Das vertauschte Gesicht
Sune entwickeln. Das ist ausgezeichnet, hatte er geantwortet. Und war nach einer Weile wieder in diesem widerlichen Fall von Verbrechen versunken.
Sie vermied es, an das Haus ein Stück weiter die Straße hinauf zu denken. Der Hausmeister war derselbe. Er hatte genickt und verbindlich gelächelt, als sie sich neulich an der Haustür trafen, als ob sie ein gemeinsames Geheimnis hätten.
Das Telefon klingelte. Sie hob ab, ohne den Mantel auszuziehen. Sie schwitzte nach dem nassen Schneefall da draußen und dem beschwerlichen Weg nach oben.
»Hallo?«
Keine Antwort. Sie schauderte, fror fast, als ob der Schweiß erstarrt wäre.
»Hallo?«
Sie hatte es beinah vergessen, es war schon Monate her.
In der Leitung atmete jemand, lauschte. Sie sah auf ihre Hand, die leicht zitterte. Sie spürte eine Bewegung im Bauch, noch eine. Es knackte, und die Leitung war frei.
Vor der Tür kratzte es, und dann wurde sie geöffnet. Sie zuckte zusammen.
»Angela!« Siv Winter stand mit dem Schlüssel in der Hand in der Türöffnung. »Ich hab gedacht, es ist niemand zu Hause.« Angela legte den Hörer auf.
»Was ist?«, fragte Winters Mutter. »Ist dir schlecht?« »Ja.«
»Zieh den Mantel aus und setz dich.« Sie half Angela aus dem Mantel. »Möchtest du Wasser?«
»Ja, bitte.«
Siv Winter ging in die Küche und kam mit einem Glas Wasser zurück.
»Du musst jetzt vorsichtig sein. Musst du... bis zum Schluss arbeiten?« »Das ist es nicht.« »Was meinst du?«
»Da gibt's einen Kerl... der ruft hier an. Der meldet sich nicht.«
»Was? Ein Telefonstreich?«
»So würde ich es nicht nennen.« Angela trank einen Schluck und behielt das Glas in der Hand. »Es ist so unheimlich. Der letzte Anruf ist schon eine Weile her, aber... «
»Und eben hat er wieder angerufen?«, unterbrach Siv Winter sie. »Ja.«
»Was sagt Erik dazu?«
Angela trank wieder. Ja, was sagte er? Sie hatten geglaubt, dass die Anrufe aufgehört hatten. Jetzt mussten sie etwas unternehmen.
»Wir wollten abwarten, aber jetzt weiß ich nicht«, sagte sie. »Du musst es ihm sagen.«
Bergenhems Kopf brannte, wie der Himmel gebrannt hatte. Erst schien es, als hätten die Raketen den Schmerz gelindert, aber jetzt war er schlimmer geworden, rasend schlimm.
Heute Nacht hatte er geschrien, im Traum gesprochen. Fantasiert. Dann hatte er geschlafen, und als er aufwachte, war der Schmerz noch da, aber eher wie ein dumpfes Sausen.
Er fing an, unscharf zu sehen. Es kam in Schüben. Martina kam zurück vom Nachbarhaus. Ada hatte nur gewinkt und gelacht. Er saß fertig angezogen im Flur, kämpfte mit den Schuhen.
»Ich fahre dich«, sagte sie, alleine hätte er das Auto ohnehin nicht mehr steuern können.
Er schloss das eine Auge, als sie über die Brücke fuhren. Eine Fähre war auf dem Weg hinaus aufs Meer. Die Hausdächer waren schwer von Schnee. Weiße Mützen, hatte Ada kürzlich gesagt und hinaufgezeigt.
In der Kurve wurde ihm furchtbar schlecht. Martina fuhr wie ein Krankenwagenfahrer.
Sie wurden sofort vorgelassen. Röntgen, kaltes Licht, Licht in den Augen. Er wusste, was es war, wusste es schon seit Tagen. Vielleicht hatte es seine Stimmung jahrelang beeinflusst, die Rastlosigkeit. Er meinte sie von Operation reden zu hören. Die Wörter grollten, hüpften in ihm herum.
Ich will meine Augen behalten.
Alle trugen Weiß. Weiße Mützen. Er versuchte zu ihnen durchzudringen, nur nicht meine Augen, bitte.
Elfvegrens waren schließlich entkommen, waren Halders entkommen. Sie hatten nichts zugegeben, aber sie hatten ihre Fingerabdrücke dagelassen.
»Ich weigere mich«, hatte Per Elfvegren gesagt. »Sie haben kein Recht dazu.«
»Bei Ermittlungen im Fall von schweren Verbrechen haben wir das Recht, Abdrücke zum Vergleich zu nehmen«, hatte Winter gesagt. »Für ein spezifisches Ziel.«
»Wer entscheidet das? Wer trifft die Entscheidung?«
»Der Leiter des Ermittlungsverfahrens.«
»Wer ist das?«
»Das bin ich.«
Sie warteten auf die Ergebnisse. Beiers Leute waren genauso darauf erpicht.
»Das ist eine heikle Angelegenheit«, sagte Halders.
»Was, ihre Freizeitgestaltung?«, fragte Winter.
»Wer will schon mit den Bullen über sein Sexleben reden.«
»Das stimmt.«
»Daran hätten sie vorher denken sollen«, sagte Halders.
»Du musst noch etwas Geduld haben«, sagte Winter. »Es könnte ja sein, dass sie doch nie zu Hause bei Valkers waren.«
Elfvegren hatte gesagt, bei dem ersten Gespräch vor langer Zeit, dass sie einmal bei Valkers gewesen
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