Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
Vom Netzwerk:
bis sein Fell in der frühen Morgensonne glänzte, und sie hörte das Klirren des Geschirrs bis ins Schlafzimmer.
    Miriam stand vor dem Spiegel und betrachtete sich. Der lange Rock und die adrette kurze Jacke waren blassgrau – einekatastrophale Farbe für die weite, staubige Reise, die vor ihr lag, aber es war ihr bestes Kostüm, und sie wollte für Edward hübsch aussehen. Sie schüttelte den Spitzenbesatz auf, der wie ein Wasserfall von ihrem Kragen floss, steckte dann die Kamee an, die Kate gehört hatte, und befestigte die Perlenstecker an ihren Ohrläppchen.
    Edward erschien hinter ihr und schlang die Arme um ihre Taille, sodass sie sich an ihn lehnen musste. Er küsste sie aufs Ohr. »Du siehst schöner aus als an unserem Hochzeitstag«, flüsterte er.
    Miriam schloss die Augen. Sie wollte jetzt nicht weinen. Der Abschied fiel ihm schwer genug, und wenn er sähe, wie traurig sie war, würde es alles nur noch schlimmer machen. »Du wirst mir fehlen«, antwortete sie leise. »Versprich mir, dass du auf dich Acht gibst und so schnell wie möglich zurückkommst.«
    Er drehte sie um und schaute ihr in die Augen. »Ich verspreche dir, dass ich niemals aufhören werde, dich zu lieben.« Er küsste sie auf die Nasenspitze. »Aber jetzt komm, sonst sind wir niemals rechtzeitig in Baringun.«
    Miriam nahm Chloe auf den Arm, und sie gingen aus dem Haus. Sie hatte wohl gemerkt, dass er ihr ausgewichen war, aber sie sagte nichts dazu. Wie konnte er ein solches Versprechen auch geben, wenn allein das Schicksal den Schlüssel zu ihrer Zukunft in Händen hielt?
    Das Pferd stampfte und schnaubte in der Morgenkühle des Outback, und Frank hielt es fest am Zügel, damit es nicht losstürmte. »Morgen«, brummte er. »Schätze, es wird trocken bleiben unterwegs.«
    Miriam nahm seine Hand. Auch Frank würde bald fortgehen, und abgesehen von ein paar älteren Männern wären dann nur noch Frauen und Kinder auf Bellbird, bis der Krieg zu Ende war. »Wann gehst du , Frank?«
    Er nahm den Hut ab und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Schätze, nächste Woche. Ich und die Missus fahren für ’n paar Tage runter nach Burke zu ihrer Familie, und dann mach ich mich allein auf nach Baringun.«
    Miriam kletterte auf den Buggy. Ihre Gefühle waren in solchem Aufruhr, dass sie nicht mehr sprechen konnte. Sie legte Chloe in den großen Korb auf dem Boden und schaute unter Tränen zu, wie die beiden Männer einander die Hand schüttelten.
    »Bis bald«, brummte Frank.
    Edward nickte, und in seinem braunen Haar blinkten kupferrote Reflexe. »Bis bald«, antwortete er.
    Franks Frau Gladys trat aus dem Haus, ein Baby auf jeder Hüfte, und die Älteste spähte hinter ihrem Rock hervor. Sie zog ein Taschentuch aus dem Rockbund und betupfte sich die Nase. Dann winkte sie kurz und verschwand wieder.
    Edward stieg zu Miriam auf den Bock und nahm die Zügel. Er blieb eine ganze Weile regungslos sitzen und betrachtete das Haus, den Hof, die Koppeln und Stallungen, bevor er wortlos mit den Zügeln klatschte, und schon waren sie unterwegs. Die Fahrt nach Baringun würde den ganzen Tag dauern.
    Die Sonne ging schon unter, als sie schließlich auf die unbefestigte Straße zum Hotel einbogen. Zu beiden Seiten der Straße brannten Fackeln und warfen ein gespenstisch tanzendes Licht über die wimmelnde Menschenmenge. Girlanden flatterten fröhlich im Wind, und den Lärm in der Hotelbar hörte man bis ans andere Ende der Straße. Frauen hielten Transparente in die Höhe, auf denen sie die Männer zum Kampf für die Fahne – den britischen Union Jack – anfeuerten, und warnten mit lauter Stimme vor den Dämonen des Alkohols und der Feigheit. In jedem Fenster stand ein Bild des Königs.
    Edward lenkte das Pferd um das Hotel herum zum Stall,und sie stiegen ab. Ein Knecht spannte das Tier aus, ließ es aus einem Eimer Wasser saufen und den Schweiß der langen Reise abschütteln. Edward klopfte ihm den Hals und zerzauste seine Mähne zum Abschied. Er gab dem Pferdeknecht einen Shilling und schärfte ihm ein, das Pferd gründlich abzureiben und ihm nur den besten Hafer zu fressen zu geben. Dann wandte er sich ab, hob den Korb mit Chloe aus dem Wagen, nahm Miriam fest bei der Hand und führte sie ins Hotel.
    In dieser Nacht liebten sie einander sanft und zärtlich, eine Nacht von schmerzlicher Kostbarkeit. Sie klammerten sich aneinander und fanden Kraft in diesem Zusammensein. Sie flüsterten und küssten sich im Dunkeln, berührten und rochen einander,

Weitere Kostenlose Bücher