Das verschwundene Kind
Motors.
Hölzinger lief los. »Die haut ab!«
Stephan folgte seinem Kollegen weniger schnell. »Keine Panik!«, beruhigte er. »Das läuft doch alles bestens. Die fährt jetzt zum Versteck des Kindes, und Hoff und Heck hängen sich dran.«
Sie konnten gerade noch beobachten, wie ein silberner Sportwagen schlitternd aus der von Laub bedeckten Einfahrt schoss, in die Straße einbog und davonraste. Dann kehrte wieder Stille ein. Stephan suchte nach Hoff und Heck. Dort stand der Wagen, aber er rührte sich nicht. Stephan rannte wild gestikulierend auf das Fahrzeug zu. Auf der Beifahrerseite war inzwischen Ernestine Hoff ausgestiegen. Sie lief um das Fahrzeug herum und öffnete die Fahrertür. Auch Hölzinger und Stephan waren jetzt angekommen. Heck saß mit schmerzverzerrtem Gesicht hinter dem Steuer.
»Scheiß-Hexenschuss«, fluchte er. »Er ist mir voll ins Bein gefahren.«
»Helft mir, ihn auf den Beifahrersitz zu bugsieren«, drängte Ernestine und bemühte sich vergeblich, den schweren Heck aus dem Auto zu heben, was dieser stöhnend und abwehrend kommentierte. Stephan zog Ernestine sanft beiseite.
»Hölzinger, du Kraftprotz, das ist jetzt dein Einsatz!«, kommandierte er.
Hölzinger gelang es tatsächlich, Heck auf die Beine zu stellen und ihn um das Auto herumzuführen. Stephan hatte bereits das Handy am Ohr.
»Wir müssen sie zur Fahndung rausgeben. Was war das für ein Autotyp?«
Ernestine starrte ihn ratlos an. »Ich hab nicht auf das Auto geachtet, Gerd hat gerade …«
Hölzinger zuckte mit den Schultern.
»Irgendwas Japanisches?«
»Kennzeichen?«, rief Stephan.
» OF ?«, begann Ernestine.
Stephan rollte die Augen und rief in das Gerät: »Fahndung nach Veronika Kling. Blond. Blauer Trainingsanzug. Sie ist unterwegs mit einem silberfarbenen Sportwagen, Kennzeichen unbekannt, aus der Tulpenhofstraße in unbekannte Richtung. Bitte nicht stellen, sondern nur unauffällig verfolgen.«
Heck saß stöhnend im Auto. »Warum hast du dich nicht gleich hinter das Steuer gesetzt, sondern ihm das überlassen?«, zischte Stephan Ernestine Hoff zu.
»Er sitzt nicht gerne neben mir, wenn ich fahre«, flüsterte sie. Hölzinger schloss die Beifahrertür und richtete sich auf.
»Und jetzt?«, fragte er. Ernestine öffnete die Fahrertür.
»Ich bringe ihn zum Arzt«, entschied sie.
Die Tür schlug zu. Der Motor startete. Ratlos starrten Hölzinger und Stephan dem Fahrzeug hinterher.
»Und wir haben kein Auto. Klasse!«, sagte Hölzinger bitter. Stephan trat wütend in einen Laubhaufen, so dass die Blätter aufstoben.
»Scheiße!«, schrie er. »Wir waren so nah dran!«
Mit finsteren Mienen machten sie sich zu Fuß auf den Weg ins Präsidium. Auf dem Parkplatz vor dem Gebäude schlug Hölzinger vor: »Lass uns gleich einen Wagen nehmen und losfahren, vielleicht finden wir sie.«
Stephan wehrte ab: »Wo sollen wir nach ihr suchen? Von hier aus ist die in null Komma nichts auf der Autobahn und in alle Richtungen davon. Da können wir ebenso hierbleiben und warten, bis eine Streife sie entdeckt.«
Sie gingen ins Gebäude, gaben ihren Fund für die Kriminaltechnik ab und trösteten sich im Büro mit einem heißen Kaffee und belegten Brötchen.
Hölzinger saß wieder an Hecks Schreibtisch. »Was, meinst du, tut sie jetzt gerade?«
Stephan schluckte und holte Luft. »Ich vermute mal, sie hat sich ihren Angora-Pullover geschnappt, ins Auto geworfen und lässt das Teil auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Dann fährt sie vielleicht zum Versteck des Kindes. So war ja auch unser Plan, dass wir sie mit dem Kind greifen können oder zumindest dabei erwischen, wenn sie den Pullover wegwirft.«
Hölzinger nickte. »Ich verstehe nicht, warum sie das Tatwerkzeug und die Kette in ihrem Gartentempel zurückgelassen hat. Wäre doch besser gewesen, sie hätte das gleich mitgenommen, um es mit dem Pullover loszuwerden.«
Stephan schüttelte den Kopf. »Die Ware ist heißer als der Pullover. Mit den Faserspuren ist nicht viel bewiesen. Wird sie allerdings mit dem Tuch und der Kette erwischt, ist es aus für sie. Außerdem hat sie doch festgestellt, dass ich sie reingelegt habe und ihr Versteck gar nicht kenne. Darauf, dass ihr Pullover ein weiteres Corpus Delicti ist, habe erst ich sie gebracht. Deshalb ist es jetzt ihr erstes Ziel, den loszuwerden. Der Rest hat Zeit.«
»Dann kann es sein, dass sie gar nicht zu dem Kind fährt?«, fragte Hölzinger.
Stephan nickte. »Es kann sein, dass sie nur eben kurz weg ist, um
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