Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
Zeit direkt vor ihrer Nase gewesen.
Auf Bitte des Jungen wartete Jenna unter dem großen Vordach auf den breiten Eingangsstufen, während er die Pferde in den Stall brachte und hineinging, um einen seiner Herren zu finden. Einige Minuten später öffnete sich die Tür und Jenna wurde von einem gewaltigen Mann begrüßt. Jenna traute ihren Augen kaum, als sie seine Maße abschätzte. Er war riesig, aber er wirkte überhaupt nicht bedrohlich.
»Nun, wie kann ich Euch helfen, junge Dame?«, grollte der Mann mit einer tiefen Stimme, die recht gut zu seiner äußeren Erscheinung passte.
»Kennt Ihr einen alten Mann, der Perdimonn heißt?«, fragte Jenna.
»Vielleicht … vielleicht auch nicht. Wer seid Ihr und was wollt Ihr von ihm?«
Jenna holte tief Luft und überlegte kurz, wie sie das Beste aus dieser Situation machen könnte. Sie sah sich rasch um, ob auch niemand mithörte, und setzte gleich alles auf eine Karte.
»Glaubt Ihr wirklich, wir sollten hier an der Tür über Magie sprechen?«, fragte Jenna übertrieben flüsternd.
Der Mann lächelte. »Nein, wohl eher nicht«, stimmte er zu. »Komm herein. Mein Name ist übrigens Lomand. Und wer bist du?«
»Jenna.«
»Willkommen, Jenna.«
Lomand führte Jenna in die Eingangshalle und schloss hinter ihnen die Tür.
»Also, Jenna. Was führt dich zu uns? Warum erkundigst du dich nach Bruder Perdimonn?«
»Vor einigen Wochen habe ich im Geiste gehört, wie Perdimonn nach mir rief. Es klang, als sei er in Not und bräuchte Hilfe. Er hat mich schon einmal auf ähnliche Weise gerufen, aber damals hat er den Ruf mehrere Male wiederholt, während er sich jetzt nur ein einziges Mal gemeldet hat – und dann nicht mehr. Als ich ihn zum letzten Mal sah, war er auf dem Weg nach Terilla, um mit dem Rat der Magier über die Bedrohung durch einen Magier namens Selkor zu sprechen, so bin ich hergekommen, um nach ihm zu suchen. Zufällig habe ich Perdimonns altes Pferd wiedererkannt, dass von Eurem Stallbuschen bewegt wurde, und hier bin ich.«
Lomand dachte einen Moment nach und kratzte sich abwesend an einer bestimmten Stelle hinter seinem rechten Ohr.
»Du bist also nicht hier, um die Magie zu erlernen?«, fragte er. »Perdimonn hat dich nicht hergeschickt, um unsere Fähigkeiten zu erlernen?«
»Tarmin behüte! Nein!«, rief Jenna lachend aus. »Welch absurde Vorstellung! Eine Frau unter den Magiern!«
»Gar nicht so absurd, wie du denken magst«, antwortete Lomand nachdenklich. »Aber das ist jetzt unwichtig. Viel wichtiger ist der Umstand, dass Perdimonn bereits vor Wochen von hier aufgebrochen ist. Er hat sich auf die Reise nach Kaldea gemacht. Mehr weiß ich auch nicht, aber ich glaube, der Rat hat kürzlich eine Botschaft von ihm empfangen.«
»Kaldea?«, fragte Jenna verwundert. »Nie gehört. Wo liegt das?«
»Etwa einhundert Seemeilen vor der Küste Thrandors«, erklärte Lomand freimütig. »Nicht gerade der gastfreundlichste Ort, denn die Insel besteht zum größten Teil aus Vulkangestein und Asche.«
»Und warum will Perdimonn zu so einem Ort?«
Lomand musterte Jenna mit einem Blick, der viel mehr zu erkennen schien als ihre äußere Erscheinung. Kurzzeitig hatte Jenna das Gefühl, der riesenhafte Mann starre ihr direkt in die Seele, streife Schicht um Schicht ihrer Person ab, bis ihre tiefsten Geheimnisse offen vor ihm lagen. Ihre Hoffnungen, Ängste und größten Wünsche wurden durch Lomands durchdringenden Blick offenbart. Jenna kämpfte gegen ein Schaudern an. Als Lomand endlich den Blick abwandte, atmete sie erleichtert auf.
»Wenn Perdimonn dir sein Vorhaben nicht mitgeteilt hat, steht es auch mir nicht zu, über seine Absichten zu sprechen«, stellte Lomand nüchtern fest, und seine Miene und sein Ton ließen wissen, dass er in diesem Punkt nicht nachgeben würde. »Wenn du dich jedoch ein wenig stärken möchtest, bitte ich inzwischen einen der Meister hier im Haus, über dein Kommen nachzudenken und zu entscheiden, welchen Rat oder welche Anweisung man dir geben könnte.«
Jenna nickte dankbar und fragte sich, ob sie unverfroren genug wäre, um nach Proviant und Geld für ihre weitere Reise zu bitten. Lomand machte ja einen recht freundlichen Eindruck, trotz seiner einschüchternden Größe und dem stechenden
Blick. Vielleicht setzte er sich dafür ein, dass man ihr half – auch wegen Perdimonn. Jenna hatte im Grunde nichts zu verlieren, aber sie entschied, lieber abzuwarten, bis sie die Erfrischung genossen hätte, zu der Lomand sie nun
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