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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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verschiedenen Gründen an den Tagen, die auf den anonym zurückgeschickten Kopien als Entnahmedaten festgehalten sind, nicht anwesend. Sie haben die Dokumente zu anderen Zeiten aus dem Archiv geholt und müssen daher von unserer Liste gestrichen werden. Bleiben noch neun.
    Von diesen neun haben vier keinerlei Kopien für eventuelle Berater machen lassen, und es ist unmöglich, eigenmächtig für sich selbst Kopien ohne Eintrag anzufertigen.«
    »Dann waren's nur noch fünf«, murmelte Harcourt-Smith.
    »Stimmt. Also - es ist nur eine Hypothese, aber mehr kann ich im Moment nicht bieten. Drei von diesen fünf hatten zur in Frage kommenden Zeit weitere Dokumente auf dem Schreibtisch, die von ähnlicher Art waren wie die entwendeten Papiere, und überdies weit interessanter, aber diese Dokumente wurden nicht gestohlen. Von Rechts wegen hätten sie geklaut werden müssen. Hiermit komme ich zu den zwei letzten Männern. Nichts Konkretes, nur erstklassige Verdächtige.«
    Preston schob zwei Kladden über den Schreibtisch, die Harcourt-Smith neugierig durchsah.
    »Sir Richard Peters und Mr. George Berenson«, las er. »Sir Richard ist als stellvertretender Unterstaatssekretär verantwortlich für Internationale Gemeinschaftsprojekte, und Mr. Berenson ist stellvertretender Leiter des Beschaffungsamts. Beide haben natürlich ihre eigenen Mitarbeiter.«
    »Ja.«
    »Aber die führen Sie nicht als Verdächtige auf? Darf ich fragen, warum?«
    »Sie sind verdächtig«, sagte Preston. »Diese beiden Herren würden es wahrscheinlich ihren Untergebenen überlassen, die Kopien anzufertigen und später zu vernichten. Aber das erweitert den Kreis auf ein Dutzend Leute. Wenn man für die beiden Herren an der Spitze einen Sicherheitsbescheid ausstellen und mit ihrer Hilfe den schuldigen Mitarbeiter erwischen könnte, wäre das Ganze ein Kinderspiel. Ich möchte mit den beiden leitenden Herren anfangen.«
    »Was verlangen Sie?« fragte Harcourt-Smith.
    »Totale verdeckte Überwachung beider Männer über eine begrenzte Zeitspanne, einschließlich Postüberwachung und Abhören des Telefons«, sagte Preston.
    »Ich werde den Paragon-Ausschuß darum bitten«, sagte Harcourt-Smith. »Aber die beiden Männer sind Leute an der Spitze. Wäre besser für Sie, wenn Sie recht hätten.«
    Die zweite Paragon-Sitzung fand am Spätnachmittag desselben Tages in der COBRA statt. Harcourt-Smith vertrat Sir Bernard Hemmings. Jedem Anwesenden gab er eine Abschrift von Prestons Bericht. Die Männer lasen schweigend. Als alle fertig waren, fragte Sir Anthony Plumb: »Nun?«
    »Scheint logisch«, sagte Sir Hubert Villiers.
    »Ich finde, Mr. Preston hat in der kurzen Zeit gute Arbeit geleistet«, sagte Sir Nigel Irvine. Harcourt-Smith lächelte säuerlich.
    »Natürlich kann es keiner dieser beiden Herren sein«, sagte er. »Eine Bürokraft, die die Papiere hätte vernichten sollen, könnte leicht alle zehn Dokumente entwendet haben.«
    Brian Harcourt-Smith war das Produkt einer sehr unbedeutenden Privatschule und litt unter einer beträchtlichen und völlig unnötigen Verbitterung. Hinter der glatten Fassade steckte ein gewaltiges Haßpotential. Von Jugend an haßte er die scheinbare Mühelosigkeit, mit der die Männer um ihn herum mit dem Leben fertig wurden. Er haßte ihr unübersehbares dichtgeflochtenes Netz von Beziehungen und Freundschaften, das oft schon in der Schulzeit, an der Universität oder beim Militär geknüpft worden war und auf das sie jederzeit zurückgreifen konnten. Man nannte es das »Netz der alten Knaben« oder auch den »magischen Zirkel«, und am meisten haßte er, daß er nicht dazugehörte.
    Eines Tages, so hatte er sich schon tausendmal geschworen, wenn er den Posten des Generaldirektors und sein Adelsprädikat haben würde, könnte er als ihresgleichen unter ihnen sitzen, und sie würden ihm zuhören, wirklich zuhören.
    Sir Nigel Irvine, ein sensibler Mensch, erhaschte von seinem Platz am Tischende aus einen Ausdruck in Harcourt-Smiths Augen und war betroffen. Dieser Mann steckt voller Ressentiments, überlegte er. Sir Nigel war gleichaltrig mit Sir Bernard Hemmings, und sie hatten einen langen Weg gemeinsam zurückgelegt. Er sann über die Nachfolge im Herbst nach. Er sann über Harcourt-Smiths Ressentiments nach, über den versteckten Ehrgeiz und wohin beides führen mochte oder vielleicht schon geführt hatte.
    »Jetzt wissen wir also, was Mr. Preston haben möchte«, sagte Sir Anthony Plumb. »Totale Überwachung. Soll er sie

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