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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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nicht in Philadelphia gearbeitet?«
    Das wusste ich alles schon.
    Miss Flagler nickte. »In einer Bank. Da passierte was, es war aber nie ganz klar. Hatte mit Bankgeld zu tun, glaube ich.«
    »Unterschlagung«, sagte Miss Flyte, »so habe ich das jedenfalls verstanden.«
    »Das wurde aber nie bewiesen«, sagte ich. Als beide ein überraschtes Gesicht machten, fügte ich hinzu: »Ich habe nämlich für meine Geschichte recherchiert und bin zufällig auf eine alte Zeitung gestoßen.« Ich nahm einen Schluck von meinem Kakao mit Marshmallows.
    Miss Flagler sagte: »Und dann war da doch der Skandal mit dem Mädchen.«
    Ich hörte auf, mein Marshmallow zu kauen. »Was für ein Skandal?«
    »Na, während Morris mit Imogen Woodruff verlobt war, stellte sich heraus, dass er auch noch eine andere Freundin hatte.« Sie sahen einander an und senkten dann die Blicke.
    Die hatten wohl Angst, über Sex zu reden. Für neugierige Fragen hatte ich jetzt aber keine Zeit. Ich hatte zu viele Dinge im Kopf. Und so meinte ich leichthin: »Keine Sorge, ich weiß Bescheid. Was für ein Mädchen?«
    Miss Flagler hatte die Kaffeekanne vom Herd genommen, füllte die Tassen nach und schenkte mir noch mal Kakao ein. »Wir wissen bloß, dass Imogens Vater jemanden dafür bezahlt hat« – hier tanzten ihre Augenbrauen boshaft in Richtung Miss Flyte – »die Sache aufzulösen.«
    Diese Neuigkeit haute mich nun doch vom Hocker. »Sie meinen, er bezahlte Morris?«
    »Oder das Mädchen.«
    Keine Ahnung, wie Mr Woodruff überhaupt noch Geld übrig haben konnte, wenn er ständig Leute bestach. Ich wunderte mich, dass ich über dieses andere Mädchen noch gar nichts gehört hatte, und fragte nach.
    »Sie war gar nicht von hier. Das war in Philadelphia, wo sie anscheinend auch her war. Wir wissen auch bloß Bescheid, weil Betty Sue Crouch – du weißt doch, die drüben an der Red Bird Road wohnt …«
    Wusste ich zwar nicht, nickte aber trotzdem, damit das Gespräch jetzt nicht zu Betty Sue Crouch abschweifte.
    »Na, jedenfalls sollte Betty Sue für Imogen ein paar Hochzeitsgeschenke in Morris’ Wohnung in Philadelphia bringen – und als sie dort auftauchte, war Morris mit diesem Mädchen zugange.«
    »In seiner Wohnung?«
    »Ganz genau – in seiner Wohnung.«
    Wieder wurde ein rascher Sex-Blick gewechselt. Auf die Einzelheiten war ich aber gar nicht scharf, bloß darauf, dass er diese andere Freundin hatte. »Die haben sich dann also getrennt?«
    Miss Flagler nickte nachdrücklich.
    »Und das hat Imogen sich bieten lassen?«
    »Ich glaube, sie wollte Morris Slade unbedingt haben. Der war ja auch eine tolle Partie: gutaussehend, charmant, redegewandt.« Sie seufzte. »Morris konnte sich aus allem raus- und wieder reinreden. Aber treu war er nie, unser Morris.«
    Dies sagte Miss Flyte so betrübt, als wäre Morris Slade ihr untreu gewesen. »Morris konnte einen um den Finger wickeln. Es lag vielleicht daran, dass er so interessiert wirkte. Das ist eine seltene Eigenschaft.«
    Ich wusste, was sie meinte, mochte aber nicht daran denken, dass sein Interesse vielleicht nur aufgesetzt war.
    Ich wollte mich am Kopf kratzen, aber das besorgte die Katze Albertine für mich, die behaglich oben auf dem Regal lag. »Der ist bestimmt wegen seines entführten Babys hier.«
    Wie schon Dr. McComb erzählte ich ihnen von der Theorie über Imogen und ihren Vater.
    »Ich begreife nicht, wie das möglich ist, Emma! Dem eigenen Kind so etwas anzutun? Das ist doch – absolut verkommen.« Miss Flagler schüttelte den Kopf.
    Miss Flyte ebenfalls, die unangenehme Neuigkeiten im Allgemeinen besser akzeptieren konnte, in diesem Fall aber wohl nicht. Dann verriet ich ihnen meine Idee für meinen Zeitungsbeitrag.
    »La Porte eine Stadt der Tragödien ?« Miss Flagler gab aufgeregt ein paar Extralöffel Zucker in ihren Kaffee und rührte um.
    Miss Flyte lächelte mich über ihre erhobene Tasse hinweg an. »Kein sonderlich netter Name, finde ich.«
    Was immer das heißen sollte, ihr Lächeln war jedenfalls nicht so beabsichtigt. Ich sagte: »Nett habe ich es auch nicht gemeint.« Ich schaute zwischen den beiden hin und her und überlegte, wieso das die beiden so aufregte, und konnte mir bloß denken, dass ich hier Wasser aufwirbelte, die normalerweise glatt, ja spiegelglatt waren.
    »Aber schauen Sie doch mal, es ist ja nicht nur La Porte«, fügte ich hinzu. »Auch Spirit Lake und Cold Flat Junction und Lake Noir und Soldiers Park, wo das Belle Ruin stand. Alle diese Orte

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