Das Versprechen Des Himmels
denen die Fäuste und die Messer locker sitzen und denen es Spaß macht, Frauen härter anzufassen, wißt Ihr? Falls sie es hier versuchen, werden sie es bitter bereuen!« Sie tätschelte die Waffe durch ihr dünnes Gewand.
»Vertreibt Ihr damit nicht eure üblichen Freier?« fragte er leicht amüsiert.
»Ist in dieser Dunkelheit leicht zu verstecken«, antwortete sie schwach grinsend. »Aber immer in Griffweite.«
Sie traten aus dem Gebüsch auf den Weg. Wieder führte Dayrne ihre Hand an die Lippen. »Ich werde versuchen zu helfen«, versprach er, ehe er sich zum Gehen wandte. Er blickte über die Schulter, doch sie folgte ihm nicht. Als er sich ein zweites Mal umdrehte, war sie nicht mehr zu sehen. Asphodel kannte den Park viel besser als er.
Freistatt, dachte er. Himmlisches Versprechen. So viele spaßige Namen für eine Stadt ohne Humor.
Sonnenschein schimmerte um Daphne, als sie am Tor an der Hauptstraße aus ihrer Sänfte stieg. Sie hatte sich auf dieses Treffen vorbereitet und ihr Lieblingsgewand aus blauer Seide angezogen. Der Rock war verführerisch bis zur rechten Hüfte geschlitzt, es hatte einen sehr tiefen Ausschnitt und war ärmellos. Sie hatte Stunden damit zugebracht, ihr Haar aufzutürmen und mit Spangen aus Gold und Perlmutt festzustecken. An den kleinen Füßen trug sie silberne Sandalen, und sie hatte sich mit teurem Parfüm betupft, das nach den hier seltenen Zitrusfrüchten duftete.
Sie war nicht so umwerfend wie Chenaya, aber sie war schön. Und ehe sie sich mit der Scheidung einverstanden erklärte, würde Kadakithis das bestätigen müssen, ebenso Shupansea, die ihren Platz an seiner Seite wollte.
Sie wandte sich an Leyn und Ouijen, die die Sänfte vorn trugen. »Danke, Brüder«, sagte sie formell zu den zwei Gladiatoren. Sie hatten ihr oft beim Training geholfen, und sie empfand große Achtung für sie. Es erfüllte sie mit Stolz, daß die beiden ihr angeboten hatten, sie heute zu tragen. Die zwei an den hinteren Sänftenstangen waren neue Männer. Sie kannte ihre Namen nicht, aber wenn Dayrne sie ausgesucht hatte, verdienten auch sie ihren Respekt. Sie verneigte sich anmutig. »Habt Dank für die Ehre, die ihr mir erwiesen habt.«
»Wir werden hier auf Euch warten«, erklärte Leyn. Dann grinste er. »Gebt ihnen einen Vorgeschmack der Hölle.«
Er war ein schöner Mann. Von Savankala mit dem gleichen Goldhaar gesegnet wie Chenaya, groß, stark, mit der Statur einer klassischen Statue, wie offenbar nur Gladiatorentraining sie geben konnte. Sie blickte in seine tiefblauen Augen und lächelte fast traurig. Warum war es nicht Leyn, den sie liebte?
»Ich werde versuchen, euch nicht zu lange in dieser Sonne warten zu lassen«, entgegnete sie. »Und einen Vorgeschmack der Hölle? Ich werde ihnen ein ganzes Bankett zu verdauen geben.« Sie schnitt eine Grimasse, die sich jedoch rasch in eine Unschuldsmiene verwandelte. »Ich bin ja nur eine süße, langweilige kleine Prinzessin aus Ranke.« Doch während sie das sagte, zog sie einen Finger über ihre Kehle und deutete mit den Daumen nach unten.
Sie lachten mit ihr, daß die Leute, die auf der Hauptstraße ihren morgendlichen Geschäften nachgingen, erstaunt aufblickten. Dann trat Daphne durch das Tor, überquerte den Vashankaplatz und betrat die Gerichtshalle.
Sie war leer. Kadakithis hatte längst aufgegeben, den Eindruck zu erwecken, er regiere die Stadt noch selbst. Es kam nur mehr selten vor, daß er überhaupt eine Audienz gab. An der untersten Stufe eines hohen Podests hielt sie kurz an. Auf dem Podest stand der Thron, von dem aus der Prinz einst Gericht gehalten hatte.
Einen Augenblick schwand ihre Entschlossenheit. Sie sank auf ein Knie, blickte hinauf und entsann sich, wie sie mit ihrem Gemahl in dieser götterverdammten Stadt angekommen war. Kadakithis war damals so voller Ideale gewesen. Er quoll fast über von Plänen und guten Vorsätzen, etwas Ordentliches aus dieser schmutzigen Stadt zu machen, deren Regentschaft ihm sein Halbbruder, Kaiser Abakithis, anvertraut hatte. Zu jener Zeit hatte sie ihn geliebt, ja ihm sogar den Harem vergeben, den er von Ranke mitgebracht hatte. Und sie hatte seine Ideale und Träume mit ihm geteilt. Vor allem war sie glücklich darüber gewesen, wie sehr diese Verantwortung ihn verändert hatte.
Doch nichts war von Dauer gewesen. Die Ideale waren zersplittert wie Glas. Kadakithis hatte seine Herrschaft so kampflos abgegeben, erst an Shupansea und ihre Beysiber, dann an Molin Fackelhalter
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