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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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»Gestern hast du Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, um sie zu bekommen. Wozu, wenn du kurz vor der Ziellinie kneifst?«
    »Sie hat gekniffen.« Er sollte sich wohl besser daran gewöhnen, diese Geschichte zu erzählen. »Die Situation hat ihr nicht zugesagt, oder vielleicht sage ich ihr nicht zu. Jedenfalls war sie unwillig, und ich hab’s nicht so mit Gewalt.« Er brachte die Worte viel leichter über die Lippen als Roanoke gegenüber. »In Anbetracht dessen habe ich mich entschlossen, ihren Beschützer wissen zu lassen, dass sie ihm nicht untreu gewesen ist.«
    »Dein Ehrgefühl macht dich lächerlich, Blackshear.« Er ruckte das Kinn in Richtung Kieferknochen, der zufrieden sein gebuttertes Brötchen verspeiste. »Er hat überall herumerzählt, was er gestern Nacht getrieben hat. Findest du wirklich, er verdient es, in der Gewissheit, dass seine Mätresse ihm treu ergeben ist, ruhig schlafen zu können?«
    »Ich habe getan, was ich für das Beste für sie hielt. Was
er
verdient, tut nichts zur Sache.« Will zuckte die Schultern und nahm noch einen Bissen Schinken, der Inbegriff eines Mannes, der nur seinem Gewissen folgt, ohne Rücksicht auf die anderen Beteiligten. Er sah ganz und gar nicht wie ein Mann aus, der den ganzen Vormittag damit verbracht hatte, gegen die Bedürfnisse seines Körpers anzukämpfen, um nicht zu verspielen, was er vom Vertrauen einer Dame gewonnen hatte.
    Sie war nicht von ihm weggerückt, als sie aufgewacht war, obwohl sie seinen Zustand bemerkt haben musste. Sie wusste, dass er sie begehrte, doch sie vertraute – jawohl,
vertraute
– darauf, dass er seine Begierde nicht in Taten umsetzen würde. Wie könnte er, wenn ihre Albträume und ihre Lebensgeschichte ihm noch in so frischer Erinnerung waren? Kätzchen in Not oder nicht, sie verdiente es, eine zuvorkommende Behandlung zu erfahren. Sie verdiente eine Nacht und einen Morgen, ohne dass ein Mann Ansprüche an sie stellte.
    Das hatte er ihr gegeben. Kieferknochen konnte ihr so etwas niemals geben. Und sie hatte ihm dafür die tiefe Befriedigung geschenkt, sie beruhigen zu dürfen, ihr Grauen zu besänftigen und sich zwischen sie und ihre schrecklichen Träume zu stellen.
    »Wirst du den Kuchen essen, oder hast du vor, dahinzuschmachten, bis du umfällst? Ich wage zu behaupten, das wäre verlorene Liebesmüh.« Cathcarts Stimme brachte ihn zurück in seine unmittelbare Umgebung – Tisch, Teller, Gabel auf halbem Wege zum Mund. Will schüttelte den Tagtraum ab und aß seinen Pflaumenkuchen.

15
    »Langsam glaube ich« – Eliza ließ den Schläger gegen den Federball prallen – »er hat unnatürliche Neigungen!« Sie hatte die Stimme erhoben, um am anderen Ende des Flurs noch gehört zu werden, und der Aufprall verlieh ihren Worten zusätzlichen Nachdruck. »Welcher Mann holt sich eine Frau ins Bett, nur um dann auf dem Boden zu schlafen?«
    »Das hat Lydia doch schon erklärt. Sie hat ihn abgewiesen, also hat er sie nicht angerührt.« Maria verzichtete darauf, den Ball zurückzuschlagen, da er zu nah am Porträt eines Roanoke-Vorfahren mit eindrucksvoller gepuderter Perücke vorbeiflog. Sie trat ein Stück zur Seite, als der Ball zu Boden fiel. »Sind wir denn wirklich so wenig überzeugt von dem, was uns zusteht, dass wir uns wundern, wenn ein Mann sie in einer solchen Situation nicht vergewaltigt?«
    »Zwischen vergewaltigen und gleich bei der ersten Abfuhr aufgeben liegt aber noch einiges dazwischen.« Mit der freien Hand raffte Eliza die Röcke, um notfalls dem Ball hinterherrennen zu können. »Wenn er sie wirklich gewollt hätte, hätte er doch versucht, sie umzustimmen. Sie zu verführen.« Sie wandte sich an Lydia. »Bist du ganz sicher, dass er das nicht versucht hat? Hat er wirklich überhaupt nicht versucht, dich zu überreden? Oder wenigstens sympathisch zu wirken?«
    »Na ja, er war freundlich zu mir.« Lydia hob den Ball auf und machte ihre Angabe. »Respektvoll. Und er hat keinen Versuch gemacht, mich zu überreden.«
    »Und
das
macht ihn sympathischer als alles, was ein Mann sonst tun kann.« Maria stand vor einem der hohen Fenster der Galerie, den Schläger über die Schulter gelegt wie einen eleganten Sonnenschirm, und sah den beiden bei ihrem Ballwechsel zu. »Sie hat Nein gesagt, und er ist
nicht
davon ausgegangen, dass er ihr nur gut zuzureden braucht. Er hat ihr zugestanden, zu wissen, was sie will. Ein Jammer, dass er kein Geld hat. Von so jemandem ausgehalten zu werden, das wäre schon ein verdammt

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