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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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gebrochen war.
    Während er dem Bericht seines Freundes lauschte, fiel Calvyn eine Veränderung in Bek auf. Er war selbstbewusster geworden, ohne arrogant zu wirken, und auch seine Körperhaltung hatte sich fast unmerklich gestrafft. Und er bemerkte noch etwas. Er wusste nicht genau, woran es lag, doch sein Freund wirkte innerlich gereift.
    Sowohl Bek als auch Calvyn genossen nun die Hochachtung der anderen Soldaten. Sogar die Veteranen bezeugten den beiden eine Wertschätzung, die Calvyn fast peinlich war. Dank ihrer neu erworbenen Stellung konnten sich Calvyn, Jenna und Bek aber auch zurückziehen und in aller Stille um Matim trauern. Den Fragen zu seinem Zweikampf mit Demarr ging Calvyn mit dem Hinweis auf den König und die Audienz am nächsten Morgen aus dem Weg. Damit erntete er ehrfürchtiges Schweigen.
    »Demarr hat so viel Schuld auf sich geladen«, sagte Bek, während die drei zusammenkauert vor einem Wachfeuer saßen, »da bleibt dem König gar nichts anderes übrig, als ihn hinrichten zu lassen.«
    Jenna murmelte zustimmend, doch Calvyn saß nur schweigend da und dachte an die Toten. Matim war ihm in der Ausbildung ein guter Freund gewesen, treu und hilfsbereit. Sergeant Brett, der in den sechs harten Ausbildungsmonaten
für ihn zuständig gewesen war, war zwar ein strenger Zuchtmeister, im Umgang mit den Rekruten aber immer fair gewesen. Calvyn dachte auch an seine Eltern und Freunde aus dem Dorf, die Demarrs Rebellen, wie sie sich genannt hatten, umgebracht hatten. Wenn jemand einen Grund hatte, Vergeltung einzufordern, war er es, und doch … An die Stelle des Hasses, der bei der bloßen Erwähnung von Demarrs Namen in Calvyn hochgekocht war, trat Mitleid, nun, da er wusste, welche Kräfte Herz und Verstand seines Erzfeindes in die Irre geführt hatten. Der Talisman, der die böse Magie des Derrigan Darkweaver in sich barg, hatte diese Katastrophe herbeigeführt. Demarr war nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
    Bei dem Gedanken an den Mann, der nun über diese tödliche Macht verfügte, legte sich kalte Angst um Calvyns Herz. Selkor. Er war ein mächtiger Magier. Was mochte er erst mit dem furchtbaren Talisman ausrichten? Oder – und diese Vorstellung war noch schrecklicher – was würde der Talisman mit ihm anstellen?
    Diese Fragen verfolgten Calvyn bis in die Träume, und obwohl man ihn nicht zur Wache eingeteilt hatte, war sein Schlaf kurz und unruhig. Müde und abgeschlagen bestieg er am nächsten Morgen sein Pferd. »Wie geht es dir?«, fragte Jenna Calvyn leise. Aus ihrer Stimme sprach Besorgnis.
    »Es wird schon, danke«, erwiderte Calvyn und warf ihr ein mattes Lächeln zu. »Schlecht geschlafen, das ist alles.«
    Baron Keevan, Calvyn, Jenna und Hauptmann Strexis ritten nebeneinander zum Stadttor. Hauptmann Tegrani war im Lager geblieben, um das Heer des Barons in dessen Abwesenheit zu befehligen.
    Calvyn und Jenna, die zwei Handpferde dabeihatten, hielten sich hinter Baron Keevan und Hauptmann Strexis.
In den Gassen hinter der Stadtmauer herrschte trotz des feindlichen Rückzugs geschäftiges Treiben. Die Entschlossenheit, die stille Wut und die Zielstrebigkeit der Menschen waren mit Händen zu greifen – der Krieg hatte die Bürger von Mantor zusammengeschweißt. Ungeachtet ihres sozialen Standes schufteten Händler und Bettler, Edelfrauen, Dirnen und Waschfrauen Seite an Seite. Während er dem Baron und dem Hauptmann durch das Getümmel folgte und dann auf die ruhigeren Straßen abbog, die den Berg hinaufführten, fragte sich Calvyn, wie lange diese Harmonie in Friedenszeiten wohl Bestand haben würde.
    Als sie diesmal am Palast ankamen, stand bereits eine Abordnung der Königlichen Garde unter Führung ihres Hauptmanns vor dem weit geöffneten goldenen Tor stramm. Der Hauptmann ordnete sofort mehrere Männer ab, sich um die Pferde zu kümmern, während ein anderer sie in den Palast führte. Calvyn und Jenna folgten dem Baron und dem Hauptmann, die mit großen Schritten vorangingen, in den Palasthof.
    Als sich vor Calvyn plötzlich der imposante Palast erhob, blieb ihm einen Augenblick die Luft weg. Durch die Metallgitter hatte er ihn zwar schon gesehen, doch es war etwas völlig anderes, die breiten Stufen zu dem prächtigen, reich verzierten Gebäude hinaufzugehen, das seit Jahrhunderten als Sitz der Könige von Thrandor diente.
    »Wahnsinn!«, flüsterte er Jenna zu, der die Begeisterung ebenfalls ins Gesicht geschrieben stand.
    Am Kopf der flach ansteigenden Portaltreppe

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