Das Versprechen
Metall, den Kupferrohren und den Beinen aus Holzblöcken. Krüge, die den gebrannten Maiswhisky aufnehmen sollten, standen auf Brettern, die über aufeinander geschichtete Steine gelegt waren. Eine kleine Petroleumlaterne baumelte an einem dünnen Pfosten, der in den feuchten Boden gerammt worden war. Dampf stieg von den Destillierkolben auf. Sie hörten, wie jemand sich bewegte.
Lou zuckte zusammen, als George Davis neben der Destille auftauchte und einen vierzig Pfund schweren Getreidesack auf den Boden warf. Der Mann war in seine Arbeit vertieft und schien die heimlichen Beobachter nicht gehört zu haben. Lou schaute Oz an, der so heftig zitterte, dass Lou befürchtete, Davis könne die Erschütterungen des Bodens spüren. Sie zerrte an Diamonds Arm und zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Diamond nickte zustimmend, und sie begannen rückwärts zu rutschen. Lou warf noch einen Blick auf die Destille, doch Davis war verschwunden. Sie erstarrte. Und dann hätte sie fast aufgeschrien, weil sie hörte, wie etwas näher kam. Lou befürchtete das Schlimmste.
Zuerst rannte der Bär an ihr vorbei und in die Senke hinein. Dann kam Jeb. Der Bär schlug einen Haken, und der Hund schlitterte gegen den Pfosten, an dem die Lampe befestigt war, und riss ihn um. Die Lampe fiel zu Boden und zerbrach. Der Bär taumelte gegen den Destillierapparat, und das Metall gab unter dem Gewicht von dreihundert Pfund Schwarzbär nach, kippte um und platzte auf; die Kupferrohre flogen durch die Gegend. Diamond stürzte sich in die Senke und rief nach seinem Hund.
Der Bär war der Jagd offensichtlich müde geworden, drehte sich um und erhob sich auf die Hinterbeine. Seine Klauen und sein Gebiss waren nun deutlich zu sehen. Jeb blieb beim Anblick der fast zwei Meter hohen schwarzen Gestalt, die ihn mit einem Biss in zwei Teile reißen konnte, wie angewurzelt stehen und wich dann knurrend zurück. Diamond bekam den Hund am Nacken zu fassen.
»Jeb, du blöder Köter!«
»Diamond!«, rief Lou, als sie ebenfalls aufsprang und sah, wie der Mann auf ihren Freund zukam.
»Verdammt noch mal!« Davis war aus der Dunkelheit getreten, das Gewehr im Anschlag.
»Diamond, pass auf!«, schrie Lou wieder.
Der Bär brummte, der Hund bellte, Diamond brüllte, und Davis legte an und fluchte. Zwei Schüsse fielen, und Bär, Hund und Herrchen rannten, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Lou duckte sich, als die Schrotladung durch das Laub schlug und sich in die Baumrinde bohrte. »Lauf, Oz, lauf!«, schrie sie. Oz sprang auf und flitzte los, doch der Junge war völlig durcheinander und rannte zur Senke statt von ihr weg. Davis lud das Schrotgewehr nach, als Oz vor ihm auftauchte. Der Junge erkannte seinen Fehler zu spät, und Davis packte ihn am Kragen. Lou rannte auf die beiden zu. »Diamond!«, rief sie wieder. »Hilfe!«
Davis drückte Oz mit einer Hand gegen sein Bein und versuchte, mit der anderen nachzuladen.
»Gottverdammter Bengel«, beschimpfte er den sich duckenden Jungen.
Lou schlug mit ihren Fäusten auf den Mann ein, konnte jedoch nichts ausrichten, denn George Davis war zwar klein, aber hart wie Fels.
»Lassen Sie ihn los!«, rief Lou. »Lassen Sie ihn los!«
Davis ließ Oz tatsächlich los, aber nur, damit er Lou einen Schlag versetzen konnte. Sie ging zu Boden; ihr Mund blutete. Doch der Mann sah Diamond nicht kommen. Der Junge hob den umgestürzten Balken auf, holte aus und schlug Davis die Beine unterm Körper weg. Der Mann prallte hart zu Boden. Um ganz sicherzugehen, hämmerte Diamond den Balken auch noch auf Davis’ Kopf. Lou schnappte sich Oz, und Diamond schnappte sich Lou. Als der wutschäumende Davis seine Beine wieder unter Kontrolle hatte, waren die drei schon fünfzig Meter von der Senke entfernt. Ein paar Sekunden später hörten die Kinder einen weiteren Schuss, befanden sich aber längst schon außer Reichweite.
Plötzlich hörten sie Geräusche hinter sich - rennende Schritte und liefen schneller. Diamond warf einen Blick über die Schulter. »Alles in Ordnung«, keuchte er. »Is’ nur Jeb.«
Sie liefen den ganzen Weg zur Farm und brachen auf der Veranda entkräftet zusammen. Ihre Lungen rasselten, und sie zitterten am ganzen Körper vor Erschöpfung und Angst.
Als sie sich aufrichteten, überlegte Lou, ob sie die Flucht nicht fortsetzen sollte, denn Louisa stand im Nachthemd vor ihnen, eine Petroleumlaterne in der Hand. Sie fragte die Kinder, wo sie gewesen seien. Diamond wollte zu einer
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