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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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sich immer einen Sohn gewünscht, der ihn in den Schützenverein begleitet. Als das mit dem Sohn nicht klappte, hat er eben mich mitgenommen.« Sie legte die Waffe zurück in den Tresor.
    »Dann hätte ich mir meinen Vortrag ja sparen können.«
    »Kleine Auffrischungen können nie schaden. Warum nennst du diesen Raum eigentlich Kammer des Schreckens? Wegen der Waffen?«
    »Deine Vorvorgängerin hat ihn so genannt. Wegen des Geruchs. Die Papiere aus den Nachlässen stinken teilweise ganz erbärmlich. Deshalb sind in diesem Raum meist die Fenster geöffnet.« Ich verschloss den Tresor und unterdrückte ein Gähnen. »Komm, jetzt zeige ich dir noch schnell den Besprechungsraum, und dann machen wir uns an die Arbeit.«
    Während im Büro schon wieder der Anrufbeantworter ansprang, öffnete ich im Nebenzimmer Funda den Blick auf den langen Holztisch, um den herum sechs Stühle angeordnet waren. Vier weitere Stühle standen rechts neben der Tür. An den Wänden hingen moderne, reduzierte Fotos von Naturlandschaften. Ein Wald, eine Wiese, ein Flusslauf. Funda blieb vor jedem einzelnen Bild stehen und betrachtete es.
    »Die Fotos sollen die Gemüter beruhigen«, erklärte ich ihr. »In diesem Raum halte ich oft Besprechungen mit Erben ab.«
    »Und da geht es heiß her, das kann ich mir vorstellen.«
    Es sich vorzustellen war eine Sache, es zu erleben eine andere. Aber das würde sie noch früh genug feststellen. Ich gab ihr ein Zeichen, mir zurück ins Büro zu folgen. »Morgen früh gehen wir als Erstes in dieses Haus in Untermenzing. Bring dir dafür alte Klamotten mit und ein Tuch, das du dir um den Kopf binden kannst. Gerüche setzen sich sofort in den Haaren fest. Einmalhandschuhe habe ich kartonweise hier, da kannst du dich bedienen.« Ich setzte mich an meinen Schreibtisch. »Bevor ich dir jetzt das Ordnersystem erkläre – hast du bis hierher noch Fragen?«
    Funda schlug ein Bein über das andere und sah sich im Raum um. Ihr Blick wanderte zum Fenster. »Deine Eltern leben auch hier auf dem Hof, oder?«
    Ich nickte. »Mein Vater hat den Hof vor acht Jahren von seinem Onkel geerbt. Vor knapp sechs Jahren sind wir dann alle hierhergezogen.«
    »Seid ihr eigentlich mit diesem Benjamin Mahlo verwandt, der vor ein paar Jahren verschwunden ist?«, fragte sie vorsichtig.
    »Ben ist mein Bruder, er ist der Grund, warum wir hierhergezogen sind. Gleich nachdem mein Vater den Hof geerbt hatte, ist Ben mit seiner WG oben ins Dachgeschoss gezogen. Drei Jungs, alle Studenten. Als mein Bruder dann verschwand und nicht wieder auftauchte, sind die beiden anderen ausgezogen. Meine Eltern hatten bis dahin im Hessischen eine Buchhandlung. Und als klar war, dass sie sich nicht zweiteilen können, sind sie hierhergezogen, um sich ganz auf die Suche nach Ben konzentrieren zu können.«
    »Und du?«
    »Ich habe zu der Zeit in Berlin studiert und stand gerade vor meinem ersten juristischen Staatsexamen. Unter den Umständen wäre ich mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Also habe ich es aufgeschoben und bin auch hier auf den Hof gezogen.«
    »Aber du willst nicht wieder zurück, oder?« Sie klang besorgt, was ihr nicht zu verdenken war, nachdem sie ihren Job gerade erst angetreten hatte.
    »In den ersten beiden Jahren wollte ich es noch, aber inzwischen würde es mir schwerfallen, meiner Arbeit hier den Rücken zu kehren. Außerdem lebt auch mein Freund hier. Du wirst ihn noch kennenlernen. Simon wohnt im Nebengebäude und betreibt dort auch seine Weinhandlung.«
    »Wie praktisch. Ich meine nicht das mit dem Wein.« Sie lächelte. »Und in der Scheune ist ein Trödelladen, habe ich gesehen.«
    »Der gehört Henrike Hoppe. Sie wirst du sicher auch bald treffen. Wenn sie nicht gerade in ihrem Laden steht, entrümpelt sie in meinem Auftrag und auch für andere Haushalte oder arbeitet in ihrer Werkstatt alte Sachen auf. Außerdem schreibt sie an einem Kriminalroman.«
    »Über das, was sie beim Entrümpeln so alles entdeckt?«
    Als hätte sie den sechsten Sinn, klopfte Henrike in diesem Augenblick an die Fensterscheibe.
    »Das kannst du sie gleich selbst fragen«, antwortete ich im Hinausgehen.
    »Ich muss mir doch schnell die Neue ansehen«, sagte Henrike lächelnd, nachdem ich ihr die Tür geöffnet hatte. Als sie nach Rosas stürmischer Begrüßung wieder eine Hand frei hatte, hielt sie sie Funda hin. »Henrike.«
    Sie war zehn Jahre älter als ich, mit eins sechsundsiebzig genauso groß und hatte schwarzbraune, seitlich gescheitelte

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