Das vierte Protokoll
lang dem Geheimdienst angehört hatte, wie Sir Nigel Irvine, so hatte ihn doch sein Dienst bei der Abwehr gelehrt, daß man nicht unbedingt mit einem stumpfen Gegenstand zuschlagen muß, um eine Katze zu töten. General Van Den Berg, der in Pension gegangen war, erzählte noch immer jedem, der es hören wollte, daß »die Hand des Herrn mit ihm war«. Die Briten hatten seinen Spitznamen schnöderweise auf General Pienaar übertragen.
Preston trug sich im Hotel ein, stellte sein Gepäck ab, wusch und rasierte sich und war um halb elf wieder bei Grey in der Halle. Gemeinsam fuhren sie zum Union Building.
Die meisten südafrikanischen Regierungsstellen haben ihren Sitz in den drei Stockwerken dieses mächtigen langgestreckten ockerbraunen Sandsteinblocks, dessen dreihundert Meter lange Fassade durch vier Säulenvorbauten gegliedert ist. Das Gebäude steht im Zentrum von Pretoria auf einem Hügel über der Kerk Street, und von der Esplanade vor dem Gebäude hat man einen weiten Blick über das Tal bis zu den braunen Hügeln des High Veld und der alles überragenden gewaltigen Masse des Voortrekker-Denkmals, Dennis Grey wies sich am Empfang aus und sagte, daß er und Preston erwartet würden. Nach wenigen Minuten erschien ein junger Mann und führte sie zum Büro General Pienaars. Die Amtsräume des NIS-Chefs liegen in der obersten Etage an der äußersten Westseite des Gebäudes. Grey und Preston folgten dem jungen Mann durch endlos lange Korridore, die im üblichen südafrikanischen Behördenstil in Braun und Creme ausgemalt und bis hoch oben mit dunklem Holz getäfelt sind. Das Büro des Generals befindet sich am Ende des letzten
Korridors, zwischen einem Vorzimmer zur Rechten mit zwei Sekretärinnen und einem Büro zur Linken, in dem zwei Offiziere arbeiten.
Der junge Mann klopfte an die hinterste Tür, wartete auf den gebellten Befehl zum Eintreten und ließ die britischen Besucher ein. Es war ein recht düsterer, unpersönlicher Raum: ein großer und offensichtlich abgeräumter Schreibtisch der Tür gegenüber, vier lederne Clubsessel um einen niedrigen Tisch nahe den Fenstern, die auf die Kerk Street hinunter und über das Tal hinweg auf die Hügel blickten; rundum an den Wänden vermutlich Generalstabskarten, abweisend hinter grünen Gardinen verborgen.
General Pienaar, ein großer schwerer Mann, stand auf, als sie eintraten, ging ihnen entgegen und wechselte einen Händedruck. Grey übernahm die Vorstellung, und der General dirigierte die Besucher zu den Clubsesseln. Kaffee wurde serviert, aber das Gespräch beschränkte sich auf den Austausch von Höflichkeiten. Grey erfaßte die Lage, verabschiedete sich und ging. General Pienaar starrte Preston eine Weile schweigend an.
»Und jetzt, Mr. Preston«, sagte er dann in fast akzentfreiem Englisch, »zu unserem Diplomaten Jan Marais. Ich sagte es bereits Sir Nigel, und jetzt sage ich es Ihnen: Er arbeitet weder für mich noch für meine Regierung, jedenfalls nicht als Agentenführer in England. Sie sind hierhergekommen, um herauszufinden, für wen er dann arbeitet?«
»Das ist meine Aufgabe, Herr General.«
General Pienaar nickte mehrmals.
»Ich habe Sir Nigel mein Wort gegeben, daß wir Ihnen in jeder Weise behilflich sein werden. Und mein Wort halte ich.«
»Vielen Dank, Herr General.«
»Ich werde Ihnen einen meiner persönlichen Adjutanten zur Verfügung stellen. Er wird sein möglichstes für Sie tun: Akten beibringen, die Sie eventuell einsehen wollen, wenn nötig, auch dolmetschen. Sprechen Sie Afrikaans?«
»Nein, Herr General, kein Wort.«
»Dann wird es einiges zu übersetzen geben. Vielleicht auch zu dolmetschen.«
Er drückte einen Summer auf dem Tisch; im Handumdrehen öffnete sich die Tür, und es erschien ein Mann, ebenso groß wie der General, aber viel jünger. Preston schätzte ihn auf Anfang Dreißig. Er hatte rötliches Haar und sandfarbene Brauen.
»Ich möchte Ihnen Captain Andries Viljoen vorstellen. Andy, das ist Mr. John Preston aus London, dem Sie behilflich sein werden.«
Preston stand auf und gab dem Captain die Hand. Er spürte eine kaum verhüllte Feindseligkeit von dem jungen Afrikaander ausgehen, vielleicht das Gegenstück zu den erfolgreicher maskierten Gefühlen seines Vorgesetzten.
»Ich habe einen Arbeitsraum für Sie reservieren lassen, er liegt auf dieser Etage«, sagte General Pienaar. »Und jetzt wollen wir keine Zeit mehr verlieren, Gentlemen. Machen Sie sich ans Werk.«
Als sie allein in dem ihnen
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