Das verwundete Land - Covenant 04
gegen diese begrenzte Zahl konnten die Verteidiger sich ganz gut wehren. Allerdings dehnte der Abwehrkampf sich mit der Zeit aus wie eine langsame Folter. Bald waren Covenants Arme bleischwer; er mußte den Krill mit beiden Fäusten schwingen. Sunder ließ unaufhörlich gedämpfte Verwünschungen vernehmen, trieb sich unerbittlich dazu an, den Kampf fortzusetzen, noch lange nachdem er seine Körperkräfte im großen und ganzen erschöpft hatte. Hollian verhalf ihm dann und wann zu kurzen Verschnaufpausen, indem sie seinen Platz einnahm, seinen Dolch benutzte, denn ihr eigenes Messer war für das, was es zu verrichten galt, viel zu klein. Auch Hohl tat das Seine, um den Andrang der Wesen zu schwächen, obwohl er anscheinend keine Ahnung davon hatte. So hielt Covenant mit seiner Begleitung aus.
Der Nachmittag schleppte sich dahin. Covenant verwandelte sich in ein Etwas, das aus kaum mehr bestand als Reflexen. Ihm kam das Gefühl fürs Verstreichen der Zeit abhanden, er verlor den Überblick über die Attacke der Wesen, die Welle um Welle die Anhöhe bestürmten. Seine Gelenke schienen zu glühen. Immer wieder bewahrte Brinn ihn vor Angriffen, die er nicht mehr selber abwehren konnte, weil er inzwischen zu langsam reagierte.
Es fiel ihm kaum auf, als der Sonnenuntergang einsetzte und die Raserei der Geschöpfe zu verebben anfing. Sobald das Zwielicht der Abenddämmerung heraufzog, gingen den Bestien, so hatte es den Anschein, Zielklarheit und Gemeinsamkeit verloren. Erst einzeln, dann paarweise und zuletzt zu Dutzenden traten sie den Rückzug an, verstreuten sich zügig ins Gras der Ebene. Indem über der Savanne Düsternis anbrach, schwand der Einfluß des Sonnenübels. Wenig später waren sämtliche Kreaturen dabei, sich nach allen Seiten abzusetzen.
Covenant ließ den Krill sinken. In seiner Brust zitterte ihm das Herz wie in völliger Entkräftung. Er röchelte nach Luft. Der Krill fiel ihm aus der Hand und zwischen die Felsen. Ein Ruck schien unter Covenant den Hügel zu durchfahren. Auf Händen und Knien versuchte er zu Linden zu kriechen. Aber er erreichte sie nicht. Seine Benommenheit steigerte sich auf einmal zu einem heftigen Strudel, der ihn in die Dunkelheit der nahen Nacht hinauswirbelte.
Irgendwann nachdem der Mond am Nachthimmel seinen höchsten Stand überschritten hatte, weckte Lindens krampfhaftes Würgen Covenant, als sie in Konvulsionen verfiel. Mühselig raffte er sich hoch und tastete sich durch einen Schleier aus Müdigkeit, Hunger und Durst, versuchte zu erkennen, was sich abspielte.
Der Krill erhellte die Höhe der Felsen; er war so zwischen das Gestein gerammt worden, daß er den Gefährten Licht spendete. Sunder und Hollian kauerten bei Linden und beobachteten sie sorgenvoll. Ceer und Hergrom hatten sie gepackt, damit sie sich keinen Schaden zufügte, während ausgedehnte Schüttelkrämpfe wie von Besessenheit ihre Muskulatur heimsuchten. Auf den unteren Felsen waren die übrigen Haruchai zusammengedrängt, als rängen sie miteinander. Covenant widmete ihnen einen kurzen Blick und sah, wie Brinn, Stell und Harn sich abmühten, um Cail zu bändigen. Wie Linden war auch der verwundete Haruchai von wüsten Krämpfen befallen worden.
»Die Sonne der Seuchen hat ihre Wunden verpestet«, raunzte Sunder grimmig, als er Covenant erblickte. »Von einer solchen Krankheit genest niemand.«
O Gott. Eine Anwandlung von Panik begann in Covenant aufzuwallen, zerstob jedoch schlagartig, als er begriff, daß Linden würgte, an ihrer eigenen Zunge zu ersticken drohte. Er grabschte nach ihrem Gesicht und versuchte, ihr die Kiefer auseinanderzuzerren. Doch er vermochte ihre zusammengebissenen Zähne nicht zu öffnen. Ihr ganzer Körper war starr und verkrampft. »Sie schluckt ihre Zunge! Macht ihren Mund auf!«
Sofort packte Ceer Lindens beide Handgelenke mit seiner Linken und bemühte sich mit der Rechten, ihre Kiefer zu lösen. Für einige Sekunden schienen nicht einmal seine Kräfte zu genügen. Aber dann gelang es ihm, ihr die Zähne auseinanderzuzwingen. Sie erbebte unter fürchterlichem Schmerz. Indem er Lindens Mund mit der ganzen Breite seiner Hand aufsperrte, langte Ceer energisch in ihren Rachen und zog ihr die Zunge aus der Kehle. Linden schnappte nach Luft, als wolle sie zu schreien beginnen; doch die Zuckungen hielten die Laute in ihrem Brustkorb gefangen.
Cail schleuderte Brinn mit einem nachgerade tollwütigen Kraftakt von sich; Brinn vollführte in der Luft eine Drehung, landete
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