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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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und schaute ihn prüfend an. Sicher vermutete sie, dass er sie beobachtet hatte, aber ihr war nicht anzusehen, wie sie darüber dachte.
    Rowan rechnete damit, dass sie ihn beschimpfen, ihn verfluchen oder mit Füßen treten würde, und er hätte all das widerstandslos über sich ergehen lassen. Doch sie tat etwas, auf das der junge Mönch überhaupt nicht gefasst war.
    Sie ließ die Kleider fallen, mit denen sie sich bedeckt hatte, und zeigte sich ihm unverhüllt, und obschon er sie ja bereits zuvor nackt gesehen hatte, kam sie ihm jetzt noch viel aufreizender und erregender vor, denn ein Teil von ihm ahnte, was das bedeutete.
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und seine Kehle fühlte sich an wie ausgedörrt, als sie sich zu ihm herabbeugte, sich auf die Hände niederließ und mit provozierender Langsamkeit auf ihn zukroch. Die Stimme in seinem Kopf sagte ihm noch, dass es falsch war, dass er dabei war, gegen alle Regeln zu verstoßen, doch sie war machtlos angesichts der Begierde, die in ihm erwachte. Ohnehin waren es nie seine Regeln gewesen, hatte er sie niemals frei gewählt, und so ergab er sich Cassandras Reizen, die so sanft wie überwältigend waren.
    Ihr Gesicht erschien vor seinem, und er sagte sich, dass sie das schönste Geschöpf auf Erden war. Ihr Mund öffnete sich, und im nächsten Augenblick fühlte er ihre Lippen auf den seinen, und ihre Zungen berührten einander, zärtlich und liebkosend. Rowans Herzschlag begann zu rasen, er atmete so schnell, dass ihm davon schwindlig wurde. Einerseits wünschte er sich, dass es nur ein Traum wäre und er jeden Augenblick erwachen würde. Andererseits fürchtete er sich davor, dass genau das geschehen könnte.
    Doch Cassandra war keine Traumgestalt.
    Sie war so wirklich wie er selbst, er konnte sie fühlen, ihre Wärme, ihre Nähe. Verlangend drängte sie sich an ihn, durch seine Tunika konnte er ihre Brust und ihre Schenkel fühlen. Die Kontrolle über das, was seine untere Leibeshälfte tat, war ihm längst entglitten. Er dachte nicht mehr darüber nach, was passierte, sondern ließ es wie in Trance einfach geschehen. Er hinderte sie nicht daran, als sie ihn zu entkleiden begann, und schon kurz darauf war er ebenso nackt wie sie, und seine Männlichkeit reckte sich ihrem Schoß entgegen.
    Ihre Lippen liebkosten seinen nackten Oberkörper und überzogen ihn mit Küssen, dann richtete sie sich halb auf, nahm seine Hände und legte sie auf ihre Brüste, während sie sich gleichzeitig hin und her zu bewegen begann, langsam zunächst, dann immer schneller, im Rhythmus seines hämmernden Herzschlags.
    Selbst wenn Rowan es gewollt hätte, wäre er nicht mehr in der Lage gewesen aufzuhören. Was er erlebte, war so überwältigend, so voll ungestümen Lebens, dass er jeden Moment davon auskosten wollte. Nicht nur ihre Körper, auch ihre Seelen schienen eins zu werden. Und so wunderte es ihn nicht, dass er die Worte der Liebkosung verstand, die sie ihm leise ins Ohr hauchte.
    Erst später, als sie nebeneinander auf ihren Umhängen lagen, gleichermaßen erschöpft wie glücklich, über sich einen Himmel voller fremder Sterne, wurde ihm klar, dass sie sich einmal mehr der Sprache des Abendlands bedient hatte.

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8
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    »Wo Aas liegt, da sammeln sich die Geier.«
    Matthäus 24,28
    Komturei von Metz
3. Dezember 1173
    Kathan hatte das Warten satt.
    Nicht weil er fürchtete, Hugh de Lacy könnte ihre Mission als gescheitert erklären und ihrem Ansinnen, vor ihren Mitbrüdern rehabilitiert zu werden, eine Absage erteilen. Sondern weil er sich die ganze Zeit über fragte, was der praeceptor von Metz dem Mädchen wohl antun würde. Ein Tag war vergangen, und sie hatten nichts gehört, weder von dem Kind noch von de Lacy.
    Man hatte sie in einem der Nebengebäude der Komturei untergebracht, in einer Kammer für Gäste, die sich Kathan und Mercadier teilten. Erstmals seit Monaten hatten sie wieder Gelegenheit, am Gottesdienst teilzunehmen und den Offizien nachzugehen, doch auch das Gebet brachte Kathan keinen Trost. Immerzu musste er an das Mädchen denken, an den Blick, den es ihm zuletzt zugeworfen hatte und der so voller Trauer gewesen war, so voller Unverständnis … und Vorwurf.
    Die Zeit zwischen den Gebeten, die den Ordensregeln zufolge siebenmal am Tag und einmal in der Nacht abgehalten wurden, verbrachte Kathan damit, düster sinnierend seinen Gedanken nachzuhängen. In der Nacht hatte er keinen Schlaf gefunden, und am Tag hatte man ihnen noch keine Arbeit

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