Das Versprechen des Opals
wie er selbst. Sollte er durch irgendein Missgeschick alles verlieren, was er besaß, würde sie ihn verlassen, ohne einen Blick zurück zu werfen. So führten sie eine aufregende Ehe, denn beide liebten den Reiz von Macht und Geld, und ihr Sexualleben war wie Dynamit.
Seine Mutter war unterdessen in ein Gespräch mit einem Minister vertieft. Mit ihren dreiundsiebzig Jahren war sie eine vollendete Gastgeberin; sie besaß die Haltung und die erlesenen Manieren einer Matriarchin. Der Glanz ihres Haars war im Laufe der Jahre ein wenig verblasst, aber sie hatte sich nie dazu herabgelassen, es zu färben: Sie gedachte mit Würde zualtern. Sie trug es kurz geschnitten und zurückgekämmt, was die scharfen Wangenknochen und die nussbraunen Augen zur Geltung brachte. Smaragde funkelten an ihren Ohrläppchen und an ihrem Hals, und das cremefarbene Seidenkleid betonte eine makellose Haut und eine Figur, um die sie von zehn Jahre jüngeren Frauen beneidet wurde. Niemand würde vermuten, dass sie als Kind solche Strapazen erlitten hatte.
Brendt trank ihr zu und lächelte dabei. Sie war die Tochter ihres Vaters. Hinter einer sanften Entschlossenheit und einer Hartnäckigkeit, die immer wieder Bewunderung weckte, verbarg sich ein skrupelloser Ehrgeiz. Ihr Urteil war unfehlbar, denn sie ließ sich bei ihren Entscheidungen niemals von Emotionen leiten. Schon vor dem Tod des Alten war sie Brendts Mentorin geworden, die ihn angeleitet hatte – der Fels, auf den die Dynastie gegründet war. In ihm, ihrem ältesten Sohn, hatte sie gesehen, was ihren anderen Kindern fehlte, nämlich ihren eigenen Siegeswillen, ihren gierigen Blick für jede Gelegenheit, ihre Konkurrenten zu schlagen.
Brendt nippte an seinem Champagner, während er sie beobachtete. Mutter hatte jung geheiratet. Vater war ein reicher Grundstücks- und Immobilienunternehmer gewesen, der zahlreiche Eisen im Feuer gehabt hatte, als er mit zweiunddreißig Jahren einem Herzinfarkt erlag. Seine Mutter hatte nicht wieder geheiratet, aber Brendt vermutete, dass sie sich immer noch hin und wieder einen Liebhaber nahm. Nach der Trauerzeit hatte sie Vaters Imperium mit geschickter Hand übernommen und zu weiterer Blüte gebracht. Sie war eine reiche Frau und hätte sich schon vor Jahren zur Ruhe setzen können. Aber die harten Bandagen des Geschäftslebens reizten sie noch immer, und Brendt wusste, dass sie sich eben damit jung hielt.
Er dachte an die geheimen Akten, die sie über ihre Geschäftspartner angelegt hatten, und während er seinen Champagnerschlürfte, ließ er den Blick über die Gäste wandern und stellte im Geiste eine Liste ihrer Verfehlungen auf. Zwei heimliche Alkoholiker – inzwischen trocken, aber voller Angst, dass es doch noch herauskommen könnte. Ein Drogensüchtiger – frisch aus der Entziehungskur, aber immer noch nicht clean. Zwei Banker mit einem kostspieligen Lebensstil, den ihre Einkünfte nicht deckten. Zwei erfolgreiche Unternehmer mit mehr als flüchtigen Beziehungen zur russischen Mafia, und eine ehemalige Prostituierte mit einem neuen Namen und einer fiktiven Biographie, die sich einen millionenschweren Banker geangelt hatte. Und last, but not least, der Staranwalt, der mit einem Model verheiratet war, sich aber lieber mit kleinen Kindern abgab.
Ihn schauderte vor Abscheu. Für Korruption in fast jeder Form hatte er Verständnis, ja, er ermunterte sogar dazu, wenn es seinen eigenen Unternehmungen diente – aber Pädophile waren wirklich ein Abschaum. Brendt dachte an die beiden eigenen Töchter, die oben schliefen. Wenn es nach mir ginge, dachte er kalt, würde man dieses Schwein ohne Betäubung kastrieren.
Brendt betupfte sich die Lippen mit einer Leinenserviette, als könne er damit den sauren Geschmack im Mund loswerden. Der Anwalt war ihm nützlich – im Augenblick –, aber wenn er seine Schuldigkeit getan hätte, würde er dafür sorgen, dass der Kerl nicht mehr lange genug lebte, um je wieder ein Kind zu belästigen.
Der Butler riss ihn aus seinen Gedanken. »Was ist, Morris?«
»Mr Black hat soeben seinen Bericht abgeliefert. Nichts Außergewöhnliches, aber man hat mich gebeten, Ihnen die letzten beiden Abschnitte unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.«
Ohne die Gäste weiter zu beachten, nahm Brendt die säuberlich getippten Seiten in Empfang und überflog den Bericht.Black war ein guter Mann, schnell und effizient. Der ehemalige Polizist und Armeeoffizier verstand es, detaillierte Charakterschilderungen über jede beliebige
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