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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Rowan als auch Blacwin auf die blutige Speerspitze.
    Dann überstürzten sich die Ereignisse.
    Plötzlich war Hufschlag zu hören, und eine riesige schwarze Gestalt sprengte auf einem ebenso schwarzen Araberhengst heran, um wie eine Naturgewalt unter die drei verbliebenen Templer zu fahren.
    Der Kampf war ebenso kurz wie heftig.
    Von seinem hohen Sitz herab ließ der Angreifer seine Klinge niedergehen, die einem der Templer tief in die Schulter fuhr. Blutend und wie von Sinnen schreiend, ging der Mann nieder. Seine beiden Kumpane hatten ihre Schockstarre überwunden und griffen nun ihrerseits an. Der schwarze Schild des Reiters wehrte die Hiebe ab, dann ließ er seine eigene Klinge kreisen. Der eine Templer büßte seine Schwerthand ein und ging nieder, nur um unter den Hufen des Hengstes ein schreckliches Ende zu finden. Der andere lebte noch lange genug, um sich auf einen Felsblock zu retten, von dem aus er dem schwarzen Kämpen auf Augenhöhe begegnen konnte. Als ihre Klingen jedoch aufeinanderprallten, war rasch abzusehen, wer den Sieg davontragen würde. Der Reiter, dessen schwarz brünierter Topfhelm nur schmale Sehschlitze frei ließ und das Gesicht ansonsten ganz bedeckte, führte seine Klinge mit derartiger Wucht, dass dem anderen kaum eine Möglichkeit zur Gegenwehr blieb. Mit kaltem Klirren traf Stahl auf Stahl – dann folgte das hässliche Geräusch von Fleisch und Knochen, die durchschnitten wurden. Mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen sahen Rowan und Cassandra den verstümmelten Torso des letzten Templers vom Felsen kippen. Der Kampf war zu Ende.
    Der schwarze Ritter drehte sein Pferd herum und kam auf die beiden zu. Cassandra war zu Rowan geflüchtet, und sie klammerten sich aneinander, während sie auf den fremden Reiter blickten, von dem sie nicht wussten, ob er ein rettender Engel oder ein rächender Dämon war. Und plötzlich wurde Rowan klar, dass er diesen Ritter schon einmal gesehen hatte, damals in jener Nacht in der Wüste …
    Es war also doch kein Traum gewesen!
    Der Ritter brachte sein schnaubendes Ross zum Stehen. Dann griff er sich an den Helm und nahm ihn ab. Darunter kamen die Züge eines gereiften Mannes zum Vorschein. Sein Haar und Bart waren kurz geschnitten und schon ergraut.
    Sein linkes Auge bedeckte eine lederne Klappe.

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19
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    »Mein Herz kehrt sich in mir, weil ich von Trotz befallen war.«
    Klagelieder 1,20
    Festung Tiberias
Ende April 1187
    Wieder und wieder las Graf Raymond die Zeilen, die der Bote aus Jerusalem überbracht hatte. Sein Herz schlug schnell und heftig, und die Gefühle, die in seiner Brust tobten, waren so widersprüchlich wie verzehrend. Unglauben war dabei, nagender Zweifel.
    Und Reue.
    »Neuigkeiten vom Königshof?«
    Der sadîq , der im Lauf der vergangenen Wochen zu seinem ständigen Begleiter geworden war und ihm wie ein Schatten zu folgen pflegte, breitete die Unterarme aus, zu gleichen Teilen Bescheidenheit vermittelnd und nach Auskunft dürstend.
    Raymond nickte gedankenverloren, während er in der Kammer auf und ab schritt, das Pergament in der einen Hand, während er sich mit der anderen durch das lange Haar fuhr.
    »Ein Brief von Guy«, brachte er schließlich hervor.
    »Der König selbst hat Euch geschrieben?« Ein süffisantes Lächeln legte sich über die Züge von Saladins Gesandtem. »Das verspricht interessant zu werden.«
    »Das ist kein Spiel!«, fuhr Raymond ihn an.
    »Verzeiht, Herr, ich wollte Euch nicht aufbringen. Es ist nur … ich hatte geglaubt, Ihr hättet Euch in dieser Sache endgültig entschieden.«
    Raymond nickte. Er hatte entschieden.
    Die Sache war nur, dass dieser Brief manches änderte – und dass ihm die Entscheidung, die er getroffen hatte, plötzlich nicht mehr ganz so bitter notwendig erschien wie noch vor Kurzem …
    »Ist es erlaubt zu fragen, was der König Euch schreibt?«, erkundigte sich der Berater unverblümt und dreister, als es seiner Stellung zukam. Raymond ließ ihn jedoch gewähren. Er war zu sehr mit anderen Dingen befasst.
    »Er schlägt ein Treffen vor, auf neutralem Boden«, erwiderte er mit tonloser Stimme. »Er sagt, es sei an der Zeit, die alten Feindschaften zu begraben und sich neu zu verbünden. Er sagt, er hätte Fehler begangen und wäre bereit, mir entgegenzukommen, zu unser aller Wohl und um des Königreichs willen.«
    »Sieh an«, stellte der sadîq mit listig funkelnden Augen fest, »offenbar hat jemand seine Lektion gelernt. Die Kunde, dass Saladin seine Truppen

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