Das Versprechen
aufgeworfen. Das bringt große Erdschollen hoch. Nach dem Pflügen eggen wir, um die Klumpen kleiner zu machen. Danach gehn wir noch mit der Harke drüber, was die Krume ganz fein werden lässt. Schließlich pflügen wir alles noch mal mit dem kleineren Pflug. Der zieht dann grade Reihen. Und dann pflanzen wir.«
Sie ließ Eugene eine Reihe pflügen, um es den Kindern zu zeigen. Dann trat sie gegen den Pflug. »Du siehst ziemlich kräftig aus, Lou. Willst du ’s mal versuchen?«
»Klar«, sagte sie. »Wird schon nicht so schwer sein.«
Eugene platzierte sie an die richtige Stelle, legte die Führungsbänder um ihre Hüfte, gab ihr die Peitsche und trat dann zurück. Hit schien sie offensichtlich für ein leichtes Opfer zu halten, denn er zog unerwartet heftig an. Die starke Lou bekam sehr schnell einen unmittelbaren Geschmack von der fruchtbaren Erde.
Louisa half ihr auf die Beine und wischte ihr das Gesicht ab. »Das alte Maultier hat dich zum Besten gehalten. Ich wette, beim nächsten Mal wird ihm das nicht mehr gelingen.«
»Ich hab keine Lust mehr«, sagte Lou, wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab und spuckte irgendwelche Klümpchen aus, über die sie lieber nicht nachdenken wollte. Ihre Wangen waren gerötet, und erste Tränen schimmerten in ihren Augen.
Louisa kniete sich vor sie. »Als euer Vater das erste Mal zu pflügen versuchte, war er in deinem Alter. Das Maultier nahm ihn mit auf einen Teufelsritt, der im Graben endete. Hat mich fast den ganzen Tag gekostet, ihn und das verdammte Tier da wieder rauszuholen. Euer Pa hat dasselbe gesagt wie du jetzt. Und ich hab ihn damals gelassen.«
Lous Tränenstrom versiegte, und sie nahm die Hände vom Gesicht.
»Und was ist passiert?«
»Zwei Tage lang ging er nicht auf die Felder. Und schon gar nicht in die Nähe des Maultiers. Und dann kam ich eines Morgens hier raus, und da war er.«
»Und pflügte den ganzen Acker?«, vermutete Oz.
Louisa schüttelte den Kopf. »Das Maultier und euer Pa endeten im Schweinekoben. Auf den beiden war so viel Schlamm, dass man damit einen Bären hätte ersticken können.« Oz und Lou lachten, und Louisa erzählte weiter. »Beim nächsten Mal hatten das Maultier und der Junge ’ne Abmachung getroffen. Der Junge hatte sein Lehrgeld gezahlt und das Maultier seinen Spaß gehabt. Die beiden wurden zum besten Pflugteam, das ich je gesehen hab.«
Das Klagen einer Sirene schallte durchs Tal. Es war so laut, dass Lou und Oz sich die Ohren zuhielten. Das Maultier schnaubte und stemmte sich ins Geschirr. Louisa blickte finster.
»Was ist das?«, rief Lou.
»Das Horn von der Kohlegrube.«
»Ist ein Stollen eingestürzt?«
»Nein. Seid mal still«, sagte Louisa und suchte mit den Blicken die Hänge ab. Fünf bange Minuten vergingen, bis die Sirene endlich verstummte. Und dann hörten sie von allen Seiten das tiefe Grollen. Es umtoste sie wie der Vorbote einer abgehenden Lawine. Lou glaubte zu sehen, wie die Bäume erzitterten, dann sogar der Berg selbst. Sie ergriff Oz’ Hand und dachte an Flucht, blieb aber stehen, weil Louisa sich nicht vom Fleck rührte. Und dann kehrte die Stille wieder.
Louisa drehte sich zu ihnen um. »Die Kohlenleute lassen das Horn tuten, bevor sie sprengen. Sie benutzen Dynamit. Manchmal nehmen sie zu viel, und dann gibt’s Bergrutsche. Und Menschen werden verletzt. Aber nie jemand vom Bergwerk. Nur Farmer, die ihr Land bestellen.« Louisa warf erneut einen finsteren Blick in die Richtung, aus der die Explosion gekommen war, und dann gingen sie zurück an die Arbeit.
Zum Abendessen gab es auf dampfend heißen Tellern gefleckte Feldbohnen, vermischt mit Maisbrot, Schmalz und Milch. Heruntergespült wurde es mit Brunnenwasser, das so kalt war, dass es schmerzte. Die Nacht war eisig, der Wind heulte grimmig, als er sich gegen das Gebäude warf, aber Wände und Dach hielten seinem Ansturm stand. Das Kohlenfeuer war behaglich, und das Laternenlicht tat den Augen wohl. Oz war so müde, dass er beinahe über dem himmelblauen Crystal- Winters-Haferflocken-Teller einschlief.
Nach dem Essen ging Eugene in die Scheune, während Oz sich vor den Kamin legte. Sein kleiner Körper war sichtlich ausgelaugt und erschöpft. Louisa beobachtete still, wie Lou zu ihm ging, seinen Kopf in ihren Schoß bettete und ihm durchs Haar strich. Dann setzte die alte Frau sich eine Brille mit einem Drahtgestell auf und begann beim Schein der Flammen mit Näharbeiten an einem Hemd. Nach einer Weile hörte sie auf und setzte
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