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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Teaberry-Kaugummi.
    »Warte. Heißt das, ihr habt es noch gar nicht fertig geschrieben?«
    »Das meiste haben wir zu Papier gebracht. Wir kommen einfach nicht recht weiter, wer dich umgebracht hat und warum.«
    Ich musterte ihn bloß stumm. Er ließ sich von meinem Blick nicht beirren. »Bei Perry Mason geht es allein darum : wer’s war und warum.«
    »Das ist Fernsehen. »Er schob seinen Kaugummi in die andere Backentasche. »Das hier ist Theater.«
    Diese Unterscheidung ignorierte ich. »Es ist aber ein Krimi . Die sind nun mal so. Die folgen gewissen Regeln … «
    Will unterbrach mich mit Blubbergeräuschen.
    »Was soll das denn jetzt?« Wieso stritt ich mich hier eigentlich rum?
    Er gab keine Antwort. Stattdessen schrie er zu Mill hinüber, der gerade ein mir unbekanntes Lied drosch: »Bist du fertig mit der Nummer?«
    Mill hob die Hand, den Daumen nach oben.
    »Toll! Ich komm gleich rüber, wenn Emma hier mal aufhört mit Reden.«
    »Was denn für eine Nummer?«
    »Hör zu, ich hab jetzt keine Zeit, in die Details zu gehen.« Er schaute auf seine billige, protzige Armbanduhr mit dem Riesenzifferblatt.
    »Warte. Warte. Das klingt so, als sollte Mord in den Wolken eins von euren Musicals werden.«
    »Ja. Und?«
    »Ein Krimi-Musical?«
    »Ja. Und?«
    »Diese beiden Sachen passen doch gar nicht zusammen.« Ich jaulte beinahe.
    »Wir haben ein paar tolle Nummern. Die eine, die wir am Anfang bringen, nachdem du tot umfällst, ist sagenhaft. Also – spielst du jetzt Patty Flynn oder nicht?«
    »Aber ich weiß doch gar nichts über sie, außer, dass sie tot ist.«
    »Wenn der Vorhang hochgeht, lebt sie noch.«
    »Hat sie denn – habe ich Text?«
    Will musste überlegen, was bedeutete, dass er sich gerade erst einen ausdachte. Sein Kaugummi ruhte, und seine Lippen bewegten sich ganz sacht. Er versetzte sich in Patty Flynn. »Okay, Patty ist ziemlich alt, so um die fünfzig …«
    »Lass das bloß nicht Mrs Davidow hören.«
    »… und irgendwie arrogant. Und reich, stinkreich. Ein Großteil von ihrem Geld ist in Schmuck angelegt, hauptsächlich in Diamanten. Den nimmt sie mit ins Flugzeug …«
    »Den Schmuck?«
    »Ja.«
    »Trägt sie auch welchen?« Ich hatte noch nie Diamanten getragen. Das war kaum überraschend in Anbetracht der Tatsache, dass ich zwölf war.
    »Ja, ich glaub schon.«
    Er glaubte! Offensichtlich war an die Geschichte oder an Patty Flynn kaum ein Gedanke verschwendet worden, wenn überhaupt. »Wer ist noch drin?«
    Will klappte die Produktionsnotizen wieder auf und fuhr mit dem Finger über die Seite hinunter, als hätte er so viele Schauspieler zur Auswahl, dass er gar nicht mehr wusste, wen er ausgesucht hatte. Ausgesucht? Er hatte überhaupt niemanden zum Aussuchen.
    »Chuck. Der spielt einen Steward und vielleicht noch jemand.«
    Sie mussten mehrfache Rollen vergeben, weil es so wenig Mitspieler gab.
    Wieder verharrte sein Finger. »Und Paul. Außer dass er die Wolken schiebt, kann er einen blinden Passagier übernehmen.«
    Paul war momentan oben auf den Dachbalken, und ich hoffte bloß, er war festgebunden.
    »Heißt das, ihr benutzt wieder diese künstlichen Wolken, die wir schon in Medea, das Musical hatten?«
    »Klar. Das schafft die Illusion, man sei in der Luft droben.«
    »Hör mal, ich will nicht in der Luft droben sein, wenn Paul auch da ist. Ich will auf keinen Fall in Pauls Nähe sein.«
    »Kann dir doch egal sein. Du bist ja tot.«
    Tot war kein Schutz gegen Wills und Mills geballte Fantasie.
    Er fuhr fort: »Und June. Die spielt einen Fluggast.«
    »June Sikes ? Die kannst du doch nicht mehr bringen!«
    »Sie war richtig toll als Medea.«
    Ich trat näher. »Die hat einen gewissen Ruf .«
    »Hatte Medea auch.« Er lachte verächtlich. »Und vielleicht bringen wir wieder die Summerinnen.«
    Das war ja wahrhaftig haarsträubend. »Das sind doch lauter kleine Kinder, die du zusammengetrieben hast, weil du einen griechischen Chor brauchtest. Und eins hast du damals sogar schanghait!«
    »Wen? Bessie?« Er zuckte die Achseln. »Die ist jetzt weg.«
    Das war die verlassene Kleine vom Krocketplatz gewesen, erst vier Jahre alt, und wenn sie geblieben wäre, hätte sie womöglich ihren fünften Geburtstag nie geschafft.
    »Wann summen sie dann in dem neuen Stück? Mehr als summmmmm machen die doch gar nicht.« Ich zog es betont in die Länge. Vergebens. Bei Will konnte ich nie einen Blumentopf gewinnen.
    Darauf ging er überhaupt nicht ein. »Und Junes Schwester haben wir als

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