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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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sich an den Tisch. »Wie geht es denn jetzt eigentlich weiter?«
    »Ich werde noch ein paar Gespräche führen und dann eine Art Kassensturz machen, um zu sehen, was ich habe.«
    »Was für Gespräche?«, fragte er.
    »Mich interessiert zum Beispiel, was Fritz Lenhardt zu Ihnen und Ihren Freunden nach seiner Verurteilung in der Haft gesagt hat.«
    Er presste die Lippen zusammen und wirkte von einer Sekunde auf die andere in sich gekehrt und unglücklich. Seine Frau strich ihm aufmunternd über den Rücken, bevor sie die Nudeln auf Teller verteilte und Ketchup aus dem Kühlschrank holte.
    »Sie waren nicht dort?«, versuchte ich Tilman Velte die Antwort zu erleichtern.
    »Selbstverständlich war ich dort«, protestierte er. »Wäre es nach mir gegangen, hätte ich Fritz einmal im Monat besucht.«
    »Was stand dem entgegen?«, fragte Henrike.
    »Fritz selbst.« Tilman Velte sah auf seine Hände, dann hob er den Blick. »Ein paar Wochen nach seiner Verurteilung habe ich ihn besucht. Nach zehn Minuten musste ich ihm in die Hand versprechen, nicht wiederzukommen. Es sei einfacher für ihn, alle Brücken hinter sich abzubrechen. Uns, seine Freunde, zu sehen sei für ihn unerträglich. Ich habe das so verstanden, dass er sich uns gegenüber schämte.«
    »Weil er in der Haftanstalt war oder weil er den Mord begangen hatte?«
    »Es war diese entsetzliche Umgebung, die ihm das Leben zur Hölle gemacht hat. Jedem von uns wäre das so gegangen.«
    »Hat Fritz Lenhardt sich in diesem Gespräch in irgendeiner Weise zu dem Mord geäußert?«
    »Er hat seine Unschuld beteuert.«
    »Wissen Sie, wer von den übrigen Freunden ihn im Gefängnis besucht hat?«, fragte ich.
    »Christoph und Beate wollten genauso hingehen wie meine Frau, aber Fritz hat sich verweigert. Theresa war die Einzige, die zu ihm durfte. Na ja, und dass Nadja nicht den Drang verspürt hat, ihn zu besuchen, erklärt sich von selbst.«
    »Das heißt, außer seiner Frau waren Sie der Einzige?«
    »Seine Anwälte werden ihn besucht haben, nehme ich an. Anfangs ging es ja noch um eine Revision und dann um den Versuch, den Prozess noch einmal neu aufzurollen.«
    Rena Velte stellte die Teller auf den Tisch und rief nach den Jungen.
    »Wollen Sie nicht mit uns essen?«, fragte ihr Mann. »Wenn die Bande satt ist, könnten wir ein paar Steaks auf den Grill werfen. Was halten Sie davon?«
    Wie auf Kommando standen Henrike und ich auf. »Ein sehr verlockendes Angebot«, antwortete ich, »aber leider haben wir heute noch einiges zu erledigen.«
    »Melden Sie sich, wenn es etwas Neues gibt?« Er war ebenfalls aufgestanden.
    »In jedem Fall«, antwortete ich und entschuldigte mich bei seiner Frau für den Überfall am Samstag.
    »Kein Problem«, sagte sie, während sie sich mit den Händen über die Arme fuhr, als friere sie.
    »Dann bringe ich Sie zur Tür«, schlug ihr Mann vor und ging uns voraus.
    »Sie haben ein prächtiges Haus«, sagte Henrike. »Es war bestimmt nicht leicht, hier in Gräfelfing an ein so großes Grundstück zu kommen.«
    »Das ist alles eine Frage des Geldes.« Mit einem Augenzwinkern legte er die Hand aufs Herz. »Und ich gebe es ganz offen zu, dass ich einer von denen bin, die nie genug bekommen. Das ist meine Triebfeder. Ich glaube nicht, dass man sich dafür zu schämen braucht.«
    »Scham kann auch eine Triebfeder sein«, konterte Henrike.
    Er lehnte sich in den Türrahmen, eine Hand lässig in der Hosentasche und sah sie an, als versuche er auf den Grund ihrer Seele zu schauen. »Und welche ist Ihre, Frau Hoppe? Soll ich raten?«
    »Nur zu! Aber ich warne Sie: Sie riskieren eine Niederlage.«
    Sein Grinsen hatte etwas Schelmisches. »Dann begnüge ich mich damit, Ihnen beiden jetzt ein erholsames Wochenende zu wünschen. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.«
    Auf dem Weg von Gräfelfing nach Bogenhausen gingen wir das Gespräch mit Rena Velte Punkt für Punkt durch. Als wir zu der Stelle kamen, an der Henrike Ben als möglichen Erpresser hingestellt hatte, machte ich meinem Unmut Luft. Es wäre nicht nötig gewesen, diese Frage zu stellen, hielt ich ihr vor. Worauf Henrike entgegnete, wenn ich wissen wolle, was mit meinem Bruder geschehen sei, solle ich die Augen nicht vor unliebsamen Wahrheiten verschließen. Das sage ausgerechnet sie, die mit ihrer Vergangenheit krampfhaft hinterm Berg halte, schlug ich ihr wütend um die Ohren. Vielleicht solle sie mal damit anfangen, ihre eigenen Geheimnisse zu lüften, bevor sie meinem Bruder welche

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