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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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gibt es Zauberinsel«, flüsterte ich.
    Sein »Oh!« klang ungefähr so wie meines vorhin.
    »Bin im Nu wieder da!«, sagte ich.
    Der Nu wurde von Miss Berthas Jaulen unterbrochen, die sodann von ihrem Stuhl hochschnellte und »Wasser, Wasser!« schrie.
    Gunga Din, der indische Wasserträger, hätte es besser schreien können.
    Ich seufzte. Man hätte eigentlich meinen sollen, sie wäre mittlerweile mit jedem Pfeffer auf Gottes Erdboden vertraut und wüsste, dass Wasser gegen dessen Schärfe das Allerschlechteste war.
    Ich füllte ihr Glas und reichte es ihr.
    Mr Muggs und Mrs Fulbright bekamen ihre Zauberinsel – ein Dessert, das so zauberhaft war wie sein Name. Miss Bertha konnte gar nichts mehr essen, sondern wedelte sich bloß Luft zu und machte jetzt bestimmt mindestens die nächste Viertelstunde nur Theater.
    Nachdem sie alle gegangen waren, räumte ich ihre Teller ab. Mr Muggs’ Teller war wie immer ratzeputz leergegessen.
    Und nach meinen zwei Portionen Zauberinsel machte ich mich alsbald auf den Weg zu Brittens Laden.
    »Na Ow«, sagte Ubub.
    »Eik Oar«, korrigierte ihn Ulub.
    Ich hatte sie gefragt, wohin Morris Slade am Vorabend gegangen war und ob sie ihm weiter gefolgt waren. »Lake Noir« konnte ich gerade noch ausmachen, beim nächsten Hinweis von Ulub musste ich aber passen: »Nilva Är.« Ich hatte keine Lust, den restlichen Nachmittag mit dem Dolmetschen des Wood’schen Dialekts zuzubringen. »Wo ist Mr Root?«
    »Dinn.« Ulub deutete mit dem Kopf in Richtung Laden.
    Ich stieg die Holzstufen hoch und begrüßte die beiden Stammkunden, die dort tabakkauend auf Obstkistchen saßen. Seit wann, überlegte ich, bot Mr Britten zur Bequemlichkeit seiner Kunden eigentlich Obstkistchen an?
    Der bereitete mir den üblichen grimmig dreinblickenden Empfang. Mr Root war da schon erfreuter, mich zu sehen. Er erstand gerade Kautabak und eine Packung Twinkies. Als ich ihn nach Morris Slade fragte und was Ulub wohl mit »Nilva Är« gemeint hatte, sagte er: »Ja, gestern Abend, da ging er ins Silver Pear.«
    »Allein?«
    »Ja, allein.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »Ach, so um sieben, halb acht. Etwa um acht war er im Restaurant.«
    »Hat er sich dort mit jemand getroffen?«
    Mr Root überlegte. »Hm, kann schon sein. Ich mein, vielleicht hat da drin ja schon jemand gewartet oder kam später dazu.«
    Das war ja sehr vage. »Und nach dem Silver Pear, wo ging er da hin?«
    Mr Root fühlte sich ein wenig auf den Schlips getreten. »Was weiß ich denn? Wir konnten schließlich nicht den ganzen Abend da warten. Eine Stunde, anderthalb war er da drin, dann sind wir aber gegangen. Wie lang braucht man zum Essen?«
    Ich hätte am liebsten gesagt, ein guter Privatdetektiv hätte den ganzen Abend gewartet. Allerdings bekäme ein guter Privatdetektiv es auch bezahlt. »Ach, egal, Mr Root. Sie alle machen Ihre Sache ganz prima.«
    »Hm, willst du ein Twinkie?« Er machte die Packung auf und hielt sie mir hin.
    »Danke, aber ich hab grade groß zu Mittag gegessen.« Das hatte mich bislang noch nie von einem Twinkie abgehalten.
    Ich machte mich eilends aus dem Laden, winkte Ulub und Ubub zu und sauste ins Hotel zurück, um bei Axels Taxiunternehmen anzurufen.

51. KAPITEL
    Mr Root oder die Brüder Wood hätten mich im Auto mitgenommen, doch ich wollte nachdenken. Delbert wollte natürlich quatschen, aber den konnte ich im Gegensatz zu den anderen einfach ignorieren.
    »Silver Pear? O Mann, kannst du dir das Essen da leisten?«
    Dass die Preise des Restaurants hoch angesiedelt waren, fand er interessanter als die Tatsache, dass eine Zwölfjährige allein dort hinwollte.
    »Ich hab mein Fahrrad verkauft«, sagte ich, während wir durch La Porte hindurch und auf der anderen Seite aufs offene Land hinausfuhren.
    Delbert meinte, erstens habe er mich noch nie auf einem Fahrrad gesehen, und zweitens würde er sich wundern, dass ich es verkaufte. Als er dann damit anfing, was man mit seinem Geld am besten machen sollte, blendete ich ihn aus und beobachtete ein paar einsame Pferde auf einer Wiese. Delbert redete wie ein Wasserfall. Als tauchte er in einen See aus Wörtern, ging sein Gerede immer weiter, weiter, weiter.
    Vielleicht kam bei der Fahrt etwas heraus – oder auch nicht. Für mich hing das von der Neugier der Leute im Silver Pear ab. Immerhin würde der Umstand, dass Morris Slade dort im schicken Sportflitzer aufgekreuzt war, ja auch bei weit weniger naseweisen Leuten als den beiden Restaurantbesitzern Neugierde auslösen. Man

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