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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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hätten sie jahrelang unter einer heißen Sonne neben ihm gekniet und eklige Köder ausgegraben.
    Oz betrachtete seine eigene Hand und entdeckte reichlich Erde, die beim Händeschütteln den Besitzer gewechselt hatte. Er grinste, weil es ihm vorkam, als hätten er und der Junge gerade Blutsbrüderschaft geschlossen. Ein Bruder! Das fand Oz einfach toll.
    Der rothaarige Junge lächelte gutmütig zurück und zeigte dabei, dass die meisten seiner Zähne dort waren, wo sie hingehörten, auch wenn man nicht viele als gerade gewachsen oder weiß bezeichnen konnte.
    »Jimmy Skinner heiß ich«, stellte er sich schicklich vor, »aber die Leute nennen mich Diamond. Mein Pa hat mich so genannt, weil ich so ’nen harten Dickschädel hab. Der Hund da heißt Jeb.«
    Als der Hund seinen Namen hörte, legte er den struppigen Kopf über den Sitz, und Diamond zog spielerisch einmal an einem Ohr, dann am anderen. Dann sah er Oz an.
    »Wirklich ’n witziger Name. Oz.«
    Oz schaute unter dem prüfenden Blick seines Blutsbruders besorgt drein. Gab es jetzt doch keine geheime Partnerschaft?
    Lou antwortete für ihren Bruder. »Sein richtiger Name ist Oscar, wie Oscar Wilde. Oz ist nur sein Spitzname, wie der Zauberer von Oz.«
    Diamonds Blick blieb an der Decke des Hudson haften. Er dachte angestrengt nach, kramte offensichtlich in seinem Gedächtnis.
    »Wilde? Hab nie von irgendwelchen Wildes hier oben gehört.« Er verstummte, dachte noch einmal nach und runzelte die Stirn, dass die wuscheligen Brauen sich verzogen. »Und was für ’n Zauberer is’ ’n das?«
    Lou konnte ihr Staunen nicht verbergen. »Das Buch? Der Film? Judy Garland?«
    »Der ängstliche Löwe?«, ergänzte Oz. »Und die böse Hexe?«
    »Bin noch nie in ’ner Kinotheke gewesen.« Diamond warf einen Blick auf Oz’ Teddy, und ein missbilligender Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. »Biste nicht schon zu groß dafür? Was meinste, Sohn?«
    Damit war die Sache für Oz besiegelt. Traurig wischte er die Hand am Sitz ab und machte damit seine und Diamonds bedeutsame Übereinkunft ungültig.
    Lou lehnte sich so weit vor, dass sie Diamonds Atem riechen konnte. »Das geht dich nichts an, klar?«
    Ein zurechtgewiesener Diamond ließ sich zurück auf den Vordersitz fallen und Jeb Dreck und Wurmsaft von seinen Fingern lecken. Es schien, als hätte Lou den Jungen mit Worten regelrecht angespuckt.
    Der Krankenwagen war ihnen weit voraus und fuhr ziemlich langsam.
    »Tut mir leid, das mit eurer Ma«, sagte Diamond, als wolle er die Friedenspfeife herumreichen.
    »Ach, die wird schon wieder«, sagte Oz. Er war wie immer schlagfertiger als Lou, wenn es um ihre Mutter ging.
    Lou starrte verbissen aus dem Fenster und hielt die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Hell No«, sagte Diamond, »wirf mich einfach an der Brücke raus. Wenn ich was Gutes fang, bring ich ’s zum Mittagessen mit. Sagste Miss Louisa Bescheid?«
    Lou beobachtete, wie Hell No das kantige Kinn vorstreckte und damit wohl ein freundliches, nachdrückliches »Okay, Diamond!« zum Ausdruck brachte.
    Der Junge fuhr wieder auf dem Sitz herum. »He, wie wär’s mit Fisch zum Mittagessen, in Schmalz gebraten?« Er schaute hoffnungsvoll drein, und seine Absichten waren zweifellos ehrenhaft; doch Lou hatte im Augenblick keine Lust, sich Freunde zu machen.
    »Wär nich’ übel, Diamond. Und dann könnten wir uns in diesem Kaff ’ne Kinotheke suchen.«
    Kaum waren die Worte heraus, bereute Lou sie auch schon. Es lag nicht nur an dem enttäuschten Ausdruck auf Diamonds Gesicht, sondern auch daran, dass sie den Ort beleidigt hatte, in dem ihr Vater aufgewachsen war. Sie ertappte sich dabei, wie sie gen Himmel blickte und nach wütenden Blitzen Ausschau hielt oder nach plötzlichem Regen, der wie Tränen fiel.
    »Kommst aus ’ner großen Stadt, was?«, sagte Diamond.
    Lou wandte den Blick vom Himmel ab. »Aus der größten. New York.«
    »Hu, oh, das würd ich hier aber nich’ rumerzählen.«
    »Wieso denn nicht?«, blaffte Oz seinen Ex-Blutsbruder an.
    Aber der hörte gar nicht mehr hin. »So, hier is’ genau richtig, Hell No. Komm mit, Jeb.«
    Hell No hielt an. Direkt vor ihnen befand sich die Brücke, wohl eine der kleinsten und wackeligsten, die Lou je zu Gesicht bekommen hatte. Sie war nur sechs Meter lang und bestand aus verzogenen Holzplanken, die man über ausrangierte, teerverschmierte Eisenbahnschienen gelegt hatte. Ein rostiger Metallbogen auf beiden Seiten sollte einen daran hindern, sage und schreibe

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