Das Versprechen
schenkte sich ebenfalls eine Tasse ein und setzte sich zu ihm. »Was hast du denn von den Leuten rausbekommen?«, fragte sie.
»Dein Enkel hat kein Testament hinterlassen, Louisa. Nicht, dass es von großer Bedeutung wäre, denn Geld hatte er auch keins.«
Louisa schaute verwirrt drein. »Bei all seinen schönen Büchern?«
Cotton nickte. »So wundervoll seine Bücher auch waren, gut verkauft haben sie sich nicht. Er hat verschiedene andere Schreib aufträge annehmen müssen, um über die Runden zu kommen. Außerdem hatte Oz kurz nach der Geburt gesundheitliche Probleme. Das kostet. Und New York City ist nicht gerade das billigste Pflaster.«
Louisa schaute zu Boden. »Und das ist nich’ alles«, sagte sie. Cotton warf ihr einen neugierigen Blick zu. »Jack hat mir all die Jahre Geld geschickt. Ich hab ihm einmal zurückgeschrieben, das wär nich’ richtig. Er hätt seine eigene Familie und so weiter. Aber er hat geantwortet, er sei reich. Das hat er wirklich geschrieben! Er wollte, dass ich das Geld nehme - nach allem, was ich für ihn getan hätte. Dabei hab ich eigentlich gar nichts für ihn getan.«
»Anscheinend wollte Jack nach Kalifornien, um für ein Filmstudio zu schreiben, als der Unfall geschah.«
»Kalifornien?« Louisa sprach das Wort aus, als wäre es die Verkörperung des Bösen. Dann lehnte sie sich zurück und seufzte. »Dieser kleine Bengel hatte es immer faustdick hinter den Ohren. Aber dass er mir Geld gegeben hat, obwohl er selbst keins hatte ... Verflucht soll ich sein, dass ich ’s genommen hab.« Sie starrte eine Zeit lang ins Leere. »Ich hab ein gewaltiges Problem, Cotton«, fuhr sie dann fort. »Die letzten drei Jahre nur Dürre und keine richtigen Ernten. Hab nur noch fünf Schweine und muss eins wohl bald schlachten lassen. Dann hab ich nur noch drei Sauen und einen Eber. Beim letzten Wurf waren mehr Kümmerlinge dabei als sonst was. Drei ganz ordentliche Milchkühe. Hab eine decken lassen, aber ihr Kalb will und will nich’ kommen, und ich mach mir ernsthaft Sorgen. Und Bran hat das Fieber. Die Schafe machen verdammich viel Arbeit. Und die Stute frisst mir die Haare vom Kopf, kann aber nicht mehr arbeiten. Na ja, das alte Mädchen hat sich ja all die Jahre für mich fast zu Tode geschuftet.« Sie hielt inne und schöpfte Atem. »Und McKenzie unten im Laden, er gibt uns Leuten von hier oben auch keinen Kredit mehr.«
»Schwere Zeiten, Louisa, das bestreite ich nicht.«
»Ich weiß, ich darf mich nich’ beschweren, der alte Berg hat mir über die Jahre hinweg alles gegeben, was er nur hatte.«
Cotton beugte sich vor. »Aber eins ist dir geblieben, Louisa. Das Land. Das ist ein Vermögenswert.«
»Kann’s aber nich’ verkaufen, Cotton. Wenn’s so weit is’, erben es Lou und Oz. Ihr Pa hat diese Farm genauso sehr geliebt wie ich. Und Eugene ebenfalls. Er gehört zur Familie. Er arbeitet hart. Auch er wird ein Stück vom Land bekommen, damit er ’n Haus bauen und ’ne Familie gründen kann. Das ist nur recht und billig.«
»Das finde ich auch«, sagte Cotton.
»Als diese Leute mir schrieben, ob ich nich’ die Kinder nehmen könnte, wie hätt ich da Nein sagen können? Amanda hatte keine Verwandten mehr, ich bin alles, was sie noch haben. Und ich bin nich’ viel wert als Retter in der Not. Allein käm ich schon seit langem nicht mehr mit der Farm klar.« Sie verschränkte nervös die Finger und schaute voller Angst aus dem Fenster. »Ich hab all die Jahre oft an sie gedacht und mich gefragt, wie sie wohl so sind. Hab Amandas Briefe gelesen, die Fotos gesehn, die sie mir geschickt hat. Sie ist vor Stolz über Jacks Schreiberei fast geplatzt. Und dann die wunderbaren Kinder.« Sie stieß einen traurigen Seufzer aus, und die tiefen Falten auf ihrer hohen Stirn zeichneten sich wie kleine Ackerfurchen ab.
»Du wirst es schon überstehen, Louisa«, sagte Cotton. »Du kannst auch auf mich zählen. Und wenn du mich brauchst, komme ich hoch und helfe dir beim Säen oder wenn was mit den Kindern ist. Lass es mich einfach wissen. Ich wäre stolz, wenn ich dir irgendwie helfen könnte.«
»Red keinen Unsinn, Cotton, du bist ein viel beschäftigter Anwalt.«
»Die Leute hier oben haben nur wenig Verwendung für einen wie mich. Vielleicht ist das gar nicht so übel. Du hast ein Problem? Dann geh einfach direkt ans Gericht zu Richter Atkins und red mit dem darüber. Anwälte machen alles nur viel komplizierter.« Er lächelte und tätschelte Louisas Hand. »Wird schon wieder,
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