Das vierte Protokoll
kriegen?«
Alle hoben die Hand.
Jeden Freitag wird bei MI5 die sogenannte »Bittsitzung« abgehalten. Den Vorsitz führt der Chef von »K«, als Leiter der Gemeinschaftsabteilungen. Bei dieser Konferenz bringen die übrigen Dienststellenleiter ihre Ansuchen um Hilfen vor, die sie für notwendig erachten - Geld, technische Dienste und Überwachung ihrer Lieblingsverdächtigen. Am stärksten wird immer der Leiter von »A« bedrängt, dem die Observanten unterstehen. In dieser Woche war die Konferenz, was die Observanten betraf, im voraus ausverkauft. Die Bittsteller fanden am Freitag, dem 30. Januar, die Krippe leer. Zwei Tage zuvor hatte Harcourt-Smith auf Anweisung des Paragon-Ausschusses Preston die gewünschten Observanten zugewiesen.
Bei je sechs Leuten pro Team (vier bilden den »Rahmen«, zwei sitzen in geparkten Autos) und vier Teams in jeweils vierundzwanzig Stunden, die zwei Personen zu überwachen hatten, waren achtundvierzig Leute gebunden. Einige Dienststellen regten sich zwar darüber auf, aber niemand konnte etwas dagegen machen.
»Wir haben zwei Ziele«, erklärten die Einsatzleiter in der Cork Street den Teams, »dies ist das eine, das das andere.
Das eine ist verheiratet, aber die Ehefrau ist zur Zeit auf dem Land. Sie wohnen im West End, und er geht morgens meist zu Fuß ins Ministerium, ungefähr eineinhalb Meilen. Das andere ist Junggeselle und wohnt in der Nähe von Edenbridge in Kent. Pendelt täglich mit dem Vorortszug hin und her. Wir fangen morgen an.«
Der technische Dienst kümmerte sich um das Telefon und die Post, und Sir Richard Peters und Mr. George Berenson kamen unters Mikroskop.
Kurz ehe die Observanten anrückten, wurde in Fontenoy House ein Päckchen abgegeben. Als der Adressat von seiner Arbeit nach Hause kam, nahm er es vom Portier in Empfang. Es enthielt eine aus Zirkonen angefertigte Kopie der Glen-Diamanten und wurde am nächsten Tag bei der Coutts-Bank deponiert.
6. Kapitel
Freitag der 13. gilt als Unglückstag, doch für John Preston sollte er sich als das Gegenteil erweisen. Er brachte ihm den ersten Erfolg bei der Beschattung der beiden hohen Beamten.
Die Überwachung dauerte nun schon sechzehn Tage an und hatte keinerlei Resultat gezeitigt. Beide Männer waren Gewohnheitsmenschen, und keiner hatte die leiseste Ahnung, daß man ihn überwachte; das heißt, sie hielten keine Ausschau nach Beschattern, und die Aufgabe der Observanten war daher ein Kinderspiel. Aber langweilig.
Der Londoner verließ seine Wohnung in Belgravia jeden Morgen um dieselbe Zeit, ging zum Hyde Park Corner, die Constitution Hill hinunter und durch den St. James Park. Er überquerte die Horse Guards Parade und ging dann über die Whitehall Street direkt ins Ministerium. Sein Mittagessen nahm er manchmal im Ministerium, manchmal außerhalb ein. Den Abend verbrachte er meist zu Hause oder im Club.
Der Pendler, der allein in einem malerischen Cottage außerhalb von Edenbridge wohnte, nahm jeden Tag den gleichen Vorortszug nach London, schlenderte von der Charing Cross Station zum Ministerium und verschwand darin. Die Observanten hielten jede Nacht vor seinem Haus fröstelnd Wache, bis sie im Morgengrauen vom ersten Tagesteam abgelöst wurden. Keiner der beiden Männer tat etwas Verdächtiges. Die Post- und Telefonüberwachung brachte weiter nichts zutage als die üblichen Rechnungen, persönliche Briefe, banale Anrufe und eine maßvolle und respektable Geselligkeit. Bis zum 13. Februar.
Preston war als Einsatzleiter im Funkraum im Souterrain von Cork Street, als ein Anruf vom B-Team kam, das Sir Richard Peters auf den Fersen war.
»Joe ruft ein Taxi. Wir sind in unseren Wagen hinter ihm.«
Im Observantenjargon heißt das Ziel immer Joe, Chummy oder »unser Freund«. Nach Schichtende des B-Teams hatte Preston eine Besprechung mit dessen Leiter, Harry Burkinshaw. Harry war ein kleiner, rundlicher Mann mittleren Alters, ein Veteran auf seinem heißgeliebten Spezialgebiet, der Stunden unbeweglich irgendwo in einer Londoner Straße stehen konnte, um dann plötzlich mit bemerkenswerter Geschwindigkeit loszuspurten, wenn sein Ziel einen Ausreißversuch machte.
Er trug eine karierte Jacke und einen Lederhut, hatte einen Regenmantel über dem Arm und eine Kamera um den Hals gehängt, wie der typische amerikanische Tourist. Wie bei jedem Observanten waren Hut, Jacke und Regenmantel aus weichem, beidseitig tragbarem Material und konnten sechsfach kombiniert werden. Observanten lieben ihre
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