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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Betroffenheit. »Das ist es, was mich wirklich erschreckt«, antwortete er gepreßt. »Diese Menschen waren früher bezüglich der sinnlichen Wahrnehmung so wie Sie. Jetzt sind sie's nicht mehr.« Und ich auch nicht. »Ich scheue mich, bloß darüber nachzudenken, was das bedeutet. Sie haben die Gabe verloren ...« Sie haben die Einsichtsfähigkeit verloren, die sie früher gelehrt hat, das Land zu lieben und ihm zu dienen. O Foul, du Halunke, was hast du angerichtet? »Wenn sie nicht den Unterschied zwischen einem Wütrich und einem normalen Menschen erkennen können, werden sie auch nicht ersehen, daß sie Grund haben, uns zu vertrauen.«
    Linden preßte die Lippen aufeinander. »Sie wollen sagen, sie haben noch immer vor, uns umzubringen?«
    Ehe Covenant antworten konnte, schob jemand den Türvorhang beiseite; der Steinmeister betrat den Raum. Seine Augen blickten aus Sorgenfülle nahezu glasig drein, und seine Stirn zeigte ein Gerunzel der Unwilligkeit und des Kummers, als sei aufs äußerste gegen seine eigentliche innere Sanftmut verstoßen worden. Seinen Stab hatte er nicht dabei; die Hände baumelten an seinen Seiten. Aber er vermochte sie nicht stillzuhalten. Sie bewegten sich unausgesetzt in schwachem Rucken, nur halb ausgeführten Gesten, als suche er unbewußt nach irgend etwas, das ihm Halt gewähren konnte. Nach einem Moment der Verlegenheit kauerte er sich in der Nähe des Eingangs nieder. Er schaute seine Gefangenen nicht an; sein Blick ruhte zwischen den beiden auf dem Boden. »Sunder«, sagte Covenant leise. »Nassics Sohn.« Der Steinmeister nickte, ohne aufzublicken. Covenant wartete darauf, daß er sprechen werde. Doch der Steinmeister schwieg, als empfände er tiefe Scham. »Die Frau, die Marid angegriffen hat«, sagte Covenant nach einem Weilchen. »Sie war deine Mutter, oder?«
    »Kalina, Nassics Gemahlin, Allomas Tochter.« Sunder bewahrte mühsam äußere Gefaßtheit. »Meine Mutter.«
    Linden musterte Sunder eindringlich. »Wie geht's ihr?«
    »Sie ruht. Aber ihre Verwundung ist schwer. Wir kennen wenig Heilung für solche Wunden. Es mag dahin kommen, daß sie geopfert wird.«
    Covenant sah Linden an, daß sie erneut anzubieten gedachte, der Frau ärztlichen Beistand zu leisten. Aber er kam ihr zuvor. »Geopfert?«
    »Ihr Blut gehört dem Steinhausen.« Sunders Stimme schien unter der Bürde der Pein zu hinken. »Es darf nicht verschwendet werden. Allein mein Vater Nassic würde sich dagegen gesträubt haben. Deshalb ...« Seine Kehle schnürte sich ein. »... ist es wohl, daß er nicht wußte, ich bin der Steinmeister von Steinhausen Mithil. Denn ich bin es, der das Opfer darbringen muß.«
    Linden schrak zusammen. »Du würdest deine eigene Mutter opfern?« rief Covenant bestürzt.
    »Für das Überleben des Steinhausens!« krächzte Sunder. »Wir benötigen Blut!« Er unterdrückte seine Gefühlsaufwallung. »Auch ihr werdet geopfert. Das Steinhausen hat sein Urteil gefällt. Euer Blut wird fließen, sobald die Morgensonne aufgeht.«
    Covenant starrte den Steinmeister an. »Warum?« schnauzte er, indem er das Pochen in seinem Schädel mißachtete.
    »Ich bin gekommen, um euch zu antworten.« Sunders Tonfall und sein gesenkter Blick verhalfen Covenant zu einer gewissen Ermutigung. Dem Steinmeister war seine Verantwortung eindeutig zuwider; allerdings war er anscheinend nicht bereit, sich vor ihr zu drücken. »Es gibt viele Gründe. Ihr habt verlangt, freigelassen zu werden, um in ein anderes Steinhausen zu gehen.«
    »Ich suche Freunde«, entgegnete Covenant barsch. »Wenn ich hier keine finden kann, muß ich's woanders versuchen.«
    »Nein.« Die Stimme des Steinmeisters bezeugte Gewißheit. »In jedem anderen Steinhausen würde man so wie wir verfahren. Schon weil ihr aus Steinhausen Mithil kämt, würde man euch auf jeden Fall opfern. Und überdies hast du deine Freundschaft zum na-Mhoram bekannt, der uns unseres Blutes beraubt.«
    Covenant blinzelte zu Sunder hinüber. Diese Anschuldigungen waren Bestandteile eines Bildes, das er nicht in seiner Gesamtheit zu überschauen vermochte. »Ich kenne keinen na-Mhoram. Der Mhoram, den ich gekannt habe, ist seit mindestens dreitausend Jahren tot.«
    »Das ist unmöglich.« Sunder widersprach, ohne den Kopf zu heben. »Dein Alter kann schwerlich mehr als zweimal zwanzig Jahre betragen.« Er rang die Hände. »Doch all das ist neben der Predigt der Sonnengefolgschaft von geringer Bedeutung. Obschon wir die Gefolgsleute verabscheuen, stehen

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