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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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festem Grund, und die Kletterpartie ging weiter. Als der Wagon wieder an Geschwindigkeit gewann, atmete Oz erleichtert auf; ein Aufatmen, das zu einem Gähnen wurde - vielleicht, dachte Lou, ein Zeichen, dass seine Angst sich gelegt hatte.
    »So langsam gefällt’s mir hier«, erklärte Oz plötzlich, wobei er seinen Teddy an die Scheibe hielt. »Guck mal, da draußen«, sagte er zu dem Stofftier, das keinen Namen hatte; jedenfalls wusste Lou von keinem. Dann schoss sein Daumen in den Mund und erkundete nervös dessen Inneres. Oz hatte gewissenhaft daran gearbeitet, mit dem Daumenlutschen aufzuhören, doch nach all den Ereignissen der letzten Zeit war er rückfällig geworden.
    »Es wird alles gut, oder, Lou?«, nuschelte er.
    Sie setzte sich ihren kleinen Bruder auf den Schoß und kitzelte seinen Nacken mit dem Kinn, bis Oz sich voll Wonne an sie schmiegte.
    »Uns wird es ganz bestimmt gut gehen.« Und Lou zwang sich zu glauben, dass es wirklich so sein würde.
     

 
KAPITEL 6
    Der Bahnhof von Rainwater Ridge entpuppte sich als besserer Holzschuppen mit eingeschlagenem, von Spinnweben bedecktem Fenster sowie einer Türöffnung ohne Tür. Nur ein Katzensprung trennte diese Ruine aus verrosteten Nägeln und schiefen Brettern von den Gleisen.
    Der schneidende Wind, der sich seinen Weg durch Klüfte und Schneisen in Fels und Wald gebahnt hatte, war eisig, und die Gesichter der wenigen Wartenden zeugten ebenso wie die verkümmerten Bäume, die am Bahnhof standen, von der schonungslosen Gewalt seiner Schärfe.
    Lou und Oz schauten zu, wie ihre Mutter in einen alten Krankenwagen geladen wurde. Als die Pflegerin in das Fahrzeug stieg, warf sie ihren Schützlingen einen finsteren Blick zu, das Ergebnis des Streits vom Vortag, der offensichtlich noch an der Frau nagte.
    Als die Türen des Wagens geschlossen wurden, nahm Lou die Kette mit dem Quarzanhänger aus der Manteltasche und reichte sie Oz. »Ich bin in ihr Abteil geschlichen, als sie noch schlief. Die Kette war noch in ihrer Tasche.«
    Oz grinste, verstaute sein wertvolles Stück und stellte sich auf die Zehenspitzen, um seiner Schwester den verdienten Kuss auf die Wange zu geben. So standen die beiden neben ihrem Gepäck und warteten geduldig auf Louisa Mae Cardinal.
    Ihre Haut war gründlich geschrubbt und jedes Haar an die ihm zugewiesene Stelle gekämmt - Lou hatte sich mit Oz besonders viel Zeit genommen. Sie hatten ihre beste Kleidung angezogen, was ihre wild pochenden Herzen aber kaum beruhigen konnte. Die beiden standen schon eine ganze Weile da, als sie hinter sich jemanden bemerkten.
    Der Farbige war jung und - in seltsamer Übereinstimmung mit der umgebenden Natur - groß und kantig gebaut, mit breiten Schultern, gewaltigem Brustkorb und Armen, die an mächtige Schinkenstücke erinnerten. Seine Taille war schmal, doch nicht zu sehr, die Beine lang, wobei eins jedoch vom Knie abwärts seltsam nach außen gedreht war. Seine Haut hatte die Farbe von dunklem Rost. Er sah auf seine Füße hinab, was Lous Aufmerksamkeit ebenfalls dorthin lenkte. Seine alten Arbeitsschuhe, stellte das Mädchen fest, waren von einer solchen Größe, dass ein Neugeborenes bequem darin Platz gefunden hätte. Sein Overall war so abgetragen wie die Schuhe, aber sauber - oder zumindest so sauber, wie Wind und Wetter es hier oben zuließen. Artig streckte Lou die Hand aus, doch der schwarze Hüne ergriff sie nicht.
    Stattdessen hob er mit einem kraftvollen Schwung ihr Reisegepäck auf und wandte den Kopf abrupt zur Straße hin. Lou interpretierte es als eine Art »Hallo!«, »Kommt mit!« und »Meinen Namen kriegt ihr später zu hören!« - alles in eine einzige, effiziente Bewegung gepackt. Er hinkte los, und das verkrümmte Bein entpuppte sich nun eindeutig als Behinderung. Lou und Oz schauten einander kurz an und trotteten ihm schließlich hinterdrein. Oz umklammerte seinen Teddy und Lous Hand. Zweifellos hätte der Junge auch noch den Zug in Schlepp genommen, wenn es irgend möglich gewesen wäre, um, falls nötig, eine schnelle Flucht zu gewährleisten.
    Die lange, viertürige Hudson-Limousine besaß die Farbe einer Essiggurke. Das Auto war alt, aber innen sauber. Sein breiter Kühler sah aus wie ein Grabstein, und die beiden vorderen Kotflügel existierten schon lange nicht mehr, genauso wenig die Heckscheibe. Lou und Oz hatten auf der Rückbank Platz genommen, während der Mann fuhr. Er bediente den dicken, langen Schalthebel mit leichter Hand, und wenn er den Gang wechselte,

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