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Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Titel: Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shani Boianjiu
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lange darüber nach, denn die Demonstration hier bestand aus drei kooperativen Individuen, also kümmerte sie sich als Nächstes darum, den Abstand abzumessen.
    Sie befahl ihnen, weit zurückzugehen, und kam dann Schritte zählend auf sie zu, wie sie es in der Grundausbildung gelernt hatte. Ihrer Berechnung nach standen sie etwas weniger als fünfzig Meter vom Sonnenschirm entfernt. Sie gab ihnen ein Zeichen, ein paar Schritte in ihre Richtung zu machen, und lief dann zu Tomer zurück.
    Die zwei Männer standen genau an der Stelle, an der sie auf ihre Anweisung hin darauf warten sollten, angeschossen zu werden. Geduldig wie brave Kinder, die darauf warteten, dass sie zum Spielen in den Park gehen durften, standen sie da.
    In der Ausrüstung waren nur ein paar Halbpatronen, und so drückte sie zwei in Tomers Magazin. Die Patronen waren genau wie normale Patronen, nur ohne die Kupferspitzen.
    »Unterhalb der Knie«, sagte sie zu Tomer. »Leg dich hin und ziel unterhalb der Knie.«
    Es war der andere Mann, mit dem sie noch nie gesprochen hatte, der den Schuss abbekam. Wie ein Fußballspieler, der auf dem Spielfeld verletzt wird, lag er auf dem Boden und hielt sich das Bein. Aber noch vor Einbruch der Dunkelheit hinkte er davon. Sein Hinken sah noch schlimmer aus, weil er links von dem anderen Mann und rechts von dem Jungen gestützt wurde und der Junge kleiner war; er war klein.
    Scharfe Munition
    Das Einzige, was nicht zu den Wirkmitteln zur Auflösung von Demonstrationen gehört, ist das Schießen mit scharfer Munition, und Lea wusste, dass die kooperativen Demonstranten das wussten – sie kannten alle Vorschriften – und darum wusste sie, dass sie nicht wieder kommen würden. Am Abend brachte Tomer aus Faulheit die ganze Zeitung mit, und er war so grob, dass sie sich auf dem Beton Momente lang vorstellte, ihre Wirbelsäule wäre ein Seil, in das man erst einen Knoten gemacht hatte, und dann riss es.
    Aber sie kamen doch wieder. Die zwei Männer kamen und hatten sich mit Kleidungsfetzen Stücke von Schaumstoffmatratzen um die Beine gebunden. Sie sahen aus, als wären sie zur Hälfte Sumoringer. Und der Junge mit den runzligen Fingern kam einfach als Junge zurück.
    »Wir werden nicht mit scharfer Munition auf euch schießen«, sagte sie. Das war die letzte noch offene Option.
    »Bitte«, sagte der Mann. Er kam näher. Ohne Erlaubnis kam er näher, genau wie der Junge und der andere Mann. »Schießt einfach daneben, schießt einfach nur daneben.«
    »Ihr müsst die Absicht und die Mittel haben, uns umzubringen, damit wir schießen dürfen«, sagte sie. »IDF Handbuch 101.«
    »Bitte«, wiederholte der Mann. »Wir müssen es in die Zeitung schaffen. Selbst wenn es nur Seite fünf ist.«
    Aber sie sagte Mittel. Dann sagte sie Absicht. Dann sagte sie Mittel.
    »Mittel?«, fragte der Junge.
    »Eine Waffe«, sagte Tomer.
    »Oder ein Messer«, sagte sie.
    »Oder einen Stein«, sagte Tomer.
    Ihm war nicht klar, was er gesagt hatte, denn da bückte sich der Junge langsam und hob einen Stein auf. Es hätte genauso gut keiner da sein können, aber es war einer da, weil das der Stein war, mit dem Tomer geübt hatte, wie man eine Schockgranate zu werfen hatte.
    Sie legte die Waffe an die Schulter, entsicherte sie und richtete sie auf den Jungen. Tomer legte die Waffe an die Schulter, entsicherte sie und richtete sie auf den Jungen.
    Das war, bevor der Junge hörte, wie der Mann ihm auf Arabisch etwas zuflüsterte, und den Stein fallen ließ, als ob er beim Klauen erwischt worden wäre.
    Dann steckte der Junge die Finger in den Mund und sie ließen die Waffen sinken, und sie dachte, der Tag, der Sommer und der Ort wären fast vorbei, aber da ergriff Tomer hinter ihr das Wort.
    »Streng genommen könnten wir ihn dafür verhaften«, sagte Tomer. »Könnten wir, streng genommen«, sagte er noch einmal und zuckte mit den Schultern.
    »Was?«, sagte der Junge. Er fragte nicht sie. Er fragte den Mann. Wenn ein Kind festgenommen wurde, kam das immer mindestens auf Seite 5, das wussten sie. Er wäre in ein paar Tagen wieder draußen; wahrscheinlich wäre er in ein paar Tagen wieder draußen.
    Der Mann schüttelte den Kopf, aber dann sagte der Junge, dass sie doch nur diese eine Sache wollten, und dass sie das jetzt schaffen könnten, und dann sagte er zu dem Mann, dass er es sich überlegen sollte, und der Mann wusste, dass er sich schon hatte überreden lassen.
    »Hure«, sagte der Mann zu Lea, als Tomer den Jungen am Arm packte. Das

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