Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
herabführte. Genau in dem Moment, in dem Barrock kurzzeitig geblendet war, umfasste Bek seine Waffe mit festem Griff, wehrte die herabsausende Klinge ab und drehte sich blitzschnell zu seinem Gegner. Zum Entsetzen der Menge schlitzte Bek dem Kämpfer mit einem einzigen peitschenartigen Hieb die Kehle auf und wirbelte zurück, bevor Barrock ihn überhaupt hatte kommen sehen.
Das erwartungsvolle Raunen der Menge, das eingesetzt hatte, als Barrock sich vorwärtsbewegte, um seinen Gegner schnell zu erledigen, wich einem verblüfften Schweigen, als der riesige Mann auf die Knie fiel. Er verharrte einen Moment so und fasste sich ungläubig an die Gurgel, während er vergeblich versuchte, nach Luft zu schnappen. Dann kippte Barrock quälend langsam nach vorn, sank flach hin und starb.
Bek trat gelassen zu ihm und hob das Schwert auf, das neben Barrock zu Boden gefallen war. Doch die Waffe war viel zu schwer und zu lang, als dass sie Bek wirkungsvoll einsetzen konnte, und so ließ er sie auf den toten Kämpfer sinken.
Irgendjemand in der Menge begann zögerlich zu klatschen. Nach und nach fielen andere ein, bis die ganze Arena schleppenden Applaus spendete. Bek sah nicht zu den Rängen
auf und nahm keinerlei Notiz von der Anerkennung der Zuschauer. Stattdessen schritt er hinüber zu Selek, der immer noch wie unter Schock dastand und auf den toten Barrock starrte.
»Komm, Selek. Wir haben den Leuten für heute genug Unterhaltung geboten«, sagte Bek und nahm seinen shandesischen Zellengenossen am Arm, um mit ihm zu der Tür zu gehen, durch die Jez nach seinem Kampf geführt worden war.
Der Kampfleiter war jedoch nicht Beks Meinung und der Eingang zu den Katakomben blieb fest verschlossen.
Plötzlich aufbrausender Applaus kündigte an, dass ein weiterer Kämpfer die Arena betrat. Der neue Gegner war weit weniger beeindruckend, als Barrock es gewesen war. Er war etwa so groß wie Bek und von ähnlicher Statur, aber wie Barrock trug er verschiedene schützende Rüstungsteile. Die hervorstechendsten Stücke waren ein glänzender Brustpanzer und ein Helm, doch er hatte auch Lederschutze an Unterarmen und Oberschenkeln.
»Wer ist das?«, erkundigte sich Bek beunruhigt bei Selek.
»Ich weiß nicht«, antwortete Selek. »Ich habe ihn noch nie kämpfen sehen. Er gehört bestimmt nicht zu den Ranggesetzten aus Shandrim.«
Bek hob sich für später auf, Selek nach dem Rangsystem zu befragen – falls sie lebend in die Katakomben zurückkehrten, hieß das. Doch ob der Kämpfer nun zu den Rängen gehörte oder nicht, er bewegte sich leichtfüßig und wirkte, als fühle er sich vor der jubelnden Menge wie zu Hause.
Wieder winkte Bek seinen Mitstreiter zurück und trat der sich nähernden Gefahr allein entgegen. Dieses Mal hatte es jedoch keinen Sinn, den Dummen zu mimen. Der Kämpfer wusste, dass Bek mit einem Schwert umgehen konnte, und es war unwahrscheinlich, dass er sich mit einfachen Tricks hinters Licht führen ließ. Den bevorstehenden Kampf würden Geschick und Überlebensinstinkt der beiden Männer entscheiden.
In Bek brannte beides. Es fragte sich nur, ob es stark genug brannte.
Der Kämpfer umkreiste Bek mit langsamen Schritten, und die Leute begannen, in einem regelmäßigen Rhythmus mit den Füßen zu stampfen, um die beiden Kontrahenten anzuspornen.
Aber keiner der beiden ließ sich drängen.
Beks graublaue Augen bohrten sich in die seines Gegners und sein Blick wurde mit gleicher Intensität erwidert. Das Schwert in der Hand seines Gegners war ganze sechs Zoll länger als Beks, und die Länge und das Gewicht der Waffe erforderten, dass man sie mit beiden Händen führte. Diese Tatsache machte den Kampf für Bek schwer einschätzbar, da er noch nie zuvor gegen einen Beidhänder gekämpft hatte. Er überlegte krampfhaft, während er die Bewegungen seines Gegners genau beobachtete. Theoretisch würden die beidhändig ausgeführten Hiebe größere Kraft haben, aber das lange Schwert würde die Bewegungsfreiheit und Schnelligkeit des Kämpfers einschränken. Beks größte Vorteile waren seine Behändigkeit und Berechnung, die sich zu seinen Gunsten auswirken könnten. Er vermied jedoch, zu siegessicher in den Kampf zu gehen.
Die angespannten Muskelpakete am rechten Bein des unbekannten Kämpfers waren der Hinweis, nach dem Bek gesucht hatte, und als der Mann zum Angriff ansetzte, fing ihn Bek im selben Moment ab. Wie erwartet, hatte der erste ausholende Schlag enorme Kraft. Er traf so heftig auf sein kurzes
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