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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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einmal vor, er hätte ihr tatsächlich gestanden, der Mörder von Konstantin zu sein. Die Haft war schon so die Hölle für ihn. Wie hätte er denn sicher sein können, dass Theresa weiter zu ihm steht? Ich glaube nicht, dass er riskiert hätte, sie zu verlieren.«
    Tilman Velte streichelte seiner Frau über den Arm. »Letztlich ist aus Fritz auch eine tragische Figur geworden. Er hat den rechten Moment verpasst, um aufzugeben.«
    »So sehe ich das auch«, meldete Beate Angermeier sich zu Wort.
    »Was heißt hier tragische Figur?«, brauste Nadja Lischka auf. »Fritz war ein Mörder. Und mein Mann war sein Opfer. Das ist tragisch, wenn ihr mich fragt. Theresa war fein raus, sie hat von ihrer Tante ein Vermögen geerbt. Sie musste nicht jeden Cent umdrehen und sich fragen, wovon sie am nächsten Tag das Brot bezahlen sollte.«
    »Deshalb hat sie dich auch großzügig unterstützt, Nadja«, erinnerte Beate Angermeier sie in ihrer herben Art.
    Ich räusperte mich. »Ich möchte gerne noch einmal auf den Abend des vierzigsten Geburtstags von Fritz Lenhardt zu sprechen kommen. Seine Frau hat mir in ihrem Abschiedsbrief auch von einem Gespräch erzählt, das Sie, Frau Velte, an dem Abend zufällig mitbekommen haben. In diesem Gespräch zwischen Konstantin Lischka und einer anderen Person soll der Satz gefallen sein: Ich hab dich mit Ben Mahlo gesehen. Wie viel ist dir das wert? «
    Sekundenlang hätte man eine Nadel fallen hören können. Alle Blicke richteten sich auf Rena Velte.
    »So ein Blödsinn!«, brach es aus Nadja Lischka heraus. »Wieso sollte Konstantin so etwas gesagt haben? Was setzt du denn da in die Welt, Rena?«
    Auch in den Mienen der anderen zeichneten sich Überraschung und Unglauben ab.
    »Wissen Sie, wer Ben Mahlo ist?«, fragte ich in die Runde.
    »Selbstverständlich wissen wir das«, antwortete Christoph Angermeier. Er lehnte sich zurück und fuhr sich mit einer Hand über seine Glatze. »Wir alle sind damals nach diesem jungen Mann gefragt worden. Sind Sie mit ihm verwandt?«
    »Ben ist mein Bruder.«
    »Ist er inzwischen eigentlich wieder aufgetaucht?«, fragte Tilman Velte.
    »Nein.«
    »Das tut mir für Sie und Ihre Familie sehr leid.«
    »Danke.« Einen Moment lang bröckelte meine professionelle Hülle, aber ich hatte mich schnell wieder im Griff und beugte mich ein wenig nach vorn, um Rena Velte ins Gesicht sehen zu können. »Frau Velte, ich möchte noch einmal auf diesen Satz zu sprechen kommen. Eigentlich waren es ja zwei Sätze.«
    »Was wollen Sie damit erreichen, Frau Mahlo?«, unterbrach Nadja Lischka mich. Sie klang erschöpft. »Reicht es nicht, dass mein Mann ermordet wurde? Wollen Sie noch einen Erpresser aus ihm machen und Dreck auf sein Grab werfen? Darauf läuft die Frage nach dem Wert dieser zweifelhaften Information doch hinaus. Wissen Sie, was ich glaube: Rena hat sich gründlich verhört.«
    »Ist das möglich?«, wandte ich mich wieder an Rena Velte.
    Sie biss sich auf die Unterlippe und schaute zwischen ihren Freunden hin und her, aber keiner der vier schien ihr Schützenhilfe geben zu wollen. »Ich weiß es nicht«, gab sie schließlich zu. Sie griff nach ihrem geflochtenen Zopf und hielt ihn fest, als handle es sich um einen Anker. »Es war eine so … so unglaublich bedrückende Situation, als Theresa da auf ihrem Bett lag, nur noch Haut und Knochen, und sie mich anflehte, viel Zeit bleibe ihr nicht mehr, es sei die letzte Chance, ihr auch das zu sagen, was ich all die Jahre verschwiegen hätte …«
    Christoph Angermeier lachte laut auf. »Auf die Weise hat sie jeden von uns abzuklopfen versucht. Theresa war verzweifelt. In dieser Situation war ihr jedes Mittel recht. Mein Gott, Rena, was hast du dir bloß dabei gedacht, ihr solch einen Unsinn zu erzählen?«
    »Ich habe mir das nicht ausgedacht. Ich habe an dem Abend tatsächlich etwas gehört, das so klang.«
    »Das so klang?«, nahm Christoph Angermeier sie ins Gebet. »Wenn man sich nicht sicher ist, sollte man besser den Mund halten.«
    »Ich war mir sicher.«
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    Sie zuckte die Schultern.
    Ich dachte an Henrikes Verhörtipps, aber sie schienen mir in diesem Moment nicht passend, deshalb folgte ich meiner Intuition. »Sie haben also an jenem Abend Konstantin Lischka mit jemandem auf dem Flur reden hören. Und Sie haben Theresa Lenhardt kurz vor ihrem Tod davon erzählt. Warum haben Sie nie zuvor ein Wort darüber verloren?«
    »Weil ich überzeugt war, dass Konstantin mit Fritz gesprochen

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