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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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hatte sich eine dichte Wolkendecke gebildet, und es war um ein paar Grad kühler geworden. Aber bei den schnellen Wetterwechseln war es gut möglich, dass bereits in einer Stunde die Sonne wieder schien. Die Aussicht darauf reichte jedoch nicht aus, um mich zu wärmen. An der nächsten Ampel zog ich mir einen Pulli vom Rücksitz und schlang ihn um meine Schultern.
    Kurz vor sieben Uhr morgens war eigentlich nicht der ideale Zeitpunkt, um jemandem einen Besuch abzustatten. Aber ich musste Marianne Moser noch etwas fragen, bevor sie an diesem Tag in Urlaub fuhr. Da sie vorher noch zum Friseur wollte, würde sie sicher früh aufstehen.
    Als sie mir die Tür öffnete, war sie schon fertig angezogen und gekämmt. Der Duft von Kaffee und Kölnisch Wasser strömte mir entgegen.
    »Guten Morgen, Frau Moser«, begrüßte ich sie. »Entschuldigen Sie, wenn ich so früh störe, aber ich würde Sie gerne noch einmal sprechen, bevor Sie abreisen.«
    Sie drehte sich gemächlich um und schaute auf die Standuhr im Flur, deren Pendel ein knarzendes Geräusch von sich gab. »Sie sind wirklich früh dran. Haben Sie denn schon gefrühstückt? Sie sehen ja völlig verfroren aus. Kommen Sie, trinken Sie einen Kaffee mit mir.« Ohne meine Antwort abzuwarten, lotste sie mich in ihre Küche und bot mir einen Platz an dem winzigen Küchentisch an, in dessen Mitte eine Vase mit Rittersporn stand. Dann holte sie eine Porzellantasse mit Rosenmuster aus dem Schrank, füllte sie und stellte sie vor mich hin.
    »Sie setzte sich, wobei sie sich an Tisch und Stuhl mit den Händen abstützte, und zog ihre Tasse heran. »Was möchten Sie wissen?«
    »Wie gut kannten Sie Frau Lenhardt?«
    »Diese Frage haben Sie mir gestern schon gestellt. Was möchten Sie denn eigentlich wissen?«
    »Können Sie sich vorstellen, dass Frau Lenhardt gelogen hätte, wenn ihr etwas sehr wichtig gewesen wäre?«
    »Sie meinen, in der Gerichtsverhandlung?« Sie runzelte die Stirn und deutete ein Kopfschütteln an. »Der Staatsanwalt hätte ihr lediglich ein paar Fangfragen stellen müssen, und ihr Lügengebäude wäre in sich zusammengefallen. Um da überzeugend durchzukommen, muss man nicht nur gut lügen können, sondern auch starke Nerven haben. Und die hatte sie nicht. Überzeugend zu lügen hat etwas von einem Kraftakt.«
    »Und sonst? Außerhalb der Gerichtsverhandlung?«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Frau Mahlo?«
    »Es geht um den Vorabend des Mordes, als Doktor Lenhardt seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert hat.«
    »Die gemeinsame Feier mit den Freunden, ja, ich weiß. Sie hat für Sie ja vor ihrem Tod extra noch mal den Tisch entsprechend gedeckt, damit …«
    »Was hat sie?«
    »Den Tisch gedeckt. Haben Sie ihn gestern nicht gesehen?«
    »Ich war fast die ganze Zeit im Arbeitszimmer und habe gelesen.«
    »Na, dann schauen Sie gleich mal in ihr Esszimmer am Ende des Flurs. Ich fand diese Inszenierung ein wenig makaber. Das habe ich ihr auch gesagt. Aber sie bestand darauf. Sie meinte, an dem Tisch habe der Mörder oder die Mörderin von Konstantin Lischka gesessen. Dieser Abend sei entscheidend gewesen für alles, was danach geschah.«
    »Sie hat mir einen Brief hinterlassen, in dem sie schreibt, an jenem Abend habe jemand etwas über meinen Bruder Benjamin gesagt. Er ist drei Wochen vor dem Mord spurlos verschwunden.«
    »Und man hat ihn bis heute nicht gefunden, ich weiß. Theresa hat mir davon erzählt. Ich habe mich dann auch wieder daran erinnert. Damals hingen ja überall Plakate. Es tut mir sehr leid für Sie und Ihre Familie.« Sie sah mich mitfühlend an.
    »Halten Sie es für möglich, dass Frau Lenhardt nur behauptet hat, dass an dem Abend der Name meines Bruders erwähnt wurde?«
    »Warum hätte sie das tun sollen?«
    »Damit ich ihr Testament vollstrecke.«
    Sie legte den Kopf in den Nacken, atmete hörbar ein und aus und sah zur Decke, als könne sie auf diese Weise besser nachdenken. Sie ließ sich Zeit, ihre Gedanken zu ordnen. Als sie mich schließlich wieder ansah, schien sie zu einem Ergebnis gekommen zu sein. »Ich verstehe Ihre Skepsis. Dieses Testament ist wirklich ein harter Brocken. Und dessen war sich Theresa voll und ganz bewusst. Aber ich habe sie an dem Tag erlebt, als diese Freundin ihr davon erzählte. Es hat sie so sehr aufgeregt, dass ein Arzt kommen musste. Nein, Frau Mahlo, ich glaube nicht, dass sie sich das ausgedacht hat.«
    »Warum haben Sie dann so lange über Ihre Antwort nachgedacht?«
    »Weil ich genauso misstrauisch bin

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