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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Buchstaben waren einen halben Meter hoch und bedeckten einen Großteil der Wand:
    _@> ALL_|
    »Das war da, als du hingekommen bist?«, fragte Aneta Djanali.
    »Ja«, antwortete Winter. »Wir werden rauskriegen, wie lange es dort gestanden hat.«
    »Genauso lange, wie die beiden auf dem Sofa gesessen haben«, sagte Halders.
    Winter gab keine Antwort.
    »Eine Botschaft«, sagte Aneta Djanali.
    »Ist es rote Farbe?«, fragte Halders.
    »Nein«, antwortete Winter.
    »WALL«, sagte Ringmar. »Wand. Will uns der Mörder sagen, dass er auf eine Wand geschrieben hat?«
    »Wenn es der Mörder war«, sagte Winter. »Aber vielleicht ist es gar kein Wort. Ich weiß nicht. Ein Kreis um das W. Was bedeutet das? Oder der Zwischenraum zwischen dem W und ALL.«
    »All«, sagte Ringmar. »Alle. Das kann alle bedeuten. Er hat alle genommen.«
    »Alle beide?«
    »Alle, die nachkommen werden.«
    »Hör auf, Bertil. Geh nach Hause und leg dich ins Bett.«
    »Sollen alle krankgeschrieben werden? All?«
    »Lars kommt morgen wieder.«
    »Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Vor einer halben Stunde.«
    »Ist Setter mit dem Band bei ihm gewesen?«
    »Ja. Nicht sein Ding, hat Lars gesagt.«
    »Okay. Wir haben hier eine Botschaft und dann noch die Kassette. Er will uns was sagen.«
    »Will er, dass wir ihn hochnehmen?«, sagte Winter.
    »Oder mit uns spielen.«
    »Es muss eine Weile gedauert haben, das zu schreiben... und es vorzubereiten. Die... Farbe besorgen. Er musste... hin- und hergehen.«
    »Er hat wohl einen Pinsel benutzt?«
    »Ja.«
    »Hatte er einen Pinsel dabei?«
    »Er? Du redest die ganze Zeit von >er<.«
    »Glaubst du, es war eine Sie?«
    »Nein.«
    »Die Frage ist, ob er einen Pinsel dabeihatte.«
    »Eine von vielen Fragen«, sagte Winter. »Eine andere Frage ist die, wo der Pinsel geblieben ist.«
    »Ich hasse so was«, sagte Ringmar. »Lauter Rätsel.«
    »Beschäftigen wir uns nicht immer mit Rätseln?«
    »Rätsel in den Rätseln also. Ich hasse es. Es beleidigt mich. Ich werde wütend. So wütend, dass ich fast wieder gesund werde.«
    Winter war allein in der Wohnung in der Aschebergsgatan. Er war wieder da.
    Der Geruch, der immer noch in den Zimmern hing. Die Bilder vom Morgen, an die er sich erinnerte, jene, die er zuerst hier drinnen gesehen hatte, dann die Fotos. Ich hab sie live gesehen, dachte er. Ich hab den Tod live gesehen, und ich hab den Soundtrack gehört. Was denk ich denn da? Den Soundtrack?
    Das Sofa war jetzt leer, fleckig. Das Gebrüll vom Band schien noch im Raum zu hängen. Der Text an der Wand leuchtete im Licht vom Fenster. Die Wolkendecke war aufgerissen, als Winter die Straße überquert hatte, und jetzt fiel helleres Licht durchs Fenster, und die zittrigen Buchstaben erschienen straffer, stärker. Winter betrachtete den Kreis um das W. Was sollte er bedeuten?
    Wie sollte man den Grad der Verrücktheit beurteilen? Ist das so einfach?
    Oder war es die kranke Tat eines gesunden Mannes?
    Ich hab nur einmal etwas gesehen, das dieser Sache nahe kam. Ich hatte gehofft, dass ich nie wieder etwas Ähnliches erleben müsste.
    Er sah die Jungen vor sich, allein auf ihren Stühlen. War das drei Jahre her?
    Aber jetzt ist jetzt. Alles geht weiter.
    Irgendwo im Haus rauschte es in der Wasserleitung. Das Geräusch kannte er. Das Haus war genau wie das, in dem er wohnte. Er hätte in seiner eigenen Wohnung stehen können. Plötzlich dachte er an Angela.
    Angela und ihren Bauch, der jetzt auch ein Teil von ihm geworden war. So war es doch?
    Diese Wohnung war sogar genau wie seine geschnitten. Das war ihm gar nicht aufgefallen, als er sie gestern am frühen Abend betreten hatte. Da hatte er sich auf das andere konzentriert. Aber jetzt sah er es. Wie die Zimmer vom Flur abgingen, die Küche, das große Wohnzimmer, in dem er stand, das Schlafzimmer davor, noch ein Zimmer. Toilette und ein separates Bad.
    Die Techniker arbeiteten sich durch alles hindurch, aber in diesem Augenblick wollte er allein sein. Geht eine halbe Stunde essen, Jungs.
    Überall lag Kleidung verstreut. Es fing in der Küche an und endete vorm Sofa. Wann hatte die Entkleidung begonnen? Hatte sie in der Küche angefangen? Warum? Waren die Kleider hinterher hingelegt worden? Das müsste man herausbekommen können. War ein Muster darin verborgen? Noch ein Rätsel? Er dachte an Ringmar, der schnell wieder gesund geworden war.
    Das Blut war nur im Wohnzimmer. Nicht im Flur und auch nicht in der Küche. In den Körpern konnte fast kein Blut mehr sein. Christian

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