Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
werden länger.
"Magst du erzählen, was passiert ist?", fragt Kordula mit einer Stimme, die ich selten von ihr höre.
Ich schüttle nur stumm den Kopf und leere mein Glas in einem Zug.
"So schlimm?"
Ich nicke.
Peggy hebt vorsichtig den Umschlag vom Boden und schiebt ihn zu mir rüber.
"Hat es etwas hiermit zu tun?"
Ich nicke wieder und aufs Neue laufen Tränen über mein Gesicht. Einen Moment lang schweigen meine Freundinnen und ich vermute, dass sie mit ihren Blicken eine Konferenz über das weitere Vorgehen abhalten.
"Sollen wir gehen?", fragt Peggy schließlich und ich blicke erschrocken auf.
"Bloß nicht!", stoße ich hervor. "Ich kann jetzt unmöglich alleine sein."
Erleichtertes Aufatmen ist zu hören.
"Dann sag uns endlich, was passiert ist", fordert Kordula ein wenig forscher.
"Er ist weg", sage ich tonlos.
Peggys Kuhaugen weiten sich.
"Wie weg?"
"Na weg eben, ausgezogen!", motze ich.
"Und warum?"
Die Dämlichkeiten sind heute wieder besonders begriffsstutzig.
"Woher soll ich denn das wissen. Er … ist … doch … weg", wiederhole ich betont langsam.
Es ist nicht fair, die drei für Martins Verschwinden verantwortlich zu machen, aber ich weiß nicht, gegen wen ich sonst meine Wut richten soll.
"Hmm."
Meine Freundinnen schauen sich ratlos an.
"Und der Umschlag?"
Ich zucke gleichgültig mit den Schultern.
"Weiß nicht."
Nun platzt Elke der Kragen und sie springt auf.
"Langsam wird mir das Spielchen zu blöd! Entweder du redest oder ich verschwinde!"
Sie läuft zur Garderobe und schnappt ihre Jacke.
"Schon gut, schon gut. Den Umschlag habe ich von Frau Schwarz, inklusive der Information über Martins Auszug. Was in dem Brief steht, weiß ich auch nicht. Ich trau mich nicht, ihn aufzumachen."
Jetzt kommt Bewegung in die Runde.
"Na worauf warten wir dann noch?", fragt Kordula und reißt den Umschlag auf.
Bevor sie den Brief öffnen kann, wird sie von Peggy gestoppt.
"Charly, willst du ihn lesen oder sollen wir das übernehmen?"
Ich zögere kurz und Kordula faltet entschlossen das Schreiben auseinander.
"Also wir. Gut."
Lautlos liest sie die ersten Zeilen und ihre Augen weiten sich. Ich hänge gebannt an ihren Lippen und, obwohl ich Angst vor dem Inhalt habe, will ich es jetzt unbedingt wissen.
"Nun sag endlich", drängelt auch Elke und Kordula hebt den Blick. Mit sanften Augen betrachtet sie mich wohlwollend und ich weiß, was das bedeutet.
"Er ist tatsächlich abgehauen, oder?"
Ich hauche die Worte kaum hörbar. Mein Herz dagegen wummert laut und heftig gegen meine Rippen und ich befürchte, ohnmächtig zu werden. Kordulas Nicken verschafft mir grausame Gewissheit. Langsam und nachdrücklich schiebt sie den Brief über den Tisch.
"Du solltest das lesen. Vertrau mir."
Und das tue ich.
"Liebe Charlotte,
wenn Du diese Zeilen liest, habe ich bereits das Land verlassen. Ich bedaure zutiefst, mich nicht von Dir persönlich verabschiedet zu haben, aber ich weiß nicht, ob ich dieses Lebewohl über mein Herz gebracht hätte.
Als Erstes solltest Du wissen, dass meine überstürzte Abreise nicht Deine Schuld ist, auch wenn ich gestern Abend Dinge gesagt habe, die Dich vielleicht das Gegenteil glauben lassen. Für dieses Verhalten möchte ich Dich um Verzeihung bitten. Ich hoffe Du kannst meine Entschuldigung annehmen und mir meinen Ausbruch vergeben. Ich habe die Tage an Deiner Seite sehr genossen, seit langem habe ich mich wieder am Leben erfreut. Dafür möchte ich Dir danken.
Sicher fragst Du Dich, warum ich abreisen musste und ich kann Dir darauf leider keine Antwort geben. Ich möchte Dich nicht belügen, dafür bist Du mir zu wichtig und wertvoll. Daher bitte ich Dich, meine Abreise zu akzeptieren und genau wie ich, dankbar für unsere gemeinsame Zeit zu sein.
Ich wünsche Dir alles Glück der Erde und hoffe Dich diesem mit meinem Abschiedsgeschenk ein Stück näher zu bringen.
Bitte nimm es an, es gehört ohnehin zur Hälfte Dir.
Dein Martin"
Ich lasse den Brief sinken und Tränen kullern über mein Gesicht. Wie konnte ich nur annehmen, dass Martin einen Groll gegen mich hegt? Wieder einmal hat er mehr Herz bewiesen, als ich es könnte. Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der so wundervoll und frei von bösen Absichten ist. Wütend boxe ich ein Kissen vom Sofa, ich wünschte, er wäre ein rücksichtsloses Schwein, dann könnte ich ihn jetzt wenigstens hassen. Aber selbst das hat er mir genommen, fast werde ich böse auf ihn.
Elke hebt wortlos das Kissen vom Boden und schiebt es mir sanft in den
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