Das Versprechen
Erklärung ansetzen, doch Louisa schnitt ihm in so scharfem Tonfall das Wort ab, dass sogar der nie um Worte verlegene Diamond verstummte.
»Die Wahrheit, Lou!«, sagte die Frau.
Und Lou erzählte sie ihr, ließ auch die beinahe tödliche Begegnung mit George Davis nicht aus. »Aber das war nicht unsere Schuld«, sagte sie. »Der Bär ...«
»Geh in die Scheune, Diamond«, fauchte Louisa. »Und nimm deinen beschissenen Köter mit!«
»Ja, Ma’am«, sagte Diamond, und er und sein Hund schlichen davon.
Louisa fuhr wieder zu Lou und Oz herum. Lou sah, dass die Frau am ganzen Leib zitterte. »Oz, ab ins Bett mit dir. Sofort!«
Oz schaute noch einmal Lou an und flüchtete ins Haus. Nun waren nur noch Lou und Louisa draußen.
Lou war so angespannt wie nie zuvor im Leben.
»Du wärst diese Nacht fast umgebracht worden! Noch schlimmer - beinahe hättest du dich und deinen Bruder umgebracht.«
»Aber es war nicht unsere Schuld, Louisa. Hör doch ...«
»Und ob es deine Schuld war!«, stieß Louisa wütend hervor, und Lou spürte, wie ihr angesichts des schroffen Tonfalls die Tränen in die Augen schossen. »Ich hab dich nicht auf diesen Berg kommen lassen, damit du durch die schmierigen Hände von George Davis stirbst, Mädel. Dass du überhaupt losgezogen bist, ist schon schlimm genug. Aber dass du deinen kleinen Bruder mitnimmst, der ’s nicht besser weiß und dir blindlings hinterherläuft . Ich schäme mich für dich!«
Lou senkte den Kopf. »Tut mir leid. Tut mir wirklich leid.«
Louisa stand kerzengerade da. »Nie hab ich die Hand gegen ein Kind erhoben, obwohl meine Geduld im Lauf der Jahre arg strapaziert worden ist. Aber wenn du so was noch mal machst, Fräulein, setzt es was, und diese Tracht Prügel wirst du nie vergessen. Hast du verstanden?« Lou nickte stumm. »Dann geh zu Bett«, sagte Louisa. »Und wir sprechen nie wieder drüber.«
Am nächsten Morgen kam George Davis in einem Wagen gefahren, der von zwei Mauleseln gezogen wurde. Louisa trat ins Freie und ging ihm entgegen, die Hände auf dem Rücken verschränkt.
Davis spuckte Kautabak auf den Boden neben dem Wagenrad. »Deine kleinen Teufel haben mein Eigentum zerstört. Bin hier, um den Schaden bezahlt zu kriegen.«
»Du meinst, sie haben aus deiner Schwarzbrennerei Kleinholz gemacht?«
Lou und Oz kamen heraus und starrten den Mann an.
»Satansbraten!«, brüllte er. »In der Hölle sollt ihr schmoren!«
Louisa trat von der Veranda. »Runter von meinem Land, wenn du so mit uns redest. Sofort!«
»Ich will mein Geld! Und ich will, dass die Bälger ’ne Tracht Prügel kriegen für das, was sie getan haben.«
»Du kannst zum Sheriff gehn und ihm zeigen, was sie mit deiner Destille angestellt haben, und dann kann er mir sagen, welche Entschädigung er für richtig hält.«
Davis starrte sie wütend an, die Maultierpeitsche fest in einer Hand. »Du weißt, das kann ich nich’, Frau.«
»Dann kennst du den Weg von meinem Land, George.«
»Was hältst du davon, wenn ich deine Farm anzünde?«
Eugene kam heraus. In seiner Rechten hielt er einen großen Knüppel.
Davis hob die Peitsche. »Hell No. Bleib sofort stehen, Nigger, sonst geb ich dir die Peitsche, so wie dein Großvater sie übern Rücken gezogen kriegte!« Davis stieg vom Wagen. »Vielleicht zieh ich dir einfach so ein paar drüber, Bursche. Euch allen!«
Louisa zog das Gewehr hinter dem Rücken hervor und richtete es auf George Davis. Als er den langen Lauf der Flinte auf sich gerichtet sah, blieb der Mann auf halbem Weg stehen.
»Runter von meinem Land«, sagte Louisa ruhig, während sie den Hahn spannte und den Kolben an ihre Schulter legte, den Finger am Abzug. »Bevor ich die Geduld verlier - und abdrücke.«
»Ich bezahl’s, George Davis«, rief Diamond, als er mit Jeb im Schlepptau aus der Scheune trat.
Davis zitterte deutlich sichtbar, so wütend war er. »Mein verdammichter Kopf dröhnt noch von dem Schlag, den du mir übergezogen hast, Junge.«
»Dann ha’m Sie verdammich viel Glück gehabt. Denn hätt ich gewollt, hätt ich auch fester zuschlagen können.«
»Riskier bei mir ja keine große Klappe!«, brüllte Davis.
»Woll’n Sie Geld oder nich’?«, fragte Diamond.
»Was kannst du mir schon geben? Du hast doch nix.«
Diamond steckte die Hand in die Hosentasche und holte eine Münze hervor. »Ich hab das hier, ’nen Silberdollar.«
»Einen Dollar! Du hast meine Destille zertrümmert, Junge. Glaubst du, mit einem verdammten Dollar könntest du das
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