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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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herauszufinden, wo sie wohnte. Für einen Polizisten schon gar nicht.
    Lars Stephan beobachtete aufmerksam das Getümmel im Park: Fußballspieler, Frauen, die im Kreis standen und gymnastische Übungen vollführten, Jogger und Joggerinnen auf allen Wegen, aber keine sah aus wie Maren. Es wäre auch ein zu großer Zufall, sie ausgerechnet jetzt wieder hier anzutreffen. Dann verdunkelte sich sein Blick, als er eine Gestalt wahrnahm, die eben noch am Rand der Wiese gestanden und einem Fußballspiel zugesehen hatte und sich jetzt grinsend auf ihn zubewegte.
    »Was, um alles in der Welt, machst du hier?«, zischte Lars Stephan.
    »Du hast mir nicht gesagt, dass ich die Observation beenden soll«, entgegnete der Angesprochene.
    »Die Observation ist beendet«, teilte ihm Stephan postwendend mit.
    Hölzinger begehrte auf: »Wenn das mal kein Fehler ist! Sie verhält sich nämlich äußerst verdächtig!«
    »Aha, und wie kommst du darauf?«
    »Sie hat sich da drüben hinter dem Baum versteckt und beobachtet das Gelände.«
    Lars Stephan blickte zu dem Baum, auf den Tobias Hölzinger gezeigt hatte, und entschied: »Okay, du kannst gehen, ich übernehme!« Als Hölzinger sich nicht sofort in Bewegung setzte, wurde er noch deutlicher: »Du kannst heimgehen, habe ich gesagt, also avanti!«
    Und Hölzinger ging davon, nicht ohne sich mehrfach umzudrehen und Stephan zu beobachten. Der stand noch immer an derselben Stelle und fixierte den Baum.
    Maren schaute dem davongehenden Hölzinger vorsichtig nach und wartete auf eine Regung Lars Stephans. Viel hatte er sich nicht verändert, dachte sie. Er war immer noch der schlanke, jungenhafte Typ mit kurzen, ein wenig borstigen, blonden Haaren, den sie vor drei Jahren kennengelernt hatte. Sie erinnerte sich an sein verhaltenes Lächeln, seine felsenfeste Ruhe und Zuverlässigkeit, an seine hellen Augen, in denen immer jener Zug von Trauer lag, dessen Ursache sie inzwischen kannte. Dann gab sie sich einen Ruck. Es war absolut albern, hier hinter einem Baum zu stehen und zu warten, was passierte. Entschlossen setzte sie sich in Bewegung und ging einfach auf ihn zu.
    Er rührte sich nicht von der Stelle, und dann standen sie voreinander.
    »Hallo«, sagte sie, »das nenne ich aber mal eine Überraschung!« Erleichtert stellte sie fest, dass er lächelte.
    »So ein Zufall«, sagte er.
    Sie nickte und lächelte ebenfalls. »Bist du auch zum Joggen gekommen?«, fragte sie.
    Er nickte. »Es ist so ein Traumwetter. Das muss man nutzen.«
    »Ein Himmelsgeschenk«, bekräftigte sie mit verklärtem Gesichtsausdruck, der ihn sofort an einen Engel denken ließ.
    »Ja«, bestätigte er und meinte eigentlich nicht das Wetter. »Wohnst du jetzt hier in der Nähe?«, fragte er so beiläufig wie möglich.
    Sie strahlte ihn an, während sie erklärte: »In Sybilles Wohnung in der Wittelsbacher Allee. Der Umzug stand doch damals an.«
    »Ach so, ja«, sagte er, als hätte er es vergessen.
    »Und du?«, fragte sie. »Wohntest du nicht damals schon in Frankfurt?«
    »Ja, da oben, in der Bornheimer Landwehr«, bestätigte er und deutete in die Richtung.
    »Ach so, da. Da sind wir ja beinahe Nachbarn und haben nichts davon geahnt.« Sie kicherte verhalten.
    Er nickte. »Wie geht es Julia?«, fragte er.
    »Gut«, antwortete sie, und ihre Miene wurde wieder ernst. »Sie ist seit diesem Jahr auf dem Gymnasium. Jetzt ist sie gerade im Urlaub – mit Rolf.«
    Eine kleine, verlegene Pause war entstanden, während der er allen Mut zusammennahm, um die Frage zu stellen, die ihm auf der Seele brannte: »Bist du wieder mit ihm zusammen?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein, ich war damals genau zwei Tage und eine Nacht mit auf Fuerteventura. Dann bin ich allein abgereist. Es war ein Fehler, mich so zu entscheiden.« Sie sah ihm fest in die Augen.
    Unmerklich atmete er auf. Sie registrierte seine entspannte Miene.
    »Und sonst, wie geht es dir sonst?«, fragte er leichthin.
    »Einigermaßen gut«, antwortete sie. »Ich arbeite als Vertretungslehrerin an vier verschiedenen Schulen und hoffe immer noch auf einen längerfristigen Angestelltenvertrag. Von einer Beamtenstelle wage ich gar nicht zu träumen. Mit den Fächern Kunst und Deutsch und meinen schlechten Examensnoten sieht es im Moment nicht gut aus. Und du? Arbeitest du noch bei der Polizei?«
    »Ja«, sagte er. »Hast du immer noch was dagegen?«
    »Ich hatte nie etwas dagegen«, entrüstete sie sich. »Es war damals nur alles ein bisschen viel auf

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