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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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bald schon wirbelten sie durchs Zimmer. Aller Augen verfolgten das Paar, und Lou musste kichern.
    Wie so oft vor Aufregung völlig aus dem Häuschen, flitzte Oz ins Zimmer seiner Mutter. »Mom, wir tanzen, wir tanzen!«
    Dann rannte er zurück, um wieder zuzuschauen.
    Louisa bewegte die Hände zur Musik und klopfte mit einem Fuß den Takt. Diamond ging zu ihr.
    »Ha’m Sie Lust auf ’n Tänzchen, Miss Louisa?«
    Sie nahm seine Hände. »Das ist das schönste Angebot seit Jahren.«
    Während sie sich Lou und Cotton anschlossen, stellte Eugene Oz auf seine Schuhe, und sie stampften zwischen den anderen umher.
    Musik und Gelächter schallten durch den Flur bis in Amandas Zimmer. Seit sie im Haus eingezogen waren, hatte der Frühling den Winter abgelöst und der Sommer den Frühling. Und in all dieser Zeit hatte Amandas Zustand sich kein bisschen verändert - für Lou der sichere Beweis, dass ihre Mutter geistig nie mehr zu ihnen zurücckehren würde, während Oz, stets der unerschütterliche Optimist, es als gutes Zeichen wertete, dass ihr Zustand sich nicht verschlechtert hatte. Wenngleich Lou sich keine Hoffnungen auf Besserung machte, was ihre Mutter betraf, half sie Louisa dennoch jeden Tag, Amanda mit einem Schwamm zu säubern und ihr einmal in der Woche die Haare zu waschen. Regelmäßig betteten Lou und Oz ihre Mutter anders, und jeden Tag absolvierten sie gymnastische Übungen mit Amandas Armen und Beinen. Doch sie zeigte keine Reaktion. Sie lag einfach nur da, die Augen geschlossen, die Gliedmaßen starr. Lou sagte sich häufig, dass ihre Mutter zwar nicht »tot« sei, dass man ihren Zustand aber kaum als »lebend« bezeichnen konnte. Doch angesichts der Musik und des Gelächters, die ins Zimmer klangen, schien etwas Seltsames vor sich zu gehen. Falls es möglich war, zu lächeln, ohne einen Gesichtsmuskel zu bewegen, hatte Amanda Cardinal genau das soeben geschafft.
    Nach ein paar weiteren Schallplatten erklang nun im vorderen Zimmer Musik, die einem im wahrsten Sinne des Wortes in die Beine fuhr. Die Partner hatten ebenfalls gewechselt. Lou und Diamond hüpften und drehten sich mit jugendlichem Ungestüm, Cotton wirbelte Oz herum, und Eugene - trotz seines schlimmen Beins - tanzte mit Louisa einen nicht allzu flotten Jitterbug.
    Cotton verließ den Tanzboden nach einer Weile, ging in Amandas Zimmer und setzte sich an ihr Bett. Er sprach leise mit ihr, berichtete ihr von den Neuigkeiten des Tages, erzählte ihr, wie es den Kindern ging, und kündigte an, welches Buch er ihr als Nächstes vorlesen wollte. Es wirkte wie eine ganz normale Unterhaltung, wobei Cotton inständig hoffte, dass Amanda ihn hören konnte und ihre Lebensgeister dadurch geweckt würden. »Die Briefe, die Sie Louisa geschrieben haben, fand ich sehr schön. Ihre Worte verraten einen wundervollen Geist. Ich kann es kaum erwarten, Sie persönlich kennen zu lernen, Amanda.« Sanft nahm er ihre Hände und bewegte sie im Takt.
    Die Musik drang hinaus in die Weite, und Licht fiel in die Dunkelheit. Einen winzigen, flüchtigen Augenblick lang war das Haus von Glück und Frieden erfüllt.
    Die kleine Kohlengrube auf Louisas Land war ungefähr zwei Meilen vom Haus entfernt. Ein ausgetretener Pfad führte dorthin; er zweigte von einem breiteren Weg ab, der sich zur Farm schlängelte. Der Eingang zum Bergwerksstollen war breit und hoch genug für das Maultiergespann, mit dem sie jedes Jahr die Kohle für den Winter herbeischafften. Da der Mond sich nun hinter dichten Wolken versteckte, war die Öffnung des Stollens nicht ohne weiteres zu erkennen.
    In der Ferne blinkte ein Licht wie ein Glühwürmchen. Dann folgte ein weiteres Aufleuchten, kurz darauf ein drittes. Nach und nach erschien eine Gruppe Männer aus der Dunkelheit und hielt auf die Grube zu, wobei die Lichtblitze sich als leuchtende Petroleumlampen entpuppten. Um das Bergwerk zu betreten, nahm jeder Mann seinen Hut ab, füllte den Lampentank mit angefeuchteten Karbidkugeln, drehte an einem Hebel, um den Docht zu justieren, zündete ein Streichholz an, und ein Dutzend Lampen flammten auf.
    Ein Mann, der die anderen deutlich überragte, rief die Arbeiter zusammen, und sie bildeten eine dichte Gruppe. Der große Mann hieß Judd Wheeler und hatte fast sein ganzes bisheriges Leben damit verbracht, Erde und Gestein auf das Vorkommen von Bodenschätzen zu untersuchen. In einer Hand hielt er eine lange Rolle Papier, das er nun ausbreitete, während einer der Männer eine Laterne darüber hielt.

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