Das Versprechen des Opals
und ihre Körper verschmolzen miteinander. Das alles prägten sie sich bewusst ein, und sie liebten einander, bis die Morgendämmerung graue Schatten in die Ecken des Zimmers warf.
Ihr Flüstern verstummte. Sie lagen einander erschöpft in den Armen und beobachteten, wie die ersten Sonnenstrahlen durch die Läden fielen. Miriam wusste, dass er ebenso litt wie sie, wusste, sie würde niemals verlangen, dass er bei ihr blieb – wusste, dass er zurückkommen musste. Denn eine Liebe wie diese konnte nicht auf dem Schlachtfeld ausgelöscht werden. Sie war zu stark.
In den Sonnenstrahlen tanzten Stäubchen wie ockergelbes Konfetti. Der Lärm, der von der Straße heraufschallte, sagte ihnen, dass es Zeit wurde, diesen Hafen zu verlassen und dem schrecklichen Tag ins Auge zu sehen.
Widerstrebend zog Edward den Arm unter ihrem Kopf hervor und schlug die Decke zurück. Nackt stand er auf und nahm Chloe aus ihrem Korb neben dem Bett. Er schmiegte sie an seine Brust, atmete ihren warmen Duft und genoss die schläfrige Schwere ihres Kopfes an seiner Schulter und denGriff ihrer kleinen Finger an seinem Daumen. Er küsste den flaumigen Kopf und murmelte liebevolle Worte, und dabei funkelten Tränen an seinen Wimpern.
Miriam saß im Bett, das noch warm war von ihrer Liebe; die Tränen strömten unauf haltsam über ihre Wangen. Sie liebte ihn so sehr, dass es körperlich wehtat. Seit ihrer Hochzeit waren sie nie voneinander getrennt gewesen. Wie sollte sie ohne ihn leben, wenn es doch Monate dauern konnte, bis er wieder nach Hause kam? Wie konnte sie allein auf Bellbird sein, ohne ihn an jeder Ecke, auf jeder Koppel, in jedem Stall zu sehen? Es war eine niederschmetternde Aussicht, und es erforderte ihre ganze Willenskraft, nicht laut aufzuschreien und ihn anzuflehen, er möge es sich noch einmal überlegen.
Edward übergab ihr Chloe und goss Wasser aus dem Krug in die Schüssel. Er schäumte den Pinsel ein und fing dann an, sich zu rasieren. Seine Hand war nicht so sicher wie sonst, und auch das Zucken in seiner Wange verriet seine innere Anspannung.
Miriam sah zu, wie er sich anzog, und stillte das Baby. Ihr Haar verbarg ihr Gesicht und fiel wie ein Schleier auf ihre Schulter. Diese Anspannung – war es Nervosität oder Aufregung? Sie fragte ihn nicht. Edward hatte selbst seelische Kämpfe auszufechten, und es wäre nicht fair, ihn auch noch mit ihren zu belasten.
Sie hatte sich das Haar mit einem Band zurückgebunden und wollte eben aufstehen, als Edward die Hand hob.
»Bitte geh nicht mit mir hinunter«, bat er. Er setzte sich auf die Bettkante, liebkoste eine Strähne ihres Haars und ließ sie dann auf ihre Brust fallen. »Ich will dir nicht vor hundert anderen auf Wiedersehen sagen«, murmelte er. »Diese Zeit gehört uns allein, die letzten wenigen Augenblicke, die wir miteinander verbringen können, und ich will sie mit niemandem teilen.«
Miriam schlang ihm die Arme um den Hals, und er küsste sie. Wieder stieg das Verlangen nach ihm in ihr auf, und sie klammerte sich fest an ihn. Sie wollte seinen Geruch mitnehmen, das Gefühl seiner Arme, den Anblick seiner Haare, die sich unter den Ohren kräuselten. Noch einmal musste sie seinen Herzschlag hören, seine Wärme und seine Kraft spüren.
Nur zu bald löste er sich von ihr. Dann stand er in seiner schmucken Uniform vor ihr. Sein Haar glänzte unter dem braunen Barett, aber seine blauen Augen waren dunkel vom Schmerz, und er war aschgrau im Gesicht. »Es ist Zeit«, flüsterte er.
Miriam sprang hastig aus dem Bett, nackt bis auf das Band in ihrem Haar. Sanft zog er sie in seine Arme, und dann umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen und küsste sie heftig, immer gieriger, als wolle er sie verschlingen. Dann war er fort.
Miriam fuhr zusammen, als die Tür hinter ihm zuschlug. Sie stand inmitten der tanzenden Stäubchen, allein und verlassen, und hörte das Poltern seiner Stiefel auf der Treppe.
Tief und bebend atmete sie ein und begann sich anzuziehen. Sie nestelte an den Knöpfen ihrer Bluse, fluchte über ihr verheddertes Haar und kämpfte schließlich mit den Stiefeln. Dann nahm sie Chloe vom Bett und öffnete die Lamellentür. Edward hatte sie gebeten, nicht mit ihm hinunterzugehen, aber dass sie nicht auf die Veranda gehen sollte, hatte er nicht gesagt – und sie konnte nicht einfach hier im Zimmer sitzen und warten, bis er fort war. Sie musste ihn noch einmal sehen.
Auf der Veranda hoch über der Hauptstraße hatte sie einen guten Blick auf das
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