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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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Gegend, in die sie fuhren, ein noch tadelloseres Auftreten, als sie ursprünglich beabsichtigt hatte. »Das ist ein weiter Weg von St. James’ für einen Anstandsbesuch.«
    »Mit einem so feinen Gespann kommt einem kein Weg weit vor.« Er ließ die Zügel schnellen und schnalzte, als sich eine Lücke im Verkehr auftat. »Dein Mann wird mir zustimmen.« Er spürte ihre Enttäuschung ob seiner Flucht ins Scherzhafte, verspürte sogar selbst so etwas wie Trauer darüber, dass er sich ihr nicht anvertrauen konnte. Doch wie sollte er ihr jemals erklären, was er dieser Frau schuldete? Also wand er sich die Zügel um die Hand und konzentrierte sich auf den Verkehr.
    Die fünfzehn Minuten vergingen, Gott sei Dank, recht schnell. Nicht, dass es an Mrs Talbot irgendetwas auszusetzen gegeben hätte. Er konnte sich sogar gut vorstellen, wie ein Soldat Kraft daraus schöpfen konnte, sich auf eine Heimkehr zu ihr zu freuen. Zu ihrer sanften Anmut, ihrer warmen, unaffektierten Freundlichkeit und ihren lieben hellblauen Augen.
    Sie zeigte das Kind vor, das Martha auch gebührend bewunderte. »Er sieht seinem Vater ähnlich, nehme ich an?«, fragte sie, nachdem sie ihm über die ungeschorenen goldbraunen Locken gestrichen hatte.
    »Wie aus dem Gesicht geschnitten. Hoffentlich bleibt es so. Von meinem Mann gibt es nicht einmal ein Miniaturporträt. Jamey ist alles, was ich habe.« Mrs Talbot blickte von ihrem Kind zu Martha hinüber und setzte so abrupt ein Lächeln auf, dass ihre Trauer nicht zu übersehen war.
    Will wandte den Blick ab und sah auf seine Hände. Nein. Auf das Sofakissen. Blauer Brokat, so abgenutzt, dass stellenweise fast schon die Füllung durchschien.
    »Er hat zwar kein Bild hinterlassen, aber eine stattliche Summe Geld, die der Junge bekommt, wenn er volljährig wird. Das Glück haben nicht viele Kinder.« Das war die andere Mrs Talbot, Frau seines Bruders und Mutter mehrerer Kinder, die nicht das Glück gehabt hatten, ihren Vater zu verlieren und früh auf eigenen Füßen stehen zu dürfen. »Ein Jammer, dass er es nicht so angelegt hat, dass Mrs Talbot herankommen kann, um sich an der Miete und den anderen Ausgaben zu beteiligen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der auch nur die geringste Selbstachtung hat, gern von Almosen lebt.«
    »Wenn ich von dem Geld gewusst hätte, hätte ich ihn darum gebeten«, sagte die Witwe und errötete. »Aber über dergleichen Dinge haben wir nicht gesprochen.« Ihre stocksteife Haltung sprach Bände. Vermutlich hatte sie sich noch keine zwei Sekunden lang entspannt, seit sie in dieses Haus gekommen war, wo man sie an jeder Ecke daran erinnerte, welch eine Last sie und Jamey waren.
    Er betrachtete wieder das alte Kissen und fuhr mit dem Finger über das Blumenmuster im Damast. Herrgott, wie er diese Hilflosigkeit hasste! Sie musste von hier fortgebracht werden, in ein eigenes Haus, doch das stand nicht in seiner Macht, und er konnte auch nicht sagen, wann es in seiner Macht stehen würde.
    Der Rest des Besuchs drehte sich um Kleinkinder und ihre Eigenarten, insbesondere darum, wann mit den ersten Zähnen zu rechnen war, und endlich war die Viertelstunde um und es war Zeit, sich zu verabschieden.
    »Wie ist ihr Mann gestorben?«, fragte Martha, als Will in die Kutsche kletterte. Auf einmal musste er sich darauf konzentrieren, nicht zu straucheln.
    »In Waterloo. Ich kann nicht …« Er setzte sich, griff nach den Zügeln und wandte sich halb zu ihr um. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du seine Wunden im Detail beschrieben haben möchtest.«
    »Wunden.« Sie überlegte. »Es war also kein schneller Tod?«
    »Nein. Das war es nicht.« Mit weiteren Einzelheiten brauchte er sie nicht zu belasten. Besser, sie wusste nicht, wie lange man noch aushalten konnte, ein elendes Stück Unrat, auf das weder das Leben noch der Tod besonders enthusiastisch Anspruch erhoben. »Aber ich habe Mrs Talbot etwas anderes erzählt.« Er ließ die Zügel schnalzen und die Pferde setzten sich in Bewegung.
    Sie haben getan, was Sie konnten
, hatte der Feldscher gesagt.
Es hätte womöglich genauso geendet.
Er hatte sich die Worte so oft vorgesagt. Warum konnte er nie Absolution darin vernehmen?
    »Das war gut von dir.« Das Lob seiner Schwester fühlte sich an wie Stecknadeln, mit denen auf ihn eingestochen wurde. »Sie war dankbar für den Besuch, das hat man gesehen. Vermutlich fristet sie ein ziemlich tristes Dasein, so eingeengt, und mit dieser unangenehmen Schwägerin.« Aus den

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