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Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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riskiere ich.«
    Er ließ sie los und wich zurück. Sie sah prachtvoll aus in ihrer trotzigen Haltung, mit den blitzenden Augen und roten Wangen. Wenn sie wüsste, wie sehr er sie begehrte, wie sehr er sie liebte! »Ich wette, Henry würdest du nicht so wegschicken«, knurrte er.
    Sie hob den Kopf und straffte die Schultern. »Henry ist ein Gentleman«, erwiderte sie. »Er würde sich niemals solche Freiheiten herausnehmen.«
    So stand es also. Eifersucht durchzuckte ihn, und er musste die Zähne zusammenbeißen und die Fäuste ballen, um sie nicht noch einmal zu packen. »Henry ist ein Narr«, stieß er hervor.
    »Narr oder nicht, ich ziehe es vor, in Zukunft alle Geschäfte mit ihm zu machen. Lass dich hier nicht wieder blicken, Paddy.«
    Er wusste nicht, was er tun sollte. Er hatte sein Gesicht verloren, hatte keine Chance mehr, diese Frau je zu bekommen – und jetzt musste er auch noch den Gedanken ertragen, dass Henry sie hatte. »Das wird dir noch Leid tun, Kate Kelly«, grollte er. »Niemand springt so mit Paddy Dempster um.«
    Henry konnte sich nicht erklären, warum Paddy so schlecht gelaunt war. Dann hörte er, dass Kate da war, und er begriffsogleich, dass Paddy wiederum nicht zum Ziel gekommen war. Eilig lief er zu dem Zelt am Rand der Mine und rief ihren Namen.
    Kate erschien zwischen den Zeltbahnen, und Henry fühlte, dass sein Mund trocken wurde. Die Worte erstarben ihm auf den Lippen. So standen sie einander im schwindenden Tageslicht gegenüber und verschlangen einander schweigend mit den Augen.
    Sie ist schön, dachte er und betrachtete die schlanke Gestalt, das sonnengebräunte Gesicht und die dunklen Augen, bestaunte das glänzende schwarze Haar, das im Nacken zu einem prachtvollen Knoten gebändigt war. Kate war in den zurückliegenden Jahren zu einer selbstsicheren Frau geworden.
    Aber was muss sie von mir denken? Seine rauen Hände kneteten den unansehnlichen Hut, als ihm klar wurde, wie weit er seit ihrer letzten Begegnung gereist war. Er wusste nur zu gut, dass seine Kleider schmutzig und zerlumpt und seine Hände hässlich waren vom tief eingewachsenen Schmutz der Arbeit in der Mine. Er befühlte seinen struppigen Bart und strich sich nervös über die schulterlangen Haare. Und er konnte den eigenen Schweiß riechen – einen stechenden Geruch, der ihn daran erinnerte, wie sehr er heruntergekommen war, seit er Port Philip verlassen hatte.
    »Henry?« Zögernd machte Kate einen Schritt auf ihn zu. »Henry, bist das wirklich du unter all den Haaren?«
    Er versuchte unbekümmert zu lächeln, spürte jedoch, dass die Scham ihm heiß ins Gesicht stieg. Er konnte ihr nicht in die Augen schauen. »Zu deinen Diensten, Kate«, sagte er mit einer steifen Verbeugung. »Ich bitte um Entschuldigung für mein Äußeres.«
    »Ach, da habe ich schon Schlimmeres gesehen.« Sie zuckte wegwerfend die Achseln, und dann schlang sie ihm so energischdie Arme um den Hals, dass sie ihn beinahe umgerissen hätte. »Es ist so schön, dich wiederzusehen«, sagte sie lachend.
    Sie lösten sich voneinander und waren plötzlich beide verlegen. »Das Teewasser kocht«, erklärte Kate strahlend. »Setz dich und erzähl mir alles, während wir ein Tässchen zusammen trinken. Wie geht es Miriam? Hast du noch Zeit zum Malen? Hast du schon einen Topf voll Gold gefunden?«
    Henry strich sich über den Bart, um sein Lächeln zu verbergen. Kate hatte sich nicht verändert – trotz ihrer eleganten Frisur und den feinen Kleidern. Sie war immer noch voller Tatkraft, noch immer betörend mit ihrer nahezu kindlichen Neugier und Lebensfreude. Als sie mit geübten Händen den Kessel vom Haken über dem Feuer nahm, bemerkte er, dass sie keinen Ehering trug. Er rechnete kurz: Sie musste inzwischen neunundzwanzig oder sogar dreißig sein. Warum hatte sie sich für dieses Leben entschieden und nie geheiratet?
    Ihre Blicke trafen sich über den dampfenden Tassen. »Ich sehe die Fragen in deinen Augen, Henry Beecham, aber ich werde dir nichts erzählen, ehe du mir geantwortet hast. Wie geht es Miriam?«
    Henry lächelte. »Frag sie doch selbst. Sie ist drüben und streichelt deine Maultiere.«
    Miriam trank ihren zweiten Brandy aus und lehnte sich im Sessel zurück. »Ich erinnere mich noch genau an diesen Tag«, sagte sie. »Es war am Vorabend meines zwölften Geburtstags.«
    Sie dachte an die rostbraune Erde und an die sepiafarbenen Zelthütten unter staubigen Bäumen, deren Zweige in der Hitze welkten. In der Luft hing der Schwefelgeruch

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