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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nur kurz auf sich warten. Als er eintrat, lächelte er Hatch beruhigend an. Er gab ihm die Hand und kam gleich zur Sache. »Ich will Sie gar nicht unnötig auf die Folter spannen, Hatch. Die Tests sind alle negativ. Sie erfreuen sich bester Gesundheit.«
    Das tröstete Hatch weniger, als man vielleicht hätte vermuten sollen. Er hatte gehofft, sie würden bei den Tests auf etwas stoßen, das eine Erklärung für seine Alpträume und die mysteriöse Verbindung mit dem Killer bieten könnte. Andererseits überraschte ihn das Ergebnis auch nicht, denn er hatte befürchtet, daß die Antworten auf seine Fragen nicht leicht zu finden sein würden.
    »Es sind also nur Alpträume«, fuhr Nyebern fort. »Nichts weiter. Ganz gewöhnliche Alpträume.«
    Hatch hatte ihm nichts über die Vision von der erschossenen Blondine erzählt, die später tatsächlich tot auf der Schnellstraße lag. Wie er Lindsey schon erklärt hatte, war er nicht bereit, noch einmal Schlagzeilen zu machen, zumindest so lange nicht, bis er ein genaueres Bild von dem Killer hatte und der Polizei eine Täterbeschreibung liefern konnte. In letzterem Fall würde er sich allerdings den Blitzlichtern der Presse erneut stellen müssen.
    »Kein erhöhter Schädeldruck«, sagte Nyebern. »Keine Elektrolytstörung, kein Anzeichen für eine Verlagerung der Epiphyse, was manchmal heftige Alpträume bis hin zu Halluzinationen hervorrufen kann …« Nyebern ging die Testergebnisse methodisch der Reihe nach durch.
    Während er dem Arzt zuhörte, stellte Hatch bei sich fest, daß er ihn jedesmal älter in Erinnerung behielt, als er wirklich war. Über Jonas Nyebern lag beständig ein feierlicher Ernst und eine Müdigkeit, die ihn einfach alt wirken ließen. Er war groß und schlank, zog jedoch automatisch die Schultern vor und hielt sich krumm, als wollte er sich kleiner machen. Mit dieser Haltung ähnelte er mehr einem alten Mann als einem Fünfzigjährigen. Manchmal war er auch von einer tiefen Schwermut überschattet, als ob er großes Leid durchgemacht hätte.
    Nyebern war fertig mit den Testergebnissen und blickte auf. Er lächelte Hatch an, es war ein warmes Lächeln, doch lag noch ein Rest Traurigkeit darin. »Das Problem ist nicht physischer Natur, Hatch.«
    »Könnten Sie irgend etwas übersehen haben?«
    »Möglich wäre es schon, aber ziemlich unwahrscheinlich. Wir …«
    »Eine winzigkleine Verletzung der Gehirnzellen, vielleicht tauchen ein paar hundert Zellen nicht in Ihren Tests auf und haben ernsthafte Schäden.«
    »Wie ich schon sagte, das ist sehr unwahrscheinlich. Ich denke, wir können mit Sicherheit davon ausgehen, daß es sich hier um ein rein psychisches Problem handelt, was bei dem Trauma, das Sie durchgemacht haben, nur allzu verständlich ist. Warum versuchen wir es nicht mit einer Therapie?«
    »Psychotherapie?«
    »Irgendwelche Vorbehalte?«
    »Nein.«
    Außer, dachte Hatch, daß sie nichts bringen wird. Das hier ist nicht irgendein Seelenschaden, sondern ein real existierendes Problem.
    »Ich kenne da den richtigen Mann, erstklassig. Sie werden ihn mögen«, sagte Nyebern, zog einen Füller aus der Brusttasche seines weißen Arztkittels und notierte den Namen des Psychotherapeuten auf seinem Rezeptblock. »Ich werde den Fall mit ihm besprechen und Sie anmelden, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Ja, natürlich. Einverstanden.«
    Wenn er doch Nyebern die ganze Geschichte erzählen könnte. Dann würde es aber endgültig so aussehen, als müßte er dringend zur Analyse. Nur widerwillig fand er sich damit ab, daß weder ein Arzt noch ein Psychotherapeut ihm helfen konnten. Sein Leiden war zu ungewöhnlich, um auf eine der herkömmlichen Therapien anzusprechen. Vielleicht sollte er lieber zu einem Medizinmann gehen. Oder zu einem Exorzisten. Er hatte fast so ein Gefühl, als ob der schwarzgekleidete Killer mit der Sonnenbrille in der Tat ein Dämon war, der seine, Hatchs, Abwehrkräfte auf die Probe stellen wollte, bevor er Besitz von ihm ergriff.
    Sie plauderten noch ein wenig über andere Dinge.
    Hatch stand auf, um sich zu verabschieden, und deutete auf das Gemälde mit der Himmelfahrtsszene. »Eine wunderbare Arbeit.«
    »Danke. Es ist einzigartig, nicht wahr?«
    »Italienische Schule.« – »Ja.«
    »Frühes achtzehntes Jahrhundert?«
    »Stimmt genau«, antwortete Nyebern. »Kennen Sie sich in religiöser Kunst aus?«
    »Nicht besonders gut. Ich denke aber, daß die ganze Sammlung hier von italienischen Malern aus derselben Epoche

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