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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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eine hölzerne Leiter mit einer zerbrochenen zweiten Sprosse konnte man auf den Heuboden steigen. Der Dachboden nahm fast die gesamte obere Etage der Scheune ein und war mit losem Heu und gepressten Heuballen gefüllt. Eine Reihe von Pfosten in der Mitte der Scheune stützte das Gebäude ab. Die Scheune verfügte über kleinere Anbauten hinten und an den Seiten mit Ställen und Pferchen, wo die Stute, die Maultiere, die Schweine und die Schafe untergebracht waren. In der kalten Luft konnte Lou die Wolken sehen, die aus den warmen Nüstern der Tiere emporstiegen.
    In einer Box saß Eugene auf einem kleinen dreibeinigen Hocker, der unter seiner gewaltigen Gestalt kaum zu sehen war. Direkt neben ihm stand eine schwarz-weiß gescheckte Kuh. Ihr Schwanz schlug hin und her, ihr Kopf nickte in den Futtertrog.
    Louisa ließ die Kinder bei Eugene und ging wieder zum Haus zurück. Als die Kuh ein lautes Muhen hören ließ und sich an die Trennwand zur nächsten Box drängte, trat Oz ganz nah an Lou heran. Eugene blickte sie an.
    »Die alte Bran hat Milchfieber, ’ne Euterentzündung«, erklärte er ihnen. »Müssen wohl absaugen.« Er zeigte auf eine rostige Luftpumpe in einer Ecke des Stalles. »Bring mir bitte die Pumpe da, Miss Lou.«
    Lou gab sie ihm, und Eugene hielt den Schlauch an eine von Brans Zitzen.
    »Jetzt pumpen.«
    Oz pumpte, während Eugene den Schlauch nacheinander an alle vier Zitzen hielt und den Euter rieb, der sich wie ein Ball aufgebläht hatte.
    »Gutes Mädchen, hast immer schön Milch gegeben. Wir kriegen das schon hin«, sprach Eugene beschwörend auf die Kuh ein. In Gegenwart des kranken Tieres war seine anfängliche Schweigsamkeit wie weggeblasen. »Okay, is’ gut so«, sagte er zu Oz, der mit dem Pumpen aufhörte und einen Schritt zurücktrat, um der Dinge zu harren, die da kommen mochten. Eugene legte die Pumpe beiseite und bedeutete Lou, seinen Platz auf dem Hocker einzunehmen. Er führte ihre Hände an Brans Zitzen und zeigte ihr, wie sie diese richtig greifen musste und zu reiben hatte, um sie geschmeidig zu machen und auf diese Weise den Milchfluss zu unterstützen.
    »Wir haben sie aufgepumpt, nun müssen wir sie trockenmelken. Kräftig ziehn, Miss Lou, die alte Bran tut nix. Müssen die Milch zum Laufen bringen. Dann wird’s besser.«
    Lou zog anfangs sehr behutsam; dann aber wurden ihre Bewegungen intensiver. Ihre Hände arbeiteten schnell, und sie hörten, wie die Luft aus dem Euter entwich. Sie erzeugte kleine, warme Wölkchen in der kalten Luft.
    Oz trat vor. »Darf ich auch mal versuchen?«
    Lou stand auf, und Eugene setzte Oz an die richtige Stelle. Bald zog er so gut wie Lou, und schließlich erschienen erste Milchtropfen an den Enden der Zitzen.
    »Machste gut, Mr Oz. Hast schon Kühe gemolken inner Stadt?«
    Darüber lachten sie alle.
    Drei Stunden später lachten Lou und Oz nicht mehr. Sie hatten die anderen beiden Kühe gemolken - eine war hochträchtig, wie Louisa ihnen erzählt hatte -, was jeweils eine halbe Stunde gedauert hatte. Dann hatten sie vier große Eimer Wasser ins Haus getragen und vier weitere vom Brunnen zu den Stallungen geschleppt. Dem waren zwei Ladungen Holz und drei Ladungen Kohle gefolgt, um die Kästen im Haus aufzufüllen. Jetzt waren sie dreckig wie die Schweine, und die Liste der Hausarbeiten schien immer länger statt kürzer zu werden.
    Oz strauchelte mit seinem Eimer, und Eugene half ihm, ihn über den hohen Zaun zu heben. Lou setzte den ihren ab und trat dann zurück.
    »Ich kann nicht glauben, dass wir Dreckvieh füttern müssen«, sagte sie.
    »Die fressen wirklich ’ne Menge«, fügte Oz hinzu, während er beobachtete, wie die Tiere über etwas herfielen, das wie flüssiger Müll aussah.
    »Die sind widerlich«, sagte Lou, während sie sich die Hände am Overall abwischte.
    »Und sie geben uns zu essen, wenn wir es brauchen.«
    Sie drehten sich um und sahen Louisa, die vor ihnen stand, einen vollen Eimer Getreidefutter für die Hühner in der Hand. Trotz der Kälte war ihre Stirn bereits schweißnass. Louisa hob Lous leeren Eimer auf und reichte ihn ihr zurück. »Wenn
    Schnee fällt, können wir nich’ den Berg runter. Müssen uns mit Vorräten eindecken. Und es ist kein Dreckvieh, Lou, es sind Schweine.« Lou und Louisa starrten einander einige Herzschläge lang schweigend und finster an, bis das Geräusch eines sich nähernden Automobils sie zum Haus schauen ließ.
    Es war ein Oldsmobile-Roadster, ein Ungetüm mit siebenundvierzig

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