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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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bitterkalten Fußboden, der einen Schauer direkt in ihr Hirn zu senden schien. Sie konnte jetzt wirklich ihren Atem sehen. »Gib mir fünf Minuten«, sagte sie tapfer.
    Louisa bemerkte die offensichtliche körperliche Pein des Mädchens. »Hatten noch mal Frost die Nacht«, sagte sie. »Hier oben bleibt’s länger kalt. Das geht wie ’n kleines Messer in die Knochen. Es wird aber bald wärmer, und wenn dann wieder der Winter kommt, können du und Oz nach vorn raus schlafen, direkt neben dem Kamin. Wenn er voll Kohle ist, hält er die ganze Nacht warm. Wir werden’s euch hier schon gemütlich machen.« Sie hielt inne und schaute sich im Zimmer um. »Wir können euch beiden hier nicht bieten, was ihr in der Stadt hattet, aber wir tun unser Bestes.« Sie stand auf und ging zur Tür. »Ich hab schon heißes Wasser in die Waschschüssel gefüllt, damit du dich waschen kannst.«
    »Louisa?«
    Sie drehte sich noch mal um. Der Bogen des Laternenlichts warf ihren Schatten an die Wand und vergrößerte ihn dann. »Ja, Schatz?«
    »Das war das Zimmer meines Vaters, nicht wahr?«
    Louisa schaute sich erneut um; dann kam sie zu dem Mädchen - und auf die Frage - zurück. »Vom vierten Lebensjahr an, bis er fortging. Seitdem hat keiner mehr hier drin gewohnt.«
    Lou wies auf die von Zeitungen bedeckten Wände. »Hat Dad das alles gemacht?«
    Louisa nickte. »Er ist zehn Meilen gelaufen, nur um ’n Buch oder ’ne Zeitung zu bekommen. Hat das alles Dutzende Male gelesen, dann die Zeitungen hier aufgeklebt und sie immer wieder gelesen. Hab nie im Leben so ’nen seltsamen Jungen gesehn.« Sie schaute Lou an. »Wette, du kommst ganz nach ihm.«
    »Ich wollte dir eigentlich noch danken, dass du Oz und mich aufgenommen hast.«
    Louisa drehte sich zur Tür um. »Dieser Ort wird auch für eure Mutter gut sein. Wir alle sorgen dafür, dass es ihr besser geht.«
    Lou blickte betreten weg, fummelte an ihrem Nachthemd. »Ich bin sofort unten«, sagte sie abrupt.
    Louisa nahm diese Veränderung im Verhalten des Mädchens kommentarlos hin und schloss leise die Tür hinter sich.
    Unten verschlang Oz soeben den letzten Happen seines Frühstücks, als Lou erschien, genau wie er mit einem verwaschenen Overall, einem alten Hemd und Schnürstiefeln bekleidet, die Louisa für sie bereitgelegt hatte. Eine Laterne hing an einem Wandhaken und spendete zusammen mit dem Kohlenfeuer das einzige Licht im Zimmer. Lou schaute auf die Pendüle auf dem Kaminsims, ein fast zwei mal zwei Meter großes Gebilde aus polierter Eiche. Es war tatsächlich erst kurz nach fünf. Wer hätte gedacht, dass Kühe so früh aufstehen, ging es dem Mädchen durch den Kopf.
    »Hallo, Lou«, sagte Oz. »Du musst unbedingt die Milch probieren. Schmeckt toll.«
    Louisa schaute Lou an und lächelte. »Die Sachen passen euch ja richtig gut. Mein Gebet scheint erhört worden zu sein. Falls die Stiefel zu groß sind, stopfen wir sie mit ’n paar Lumpen aus.«
    »Ach, das geht schon«, sagte Lou, obwohl die Stiefel eher etwas zu klein ausgefallen waren und hier und da drückten.
    Louisa kam mit einem Eimer und einem Glas. Sie stellte das Glas auf den Tisch, spannte ein Tuch darüber und goss aus dem Eimer die Milch hinein. Schaumbläschen bildeten sich auf dem Stoff. »Willst du Sirup auf dein Maisbrot?«, fragte sie. »Dann schmeckt es richtig gut. Und du kriegst was auf die Rippen.«
    »Schmeckt echt lecker«, murmelte Oz, der den letzten Bissen seiner Mahlzeit mit einem Schluck Milch herunterspülte.
    Lou betrachtete fasziniert ihr Glas. »Wozu ist das Tuch da?«
    »Filtert alles aus der Milch, was du nicht brauchst«, erklärte Louisa.
    »Ist die Milch etwa nicht pasteurisiert?« Lou sagte es dermaßen angewidert, dass Oz sein leeres Glas anstarrte und aussah, als würde er jeden Moment tot vom Stuhl kippen.
    »Was denn für ’ne Paste?«, fragte er ängstlich. »Kann ich jetzt irgendwas kriegen?«
    »Quatsch. Die Milch ist gut«, sagte Louisa in ruhigem Tonfall. »Ich hab sie mein Leben lang so getrunken. Und euer Pa auch.«
    Bei diesen Worten lehnte ein erleichterter Oz sich zurück und wagte wieder zu atmen. Lou roch an ihrer Milch, nippte ein paar Mal vorsichtig daran und trank schließlich einen größeren Schluck.
    »Ich hab doch gesagt, die ist lecker«, meinte Oz. »Wenn man diese Paste rausmacht, schmeckt sie viel schlechter.«
    Lou seufzte. »Ach, Oz. Pasteurisieren ist nach Louis Pasteur benannt, einem Wissenschaftler, der ein Verfahren entwickelt hat, das Bakterien

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