Das Versprechen des Architekten
Allerdings hat er esfertiggebracht, sein Leben in den Dienst von etwas zu stellen, das ihm keinerlei persönlichen Nutzen eingebracht hat und ihn im Gegenteil dazu zwang, sich auf einer Kante zu bewegen, wo er mit jedem Tag seine Existenz und sein Leben riskierte. Der typische Dienst an etwas, das ihn überragte. Beziehungsweise hat in formaler Hinsicht sein Tun alle Züge eines Sich-selber-Aufopferns gehabt, und es war auch eine Art Aufstand gegen die totalitäre Destruktion. Ich kann Modráček ein gewisses Moralbewusstsein und ethische Potenz nicht absprechen. Aber Rache gehört von jeher zum Schlimmsten, dem der Mensch verfallen kann. Und so ist es kein Wunder, dass sich auf sein Versprechen mit der Zeit eine ganze böse Serie draufgepackt hat. Dieser wahnsinnige Einfall mit der „unterirdischen Stadt“, und Menschen zu jagen zum Zwecke ihrer Rettung vor der Außenwelt, eigentlich unten eine Art Spiegel dessen, was oben war, zu schaffen, um dann …
Aber das beendete Luděk nicht mehr, weil der Aufzug schon eine Weile in ihrem Stockwerk stand und unten jemand wütend gegen den Aufzugschacht zu hämmern begonnen hatte. Luděk, den von aggressivem Lärm (die Fenster zur Straße öffnete er immer erst nach Mitternacht) schon von Kindheit an geradezu panisches Entsetzen befiel, schob Petra schnell hinaus und lief ihr nach, während der Aufzug, nachdem die Tür zugeklappt war, wieder langsam hinabzusinken begann.
POST COITUM
In der nächtlichen Dunkelheit flimmert nur das Kontrolllämpchen vom Monitor und aus der Küche ist das Brummen des Kühlschranks zu hören. Petra setzt sich auf und schiebt das riesige Kissen, das Luděk ihr untergeschoben hat, um ihr Becken anzuheben, jetzt hinter ihren Rücken.
Was ist? Was ist los?
Nichts. Das heißt, ich wollt’ was fragen. Der Trick, den der Herr Architekt zum Einfangen seiner Mieter benutzte, war doch nicht verwendbar, um Frauen einzufangen. Die hätte er mit der Besichtigung irgendeines Kellergewölbes nicht ködern können.
Also das beschäftigt dich? Nun, die Näherin Milada zum Beispiel hatte zu Hause eine illegale Schneiderwerkstatt. Wenn sie von der Arbeit in der Textilfabrik in der Cejl zurückkam, nähte sie noch schwarz für die sozialistischen Damen. Und Modráček lud sie zu sich nach Hause ein, seine Frau benötige ein Abendkleid, habe aber nicht die Zeit, bis zu ihr nach Horní Heršpice zu kommen, wo Milada ihren „Schneidersalon“ hatte. Und auf diese Weise hat er sie in die Běhounská gekriegt und hinters Tor, und dort verfuhr er mit ihr schon wie mit seinen männlichen Beutestücken. Und er wusste, dass bei ihr nicht die Gefahr bestand, dass sie jemandem anvertraut hätte, wen sie besuchen würde, weil sie kein großes Tamtam um ihre Schwarzarbeit machte.
Und Irena zum Beispiel?
Sie war Beamtin in der Bauabteilung. Er spionierte aus, wann und auf welchem Weg sie zur Arbeit ging. Und als sie durch die Běhounská ging, weil sie früher oderspäter diese Verbindungslinie zwischen Freiheitsplatz und Jakobsplatz benützen musste, traf er sie dort wie durch Zufall und erwähnte, er arbeite jetzt am Projekt einer weiteren sozialistischen neoklassizistischen Siedlung. Aber diesmal mit dem Staatskünstler und Architekten Jiří Kroha. Erstklassige Wohnhäuser. Das wird ein Ereignis im sozialistischen Aufbau. Die kapitalistischen Banausen werden vor Neid erblassen, was wir hier können. Ich hab’ das Ganze hier bei mir auf dem Reißbrett, ja, ich wohne hier, vorläufig ist es sozusagen streng geheim, aber Ihnen würde ich es, ja meinetwegen gleich jetzt, Sie würden es, Genossin, als Erste sehen …
Mich konsterniert dabei aber immer noch die Leichtigkeit, mit der sich das alles abgespielt hat.
Aber so war es immer und ist es immer noch. Wir haben hier schon von diesem Josef Fritzl aus Österreich gesprochen, der sich im Keller eine ganze Festung für seine Inzestgelüste gebaut hat. Und außerdem konnten die sozialistischen Polizisten, die Bullen, in dieser Zeit tatsächlich nichts anderes als sogenannte Klassenfeinde festnehmen. Ansonsten waren sie blind und taub.
Luděk, es ist bereits acht Minuten nach Mitternacht. Darf ich jetzt das Fenster öffnen?
Klar.
Und Petra schlüpft aus dem Bett und läuft nackt zum Fenster. Aber der Erzähler, der daran schon Gefallen gefunden hat, legt ihr jetzt in dieser Dunkelheit einen Reißnagel in den Weg. Mit der Spitze nach oben.
FATUM FATUUM
Pater Klenovský sitzt dort, die Hände mit den Handflächen
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