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Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Titel: Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shani Boianjiu
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Avishag zur Seite. Er lachte. Er wiederholte das Wort, bis es jegliche Bedeutung verloren hatte, bis seine Stimme nur noch ein Knurren war, eine fremde Sprache.

    Die Türen des Kombis stehen offen, und davor steht der Mann, der Masha in Frankreich den Reisepass abgenommen hat, und spricht mit drei bewaffneten Soldaten. Einer der Soldaten summt etwas vor sich hin, und für Masha klingt es wie eines der Lieder, das die Grundschüler am Ende des Schuljahres in dem kleinen Konzertraum ihrer Heimatstadt gesungen haben. Und schon bald gehört zu dem Lied keine menschliche Stimme mehr; ist es nur noch eine Melodie, dann ein Schlachtruf, ein schwacher, und das ist genug für Masha, und sie springt aus dem Auto und rennt in Richtung Süden, so weit die Füße sie tragen.
    Mit jedem Schritt auf dem Sandboden geht ein Stoß durch ihren Bauch und hallt bis in die Lungen nach. Mashas dünne Beine verhaken sich unter ihrem dreckigen Rock, und als sie sich wieder entwirren, hört sie, wie ihre Knochen krachen. Ihre Beine scheinen schneller zu rennen, als das Herz sie mit Leben versorgen kann, so schnell, dass der Wind zu einem sanften Schleier wird, den sie durchdringt.

    Jetzt ist vieles bekannt. Masha rennt im Süden auf den Zaun auf der ägyptischen Seite zu, und in dieser Richtung schlummern Landminen in der Erde. Es ist auch bekannt, dass Hamodys Onkel ihn ziemlich schnell frei bekommen hat, obwohl Samir im Gefängnis sitzt, und dass Hamody schon wieder auf dem Turm Wache hält, und dass die Gestalt, die im Dunkeln auf sein Tor zugerannt kommt, nah genug ist, dass er sie auch ohne Fernglas sieht. Er hat schon eine Patrone im Lauf und achtundzwanzig weitere im Magazin, und bei einer Entfernung wie dieser, das ist auch bekannt, kommt er gut ohne Vergrößerungsvisier aus.
    Und es ist bekannt, dass das rote Telefon nicht klingeln wird, weil es keinen interessiert, was für eine Gestalt da von israelischer Seite kommt. Es ist bekannt, dass Tom wie immer auf das stumme rote Telefon starrt. Und dass Gali »Nadav« rufen wird, dass das aber nichts bringt, und dass Avishag ihn nicht rufen wird, weil sie weiß, dass es sinnlos ist, und wir wissen, dass Nadav nicht machen wird, was sie will, weil wir wissen, dass Nadav nur mit Gott ein Problem hat.
    Hamody kneift das linke Auge zu und schaut mit vorgehaltener Waffe auf die Gestalt. Sie ist vierhundert Meter vor den Landminen, jetzt dreihundert. Sie rennt schnell. Hamody legt den Sicherungshebel um und holt tief Luft. Vom Kaffee zittern ihm leicht die Finger, aber er weiß, wie er seine Nerven beruhigen kann. Es wird keine Überraschungen geben.
    Und auch wenn man Mashas Haare im Wind so hin und her fliegen sieht, von oben beleuchtet wie von einem sanften Licht, kann man nichts anderes sagen als:
    Lauf, Mädchen, lauf.
    Schneller.

Das Gegenteil der Erinnerung
    Ich warte auf den Bus.
    Die Uniformbluse ziehe ich aus, nur das Unterhemd behalte ich an. Ich mache die Haare auf, lasse alle Haarklammern in den Sand und meine Locken bis auf die Schultern fallen, und dann verstecke ich die Augen dahinter. Wegen der Sonne – es ist so heiß, dass ich den Kopf nicht oben halten kann.
    Ich warte an der Schnellstraße. Die Sonne knallt Bumm Bumm Bumm auf meinen Kopf. Es gibt keine Bank, nur ein Haltestellenschild und den Asphalt. Keine Leute, die mit ihren Autos vorbeidonnern, keiner in Sicht außer mir.
    Ich durfte den Trainingsstützpunkt übers Wochenende verlassen, weil ich gesagt habe, meine Mutter sei sehr krank. Es war leicht, das hinzukriegen. Dana, Amit, Neta und Hagar hatten ihren Wehrdienst schon beendet, und als letzte Waffenausbilderin, die im Krieg dabei gewesen war, als Letzte, die dabei gewesen war, als alles wirklich verrückt wurde, und die länger geblieben ist, genoss ich einen Sonderstatus. Vielleicht hatten sie Angst, dass ich durchdrehen würde, wenn sie mich nicht machen ließen, was ich wollte. Ich sagte, ich müsste mein Gewehr auf dem Stützpunkt lassen, weil ich im Krankenhaus schlafen würde.
    In Wirklichkeit muss ich mit dem Bus zur Mall, wo Noam ihre Verlobung feiert. Sie ist die Erste aus unserer Klasse, die sich verlobt. Avishag rief an; sie war gerade erst im Gefängnis und flehte mich an, nach Hause zu kommen. Sie sagte, sogar Emuna würde dabei sein, sie hätte sie und alle anderen überredet, und was ich mir einbildete, wegzubleiben? Ja, für wen halte ich mich? In unserem wöchentlichen Telefonat letztes Wochenende sagte ich, »Emuna, ich will dich sehen.«

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