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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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mir leid, aber ich hatte letzten Freitag bereits mit einem Bericht von Ihnen gerechnet, spätestens an diesem Wochenende. Bitte rufen Sie mich so schnell wie möglich an. Danke.«
    Er legte auf.
    Er fragte sich, ob er Grund hatte, sich Sorgen zu machen.
    Er fragte sich, ob er Grund hatte, sich keine Sorgen zu machen.
6
    Regina saß im Französischunterricht bei Schwester Mary. Der ewige Kreidegeruch ging ihr auf den Geist, der harte Plastikstuhl drückte auf ihr krankes Bein, und sie lernte brav, wie man auf französisch sagte: Hallo, ich bin Amerikanerin. Könnten Sie mir bitte zeigen, wo ich hier eine Kirche finde, damit ich die Sonntagsmesse besuchen kann?
    Trés spannend.
    Sie ging weiterhin in ihre alte Klasse in der St. Thomas's Elementary School, ein Schulwechsel wurde nach den strengen Auflagen der Adoption nicht befürwortet. (Adoption auf Probe, wohlgemerkt. Alles offen. Konnte noch danebengehen. Die Harrisons könnten plötzlich auf die Idee kommen, Wellensittiche statt Kinder aufzuziehen. Könnten sie zurückschicken, sich einen Vogel kaufen. Bitte, lieber Gott, laß sie merken, daß Du in Deiner göttlichen Weisheit Vögel so geschaffen hast, daß sie dauernd kleckern müssen. Mach ihnen klar, wie mühsam es ist, einen Vogelkäfig sauberzuhalten.) Wenn sie mit St. Thomas's Elementary fertig war, würde sie auf die St. Thomas's High School gehen, weil die Gemeinde des hl. Thomas offenbar überall mitmischte. Neben dem Waisenhaus und den beiden Schulen gehörte noch eine Kindertagesstätte und ein Secondhandladen dazu. Die Gemeinde war praktisch ein Multi und Pater Jiminez so eine Art oberster Boß wie Donald Trump, nur daß Pater Jiminez nicht mit Flittchen herumlief oder Spielcasinos besaß. Die Bingo-Halle zählte praktisch nicht. (Lieber Gott, das mit den Vögeln und dem Kleckern war nicht als Kritik gemeint. Ich bin sicher, Du weißt, warum Du die Vögel überall hin machen läßt, und wie mit dem Mysterium der Heiligen Dreieinigkeit gibt es eben Dinge, die wir gewöhnlichen Sterblichen nicht ganz begreifen können. Also, nichts für ungut. Ich hab's nicht so gemeint.) Wie auch immer, sie ging recht gern in die Schule von St. Thomas, weil die Nonnen und die weltlichen Lehrer einen ganz schön antrieben. Also lernte man ungeheuer viel, und das gefiel ihr. Sie lernte leidenschaftlich gern. An diesem Dienstag stand ihr der Sinn aber überhaupt nicht nach Lernen, und wenn man sie jetzt aufriefe, um irgendwas auf französisch zu sagen, würde sie garantiert das Wort für Kirche mit dem für Nähnadel verwechseln, wie es ihr zur Häme ihrer Mitschüler und zum eigenen Verdruß schon einmal passiert war. (Lieber Gott, denk bitte daran, daß ich damals einen Rosenkranz für den Patzer gebetet habe, nur um Dir zu beweisen, daß ich es nicht mit Absicht getan habe.) Als die Schulglocke schrillte, verließ Regina als erste ihren Platz und stürmte vor den anderen aus dem Klassenzimmer, und das, obwohl die meisten ihrer Mitschüler nicht aus dem St.-Thomas-Heim kamen und nicht behindert waren.
    Den ganzen Korridor entlang bis zu ihrem Schulspind und von da bis zum Ausgang quälte sie die Frage, ob Mr. Harrison sie wirklich abholen würde, wie er es versprochen hatte. In Gedanken sah sie sich schon im Getümmel ihrer Mitschüler auf dem Gehweg vor der Schule stehen und konnte das Auto nirgends entdecken. Dann waren die anderen alle fort, sie stand alleine da, und der Wagen kam immer noch nicht. Sie wartete und wartete, bis die Sonne unterging und der Mond aufstieg und ihre Armbanduhr Mitternacht anzeigte. Und als die anderen Kinder am nächsten Morgen wieder zur Schule kamen, ging sie einfach mit ihnen hinein und erzählte keinem, daß die Harrisons sie nicht mehr haben wollten.
    Er war da. Sein rotes Auto parkte in einer Reihe mit den Wagen der anderen Eltern. Als er Regina kommen sah, öffnete er von innen die Beifahrertür für sie.
    Er ließ sie einsteigen und die Wagentür zuziehen, dann fragte er: »Na, war's schlimm?«
    »Ja«, antwortete sie plötzlich schüchtern, dabei war Schüchternheit noch nie ein Thema für sie gewesen. Sie hatte einfach den Dreh mit dieser Familien-Kiste noch nicht heraus und bezweifelte, daß sie ihn je finden würde.
    Er sagte: »Ja, ja, diese Nonnen.«
    »Ja«, pflichtete sie ihm bei.
    »Zäh.«
    »Ja.«
    »Zäh wie Leder.«
    »Wie Leder«, wiederholte sie und nickte. Allmählich kamen ihr Zweifel, ob sie jemals wieder in ihrem Leben ganze Sätze fertigbringen würde.
    Als er

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