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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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gleichzeitig spürte Rowan einen Luftzug in seinem Nacken.
    Er dachte nicht nach, sondern handelte. So rasch er es noch vermochte, wirbelte er herum, wobei er den Stock beidhändig hob und mit aller Kraft zustieß – und den Schatten traf, der sich von hinten an ihn herangeschlichen hatte.
    Es war der Kerl, den er zuvor gegen die Wand gestoßen hatte. Offenbar war er wieder zu sich gekommen und sann auf Rache. Doch seine Mordgelüste kamen ihn teuer zu stehen. Rowans mit furchtbarer Wucht geführter Stoß hatte den Mann in den Hals getroffen. Wie vom Donner gerührt stand er da, mit geweiteten Augen und nach Atem ringend. Den Dolch ließ er fallen und griff sich stattdessen an den Hals, spuckte und würgte an seinem Blut.
    »Fort von hier!«, stieß Rowan hervor, ergriff Cassandras Hand und zog sie in eine der angrenzenden Gassen, an deren Ende ein funkelnder Sternenhimmel Freiheit verhieß. Hals über Kopf hasteten sie durch die Dunkelheit auf den Ausgang zu – der ihnen plötzlich versperrt wurde. Zwei Gestalten erschienen, eine von ihnen mit einem Dolch bewaffnet, dessen blanke Klinge im Mondlicht blitzte. Rowan, noch in der Rage des Kampfes gefangen, hob abermals den Stock, entschlossen, sich den Weg freizukämpfen. Schon holte er zum Schlag aus …
    »Halt ein, Junge! Bist du von Sinnen?«
    Erst in diesem Augenblick begriff Rowan, dass es keine Feinde waren, die ihnen entgegenkamen, sondern Bruder Cuthbert und Farid, die ihnen zur Hilfe kommen wollten.
    Nie zuvor war Rowan so froh gewesen, seinen Meister zu erblicken. Er freute sich sogar über ihren fuchsgesichtigen Führer, der seinen Dolch erhoben hielt und sich wachsam umblickte.
    »Nachts nicht gut in Gassen«, knurrte er. »Schlangen und Skorpione aus ihren Löchern. Wir rasch verschwinden.«
    »Ist alles in Ordnung?« Cuthbert schaute Rowan fragend an. Die Sorge in seinen faltigen Zügen war unübersehbar.
    »Ja, Meister.« Rowan nickte. »Jetzt ja.«
    Cuthbert nahm seinen Mantel ab und legte ihn Cassandra um die Schultern, die am ganzen Körper zitterte. Gemeinsam kehrten sie zur Herberge zurück, deren Wächter vor der Pforte eingeschlafen war. Rowan weckte ihn unsanft, indem er ihn mit dem Stock anstieß. Wie von einer Natter gebissen, schoss der Torwächter in die Höhe, worauf Bruder Cuthbert ihn mit barschen Worten an seine Pflichten erinnerte. Dann kehrten sie in den Schutz der Herberge zurück, deren Pforte sich dumpf und beruhigend hinter ihnen schloss.
    Im Licht der Öllampe, die den Eingangsraum beleuchtete, schaute sich Rowan besorgt nach Cassandra um.
    »Geht … geht es dir gut?«
    Sie schien zu wissen, was er meinte, und nickte zaghaft. Dabei strich sie sich die schweißnassen Strähnen aus dem Gesicht und blickte beschämt zu Boden. »Afwan« , sagte sie leise, » was hukran. «
    »Sie sagt …«, wollte Cuthbert übersetzen.
    »Ich weiß«, versicherte Rowan. Zumindest einige Wörter der arabischen Sprache hatte er sich inzwischen angeeignet. »Bitte sagt ihr, dass sie sich nicht zu entschuldigen braucht. Und dass ich mich ebenfalls bedanke. Ohne ihre Hilfe stünde ich nicht mehr hier.«
    Cuthbert übersetzte, und über die von Schrecken gezeichneten Züge der jungen Frau huschte so etwas wie ein Lächeln.
    »Mâarada?« , wollte Bruder Cuthbert daraufhin von ihr wissen, und er übersetzte die Antwort, sie sie ihm gab: »Sie sagt, dass sie nicht wisse, was geschehen sei. Sie sei abends zu Bett gegangen und auf der dunklen Gasse erwacht. Im nächsten Augenblick seien vier Männer über sie hergefallen.«
    Rowan nickte grimmig. Eine Frau, die nachts allein in den Gassen unterwegs war und noch dazu nicht einmal eine Orientalin, stellte wohl für dieses Pack so etwas wie Freiwild dar. »Die werden keinen Schaden mehr anrichten, so viel steht fest.«
    Cuthbert bedachte den blutbesudelten Stab in Rowans Hand mit einem undeutbaren Blick. »Wie es aussieht«, meinte er, »wandelt unsere Freundin im Schlaf und tut dabei Dinge, an die sie sich später nicht mehr erinnern kann.«
    »Ist so etwas denn möglich?«, fragte Rowan.
    »Ich habe davon gehört«, bestätigte Cuthbert, »wenngleich mir ein solcher Fall noch nie zuvor untergekommen ist.«
    Rowan nickte nachdenklich. Es erschien ihm unwahrscheinlich, dass Menschen, die tief und fest schliefen, einfach so umherwandeln konnten. Allerdings würde es auch erklären, weshalb Cassandra in jener Nacht auf dem Dach der Karawanserei nicht reagierte, als er sie angesprochen hatte.
    Cassandra sagte

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