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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Jugendliche zu Hause, dachte er. Für sie ist das nichts Besonderes. Nach einer Minute stellte er ab.
    »Vielleicht nicht gerade meine Lieblingsmusik«, sagte sie. »Was ist das?«
    Er erzählte und gab ihr das Booklet.
    »Patrik hat bei uns zu Hause mal Metal aufgelegt.«
    Sie studierte das Cover, die schwarze Küstenlinie, den Himmel, den Silberglanz. Winter hatte den Text abgeschrieben, damit man ihn lesen konnte.
    Er bat sie, den Text zum ersten Song zu lesen. Sie schien fast zu lächeln mitten in all dem Ernst. »Ein großes Maß an Fantasie«, sagte sie. »Ja, nicht wahr?«
    »Große Spannweite. Die ganze Palette von unten nach oben, könnte man sagen.«
    »Von der Hölle bis in den Himmel.«
    »Und am Rande ist auch noch einer der Propheten dabei.«
    »Und jetzt sind wir bei dem eigentlichen Grund, warum ich mit dir reden wollte, Hanne.« Er nickte zu der ersten Seite des Booklets.
    »Habakuk? Du möchtest Informationen über Habakuk?« »Ja.«
    »Erik, so ein Theologe bin ich nicht. Er war ein rechtschaffener Berufsprophet, aber das ist wahrscheinlich alles, was ich weiß. Hast du sein Buch in der Bibel gelesen?«
    »Ja. Hatte er nicht eine Tochter?«
    »Keine Ahnung. Ich glaub nicht, dass man etwas über sein Leben weiß. Da musst du die theologische Literatur wälzen, exegetische Nachschlagwerke.«
    »Okay. Ich hab auch schon an die Universität gedacht. Religionswissenschaften.«
    »Ja. Es gibt unter anderem ein Deutungshandbuch. Und noch mehr in der Art. Was es über Habakuk gibt, findest du dort.« Sie betrachtete die Hülle. »Dass er in so was reingezogen werden würde. Der arme Habakuk.«
    »Die Morde?«
    »Oder nur dieses Cover. Das reicht doch schon.« Sie sah Winter an. »Wie sollt ihr das bloß interpretieren?«
    »Im Augenblick vermeiden wir Interpretationen und suchen nach Fakten.«
    »Himmel und Hölle.«
    »Jedenfalls sieht es so aus.«
    »Aber vielleicht ist es nur ein Spiel. Meint diese Band, Sacrament... meinen die etwas mit diesem Blödsinn?«
    »Das spielt vielleicht gar nicht mal eine Rolle. Aber einer meint jedenfalls etwas damit.«
    »Ich hab in der letzten Woche einen Artikel in einer der Sonntagszeitungen gelesen«, sagte Hanne Östergaard. »Er handelte vom... Zeitgeist. Dass es bald nur noch zwei Wochen bis zum neuen Jahrtausend sind und sich alle Begriffe auflösen werden.«
    »Ein de Siecle.«
    »Ja. Das Ende des Jahrhunderts und noch obendrauf: das Ende des Jahrtausends. Wir können die Richtung nicht mehr vorgeben.«
    »Ob sie nach oben oder nach unten führen soll?« »Ja. Himmel oder Hölle.«
    »Und es endet mit einer sonderbaren Mischung aus beidem«, sagte Winter. »Die Welt wird in verschiedene Richtungen gezerrt.«
    »Meine Welt nicht.« Hanne lächelte wieder. »In der kämpfen wir von ganzem Herzen gegen die bösen Kräfte.«
    »Aber hilft es?« Winter schloss die Augen und sah Hanne wieder an. »Wie lange, Herr, soll ich noch rufen, und du hörst mich nicht? Ich schreie zu dir: Hilfe, Gewalt! Aber du hilfst nicht?«
    »Das hört sich nach dem Alten Testament an. Darf ich auf Habakuk tippen?« »Richtig geraten.«
    »Sind hier Zitate drin? Aus der Bibel?«, fragte sie und hielt die Textabschriften hoch.
    »Nicht, soweit ich bis jetzt gesehen habe. Nicht direkt.«
    Sie legte die Texte wieder hin.
    »Immer mehr Menschen suchen Führung und Trost in ihrem Leben«, sagte sie. »Auf die eine oder andere Weise.«
    »Alle möchten eine Schachtel Pralinen und eine langstielige Rose haben«, sagte Winter.
    »Ist das nicht angemessen?«
    »Schon.«
    »Oder eine Schüssel mit Suppe«, sagte sie. »Die Suppenküche unserer Gemeinde wird sehr stark besucht.« »Davon hab ich gehört.« »Ist das nicht schrecklich?«
    »Eine Suppenküche? Ich weiß nicht. Sonst würden die Menschen wohl draußen im Dunkeln verhungern.«

32
    Morelius hielt bei Rot vor der Ampel. Das Große Theater war hübsch beleuchtet. Das galt für die ganze Stadt. Noch eine Woche bis Heiligabend, und die Lichter funkelten verheißungsvoll, wenn es draußen dunkel wurde.
    Ein Weihnachtsmann ging vorbei und verbeugte sich vor dem Polizeiauto.
    »Verbeugen sich Weihnachtsmänner?«, fragte Bartram. Morelius antwortete nicht. Die Ampel wurde grün. Die Avenyn war voller Menschen, die Pakete trugen. »Hast du schon Weihnachtsgeschenke gekauft?«, fragte Bartram.
    »Noch nicht.«
    »Bleibst du über Weihnachten in der Stadt?«
    »Wieso?«
    »Ich frag bloß.«
    Morelius bog in den Södra Vagen ein. In Heden waren die

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