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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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erblickte, sein Mund öffnete sich zu einem Schrei – der seine Kehle jedoch nie verließ.
    Rowan, der begriff, dass er handeln musste oder verloren war, sprang vor und rammte den anderen hart mit dem Kopf. Die Nase des Stallknechts brach mit hässlichem Knacken. Blut quoll daraus hervor, Tränen schossen ihm in die Augen und machten ihn kampfunfähig. Rowan setzte nach, stürzte sich auf den Burschen und brachte ihn zu Fall. Kaum lag er auf dem Boden, schlug Rowan mit den Fäusten zu und schickte ihn ins Reich der Träume.
    Stille kehrte wieder ein, und Rowan wartete, während das Herz in seiner Brust wie ein wilder Keiler galoppierte.
    Nichts.
    Die Kerle draußen hatten nichts mitbekommen, aber es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis Rowan erneut entdeckt würde. Sein Blick fiel auf den bewusstlosen Stallknecht, und im nächsten Moment war er schon dabei, diesem die grob gewobene Tunika und die wollenen Hosen auszuziehen und selbst hineinzuschlüpfen. Dazu setzte er sich die lederne Kappe auf, die er so tief ins Gesicht zog, dass seine verräterisch großen Augen nicht auf den ersten Blick zu sehen waren.
    Vom schützenden Halbdunkel aus spähte er ins Freie. Die Knechte und Mägde gingen weiter ihrer Arbeit nach, von den Soldaten hatte niemand Verdacht geschöpft. Dennoch kostete es ihn einige Überwindung, ins helle Tageslicht zu treten. Im ersten Moment hatte er das Gefühl, dass alle auf dem Hof ihn anstarrten, aber natürlich war das Unsinn. Er durfte nur nicht stehen bleiben, nicht den Anschein erwecken, dass etwas nicht in Ordnung wäre, dann hatte er womöglich eine gute Chance, das Burgtor zu …
    Plötzlich ein barscher Ruf, unmittelbar hinter ihm.
    Rowans Herzschlag wollte aussetzen.
    Er verstand die Worte nicht, aber ein Gefühl sagte ihm, dass er gemeint war. Sie hatten ihn entdeckt, nach nur wenigen Schritten!
    Er blieb stehen, drehte sich langsam um. Dabei hielt er den Blick gesenkt, und seine Hände ballten sich zu Fäusten, um seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Doch statt sich der grimmigen Miene eines Wachsoldaten gegenüberzusehen, blickte er auf ein großes Bündel Feuerholz. Der Kerl, der es ihm reichte, murmelte dazu eine Anweisung, die Rowan nicht verstand, jedoch wurde sie von einem unmissverständlichen Fingerzeig in Richtung Tor begleitet.
    Ein lautloses Dankgebet zum Herrn schickend, nahm Rowan das Bündel entgegen. Als er sich umwandte, um sich erneut dem Tor zu nähern, tat er es mit ungleich größerer Zuversicht als zuvor, denn zum einen hatte er nun einen offiziellen Auftrag, zum anderen hatte er etwas in den Händen, wohinter er sich verstecken konnte. Dennoch musste er sich zwingen, nicht langsamer zu gehen, als er sich den Wachen näherte und diese ihn misstrauisch beäugten, und nicht schneller, als er sie passiert hatte und in das schummrige Halbdunkel hinter ihnen tauchte. Erst hier wagte er es wieder aufzuatmen.
    Jenseits der Pforte gab es eine Art Torhalle, eine geräumige Höhle, die von strengen Gerüchen durchsetzt war. In die Felswand waren Nischen geschlagen worden, die den Torwachen als Schlafplätze dienten. Zahlreiche Frauen waren unterwegs, die Schöpfgefäße trugen, was darauf schließen ließ, dass es in der Nähe eine Zisterne gab.
    Rowan schloss sich ihrem Zug an, der über unregelmäßige, in den Stein gehauene Stufen immer tiefer in den Berg vordrang und immer weiter hinauf. Da Rowan keine Ahnung hatte, wohin er das Holz bringen sollte, ging er einfach weiter. Er wollte herausfinden, was für ein Ort dies war und was für seltsame Menschen hier lebten, deren Haar zwar schwarz wie Ebenholz, deren Haut jedoch bleich wie Elfenbein war und die solch eigenartig schmale Augen hatten.
    Er gelangte in eine weitere Halle, in der Handwerker ihren Tätigkeiten nachgingen und Waren verkauften: vergleichsweise primitiv gefertigte Gegenstände, vor allem Werkzeuge und Schmuck sowie Lichter aus Talg. Gleich mehrere Felsengänge mündeten in die Höhle, und da sich der Zug der Frauen zerstreute, entschied Rowan aus dem Bauch heraus. Das Feuerholz vor sich hertragend, ging er durch eine Reihe von Stollen, von denen einer aussah wie der andere. Sosehr sich Rowan bemühte, den Überblick zu behalten, dauerte es nicht lange, bis er die Orientierung verlor. Er ließ es sich nicht anmerken und ging einfach weiter, stieg immer noch höher hinauf.
    Beleuchtet wurden die Gänge entweder von Talgkerzen, die in kleinen Wandnischen standen und flackerndes Licht

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