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Das vierte Opfer - Roman

Das vierte Opfer - Roman

Titel: Das vierte Opfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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gesehen wurden... oder besser gesagt, überhaupt rote Mazdas.«
    »Davon gibt es ein paar hier im Ort«, sagte Bausen. »Vermutlich waren mindestens zwei davon am Freitag abend auch unterwegs ... abgesehen von ihrem eigenen, meine ich.«
    »Die Nadeln mit den roten und gelben Köpfen stehen für Autobeobachtungen«, erklärte Kropke, der sich damit demonstrativals Erfinder dieses Plans zu erkennen gab. »Die roten für den Zeitraum von 18.15 bis 18.45 Uhr, die gelben von 18.45 bis 19.15 Uhr.«
    Van Veeteren beugte sich noch tiefer über die Karte.
    »Die blauen und weißen sind Zeugen, die behaupten, sie hätten sie persönlich gesehen ... die blauen in der ersten halben Stunde, die weißen in der zweiten. Das hier zum Beispiel ist der Hauptkommissar.«
    Er zeigte auf eine Stecknadel unten am Strand.
    »Vielen Dank«, sagte Van Veeteren. »Wie viele sind es?«
    »Fünfundzwanzig rote und zwanzig gelbe«, sagte Kropke. »Das ist also das Auto ... und dann zwölf blaue und fünf weiße.«
    Münster drängte sich neben den Hauptkommissar und studierte das Stecknadelmuster. Keine dumme Idee, das mußte er zugeben ... man mußte es nur noch richtig interpretieren. Das sah ziemlich zerstreut aus; offenbar waren in allen Teilen der Stadt Beobachtungen gemacht worden, aber an den meisten Stellen tauchten nur einzelne, isolierte Nadeln auf.
    »Wir müssen also«, erklärte Kropke, »nicht soviel Rücksicht darauf nehmen, ob nun ein einzelner Zeuge verläßlich ist oder nicht. Die Anhäufung der Nadeln an einer bestimmten Stelle kann bereits einen ausreichenden Hinweis geben.«

    Er machte eine Pause, um die anderen die Nadeln zählen und das Geniale an der Methode würdigen zu lassen.
    »Ganz eindeutig«, murmelte Münster. »Die weißen auch ...«
    »Zweifellos«, sagte Van Veeteren. »Ganz zweifellos.«
    »Genau«, nahm Kropke den Faden wieder auf und sah zufrieden aus. »Wie ihr seht, gibt es nur drei Anhäufungen – auf dem Fischmarkt vor dem See Wharf, auf dem Hauptmarkt und bei der Räucherei. Vierundzwanzig Nadeln beim See Wharf, elf hier hinten, acht bei der Räucherei ... dreiundvierzig von zweiundsechzig. Der Rest ist ziemlich verstreut, wie ihr seht. Und nach dem Hauptkommissar scheint sie niemand mehr gesehen zu haben. Außer dem Mörder, natürlich. Es ist wohl anzunehmen, daß es am Strand ziemlich menschenleer war.«
    »Stimmt«, bestätigte Van Veeteren.
    »Hm«, sagte Bausen. »Ich glaube, es ist jedenfalls das beste, wenn wir nichts übereilen ... ein Drittel der Beobachtungen müßte dann ja faktisch gesehen falsch sein, wenn ich es richtig verstanden habe?«
    »Nun ja«, sagte Kropke, »ich denke, der Kommissar sieht wohl ein...«
    »Und das mit dem See Wharf und der Räucherei stand ja auch in der Zeitung.«
    »Das stimmt«, gab Kropke zu. »Aber das gleicht sich sozusagen aus. Der interessante Punkt ist natürlich der Hauptmarkt... hier gibt es elf Zeugen, die behaupten, Beate Moerk oder ihr Auto zwischen halb sieben und sieben gesehen zu haben. Zwei haben gesehen, wie sie aus ihrem Auto gestiegen ist ... das sind die weißen Nadeln da.«
    Er deutete darauf, und Bausen nickte ernst. Van Veeteren zerbrach einen Zahnstocher und piekste mit ihm auf den St.-Pieters-Friedhof.
    »In welche Richtung ging sie?« fragte er.
    Kropke wechselte einen Blick mit Bausen.
    »Hierher«, sagte er.

    Bausen nickte erneut.
    »Ja«, sagte er. »Es gibt Anzeichen dafür, daß sie hierher gefahren ist. Ins Revier.«
     
    »Jaha?« sagte Münster und hatte das Gefühl, als habe er die Pointe eines langen, verwickelten Witzes nicht mitbekommen. Van Veeteren sagte nichts. Er steckte seine Hände nur tief in die Taschen, während er sich langsam aufrichtete und einen leise zischenden Luftstrom zwischen den Zähnen ausstieß. Münster erinnerte sich an die Rückenprobleme des Hauptkommissars, die sich ab und zu meldeten.
    Man setzte sich wieder an den Tisch. Kropke sah weiterhin zufrieden aus, aber gleichzeitig etwas verwirrt, als wäre er nicht so recht in der Lage, das Ergebnis seiner eigenen Anstrengungen einzuschätzen. Wieder konnte Münster diese schmetterlingsleichten Vibrationen in den Schläfen spüren, die darauf hinwiesen, daß hier etwas ausgebrütet wurde, daß man sich an einem bestimmten kritischen Punkt befand. Daß der Durchbruch nahe war. Er schaute sich in dem unordentlichen Zimmer um. Bang saß ihm schwitzend gegenüber. Van Veeteren schien vor sich hin zu dösen. Bausen studierte immer noch die Karte

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