viele Fragen unter den Nägeln wie ihm. Doch wie er schon in der Ausbildung gelernt hatte, war die Ordnung im Glied erste Pflicht. Wer mit anderen tratschte, war nicht bei der Sache und bot ein einfaches Ziel. Reden sollte nur, wer Befehle erteilte. Auf diese Art gab es auch keine Missverständnisse.
    Das Redeverbot hielt Calvyn nicht davon ab, in der Gefechtslinie verstohlen nach Kameraden aus seinem alten Trupp zu suchen, die die grausame Schlacht vom Vormittag überlebt hatten. Tondi war in der Nähe und grinste ihm zu, als sich ihre Blicke trafen. In der Ferne meinte er auch Bek zu erkennen, doch Tyrrak und die anderen konnte er nirgends ausmachen. Bald dämmerte es und Calvyn richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Rückzug des Feindes.
    Am Abend ließen die Hauptleute die Soldaten an Ort und Stelle in einer Linie das Nachtlager aufschlagen und stellten Nachtwachen ab. Calvyn und Jenna unterhielten sich mit Bek und erzählten ihm, dass Matim im Kampf auf dem Hügel gefallen war. Bek wiederum hatte Nachricht von Tyrrak, der verwundet worden war und mehrere Wochen, wenn nicht Monate ausfallen würde. Die Ärzte wussten
noch nicht, ob Tyrraks Bein wieder völlig heilen würde, schlossen eine Amputation aber aus.
    Bek hatte mehrere kleine Schnittwunden und blaue Flecken, die aber angesichts dessen, dass er im dichtesten Schlachtengetümmel gekämpft hatte, erstaunlich harmlos waren. Mehr als einmal war es Beks schneller Auffassungsgabe, seinem meisterhaften Umgang mit dem Schwert und einer geradezu selbstmörderischen Missachtung der eigenen Sicherheit zu verdanken gewesen, dass der Feind nicht durch die thrandorischen Linien

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