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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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anderthalb Meter tief in einen Bach zu stürzen, in dem mehr flache Felsen als Wasser zu sehen waren. Mit einem Sprung von dieser Brücke Selbstmord zu begehen, war wohl ziemlich unrealistisch. Und beim Anblick des seichten Geplätschers schwand Lous Hoffnung auf in Schmalz gebratenen Fisch, wobei ihr ein solches Gericht keineswegs besonders verlockend erschien.
    Als Diamond sein Angelzeug von der Rückbank des Hudson nahm, beugte sich Lou, der ihre Bemerkung ein wenig leid tat, aber vor allem, weil ihre Neugierde einfach zu groß war, über den Sitz und flüsterte ihm durch das offene Fenster zu: »Wieso nennst du ihn Hell No?«
    Ihre unerwartete Aufmerksamkeit ließ Diamond wieder freundlicher werden, und er lächelte sie an. »Weil’s halt sein Name is’«, sagte er gutmütig. »Er wohnt bei Miss Louisa.«
    »Woher hat er denn so einen Namen?«
    Diamond warf einen Blick auf den Fahrersitz und tat so, als krame er in seinem Kasten nach irgendetwas. »Sein Pa kam mit ihm durch die Gegend hier, als Hell No noch ’n Baby war«, sagte er leise. »Hat ihn hier einfach auf die Erde gesetzt. Tja, als jemand ihn fragte: >Du kommst doch zurück und holst dein Kind?<, da hat er gesagt: >Hell, no.< Hell No hat niemand je was Schlechtes getan, in sein ganzes Leben nich’. Und da gibt’s nich’ viele, die so was von sich sagen können. Vor allem nich’ die Reichen.«
    Diamond schnappte sich seine Köderdose und schulterte die Angelrute. Pfeifend schlenderte er davon, und Hell No setzte den Hudson wieder in Bewegung, Richtung Brücke. Das Gebilde ächzte und stöhnte bei jeder Drehung der Räder. Diamond winkte noch einmal, und Oz winkte mit seiner schmutzigen Hand zurück, vielleicht mit wieder aufflammender Hoffnung auf eine baldige, andauernde Freundschaft mit Jimmy »Diamond« Skinner, dem rotbekrönten Fischerkönig der Berge.
    Lou hingegen starrte weiterhin auf den Fahrersitz. Auf einen Mann, den sie Hell No nannten.

 
KAPITEL 7
    Die Höhe betrug nahezu tausend Meter, wenn nicht sogar ein bisschen mehr. Die Appalachen mochten zwar im direkten Vergleich zu den Rockys verblassen, aber für die CardinalKinder waren sie hoch genug, und das nicht zu knapp.
    Nachdem sie die schmale Brücke überquert und Diamond hinter sich gelassen hatten, hatte der sechsundneunzig PS starke Motor des Hudson zu stottern begonnen, und Hell No hatte in einen kleineren Gang geschaltet. Der Protest des Wagens war verständlich, denn die unebene, unbefestigte Straße führte in einem Winkel von fast fünfundvierzig Grad aufwärts und wand sich wie der Leib einer Klapperschlange den Berg hinauf. Die beiden Spuren der Straße, die man höchstens noch erahnen konnte, waren bei genauerer Betrachtung zu einer einzigen mal schmäleren, mal breiteren Fahrbahn verschmolzen. Herabgefallene Felsen lagen wie erstarrte Tränen des Berges am Wegesrand.
    Oz schaute nur einmal hinaus, in die Tiefe, die wie der Abgrund der Hölle wirkte, danach nicht mehr. Lou hingegen blickte nach vorn. Ihr Aufstieg in den Himmel ängstigte sie kein bisschen.
    Dann kam ihnen in einer Kurve unvermittelt ein Traktor entgegen. Er sah ziemlich mitgenommen aus; einige Teile fehlten, und das Gefährt wurde hauptsächlich mit rostigem Draht und anderem umfunktioniertem Müll zusammengehalten. Das Monstrum war für sich allein fast schon zu breit für die enge Straße, geschweige denn für es selbst und den schwerfälligen Hudson, der ihm entgegen kam. Ein paar Kinder hingen und baumelten auf jede nur erdenkliche Weise an den Aufbauten der bulligen Maschine, als wäre sie ein fahrendes Klettergerüst. Ein Junge, ungefähr in Lous Alter, hing praktisch in der Luft und wurde nur von seinen zehn Fingern und seinem Gottvertrauen über dem Abgrund gehalten, und er lachte dabei! Die anderen Kinder, ein etwa zehnjähriges Mädchen und ein Junge in Oz’ Alter, klammerten sich an so ziemlich allem fest, woran man sich festklammern konnte, und auf ihren Gesichtern spiegelte sich nacktes Entsetzen.
    Der Mann, der das seltsame Vehikel steuerte, war noch erschreckender als die Vision eines außer Kontrolle geratenen Maschinenmonstrums, das wild um sich schlagende Kinder als Geiseln hielt. Ein Filzhut bedeckte den Kopf des Mannes; der Schweiß war in langen Jahren bis an sämtliche Stellen des Materials vorgedrungen. Sein Bart war struppig, sein Gesicht braun gebrannt und vom unbarmherzigen Gebirgsklima gegerbt. Er war recht klein von Gestalt, doch sein Körper wirkte gedrungen und muskulös.

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